Story
Die Karriere von Riggan Thomson (Michael Keaton) ist quasi am Ende. Früher verkörperte er den ikonischen Superhelden Birdman, doch heute gehört er zu den ausgedienten Stars einer vergangenen Ära. In seiner Verzweiflung versucht er, ein Broadway-Stück auf die Beine zu stellen, um sich und allen anderen zu beweisen, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört. Als die Premiere näher rückt, fällt Riggans Hauptdarsteller unfallbedingt aus. Der Regisseur findet mit Mike Shiner (Edward Norton) schnellen Ersatz – der jedoch nicht nur ein genialer Schauspieler, sondern auch ein exzentrischer Choleriker ist und Riggans Tochter Sam (Emma Stone) anbaggert, die gerade einen Drogenentzug hinter sich gebracht hat. Zusätzlich unter Druck gesetzt wird der gebeutelte ehemalige "Birdman" von seiner Freundin Laura (Andrea Riseborough), die erzählt, von ihm schwanger zu sein. Ex-Frau Sylvia (Amy Ryan) schneit ebenfalls immer dann herein, wenn die Künstlernerven gerade ohnehin wieder besonders angespannt sind…
Kritik
And the Oscar goes to: „Birdman“! Ganze vier Mal ertönte der Name des ungewöhnlichsten Superheldens unserer Zeit am Abend der Oscar-Verleihung. Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit gewann neben dem Oscar für die beste Kamera und dem besten Drehbuch auch in den beiden Hauptkategorien Beste Regie und Bester Film. Für den mexikanischen Regisseur Alejandro González Iñárritu ist es der erste Oscar-Gewinn, den er mit seiner fünften Regiearbeit abräumt. Das dabei die Hauptkategorien an einen vermeintlichen Superhelden-Film gehen ist außergewöhnlich, bei näherer Betrachtung aber logisch, denn bis auf den Namen hat „Birdman“ nichts mit einer Comicverfilmung aus dem Hause Marvel oder DC zu tun. Vielmehr demontiert „Birdman“ das moderne Hollywood-Kino, ist Drama und Satire in einem und ein cineastischer Leckerbissen. Kurz: Ein würdiger Oscar-Gewinner.
Birdman
Kinostart: 29.01.2015
Länge: 119 Min.
FSK: 12
Genre: Komödie, Drama
Regie: Alejandro González Iñárritu
Land: USA
|
|
---|
Das die Wahl des Hauptdarstellers dabei auf Michael Keaton fiel ist so einfach wie genial. Dieser hatte in den Achtzigern seine große Zeit als er zweimal in Tim Burtons „Batman“-Filmen in das Fledermauskostüm schlüpfen durfte. Doch danach kam von Keaton nie wieder etwas derartig großes. Das gleiche Schicksal erteilt auch die Filmfigur Riggan Thompson, der nach seinen Auftritten als „Birdman“ in der Bedeutungslosigkeit verschwand. Keaton macht diese Verbindung zur logischen Besetzung des Hauptdarstellers und er feiert mit „Birdman“ ein grandioses Comeback. Die Rolle ist ihm wie auf den Leib geschneidert und er ragt sogar aus dem überragenden Schauspielensemble heraus. Lohn dafür war ein Golden Globe und eine Oscar-Nominierung. „Birdman“ ist grandioses Schauspielkino in Reinform und so wissen auch die anderen Schauspieler um Emma Stone, Naomi Watts und Zach Galifianakis vollends zu überzeugen. Neben Keaton hinterlässt aber vor allem Edward Norton als exzentrischer Superstar einen bleibenden Eindruck, da er in seiner Filmfigur voll aufgeht und eine ganz starke Performance auf die Leinwand zaubert.
Der Zauber Birdman’s, kommt aber vor allem von Iñárritu. Immer wieder lässt er die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen, nutzt dies zum einen um Riggans Gemütszustände aufzuzeigen und zum anderen um einige visuell großartige Szenen zu präsentieren. Eines der Highlights des Films stellt dabei ohne Frage Riggans Flug durch die Häuserschluchten New Yorks da. Und „Birdman“ sprudelt von solchen genialen Szenen voller Kreativität, alle meisterhaft verbunden vom zurecht Oscar-prämierten Kameramann Emmanuel Lubezki, der bereits im letzten Jahr den Oscar für „Gravity“ gewann. War es damals noch die fantastische Plansequenz zu Beginn des Films, sieht „Birdman“ aus, als wäre er in einem Take gedreht worden. Die Übergänge sind dabei exzellent gewählt, auch zwischen den Szenen die sich Backstage abspielen zu den Auftrittsszenen auf der Theaterbühne, und bis auf wenige Schnitte am Anfang und am Ende mutet „Birdman“ als eine einzige lange Plansequenz an. Neben diesem fantastischen Stilmittel, weiß der sehr ungewöhnliche Soundtrack zu überzeugen, besteht dieser doch zu großen Teilen nur aus einem Schlagzeug-Solo. So gewöhnungsbedürftig das am Anfang auch klingt, nach kurzer Zeit fügt sich der Jazz-Soundtrack perfekt ins Geschehen ein. Zumal Iñárritu auch das als Steilvorlage nimmt um dem filmischen Exzess zu frönen und den Schlagzeuger selbst aus heiterem Himmel im Film auftauchen lässt, was so skurril wie genial ist. Daneben spart Iñárritu nicht mit offener und unterschwelliger Kritik. Egal ob Hollywood, Blockbuster-Schauspieler, Zuschauer, soziale Medien oder Kritiker. Iñárritu holt zum Rundumschlag aus der zur Story passt und sich wunderbar in den Film einfügt.
„Birdman“ schrammt dabei nur knapp am Meisterwerk und der Höchstwertung vorbei, denn das Ende fällt im Vergleich zum restlichen Film leider etwas ab. Die Ursprungsversion des Endes sollte Johnny Depp zeigen, wie er im Jack Sparrow Kostüm Backstage vor dem „Fluch der Karibik 5“-Poster sitzt und dabei Sparrows betrunkene Stimme aus dem Off ertönt: „Wie sind wir hier nur gelandet?“. Mit diesem perfekten Ende hätte sich „Birdman“ in den filmischen Olymp erhoben, doch leider scheiterte die Idee schon frühzeitig an den Rechten die Disney nicht rausrücken wollte. Das Ende das es letztendlich in den Film schaffte, lässt zwar viel Raum für Spekulationen, empfinde ich aber als nicht besonders gelungen.
Fazit
„Birdman“ ist ein vielschichtiger, cineastischer Triumph, der von seiner grandiosen Inszenierung und Schauspielern lebt. Ein Genremix der Theater und Kino verschmelzen lässt und dabei eine außergewöhnliche Intensität ausstrahlt. Mit Abstrichen beim Ende ist „Birdman“ ein kleines Meisterwerk und der verdiente Oscar-Gewinner.
Wertung: 9/10
Poster&Trailer: © 20th Century Fox
Story: Quelle: Filmstarts.de
Kommentar schreiben