Kinostart: 24.04.2019 | Laufzeit: 181 Minuten | FSK: 12 | Land: USA | Genre: Superhelden, Science-Fiction | Originaltitel: Avengers: Endgame
Kritik
Schluss, Aus, Vorbei. Nach 11 Jahren und 22 Filmen läuft zum vorerst letzten Mal der Abspann im MCU. Natürlich geht die Geschichte am 4. Juli mit dem Solofilm "Spider-Man: Far From Home" weiter, der laut Kevin Feige dann endgültig die dritte Phase des MCU abschließen soll, trotzdem fühlt sich "Avengers: Endgame" wie das Ende einer langen Reise an. Entsprechend gibt es am Ende der 181 Minuten auch keine Abspannszene und das obwohl das ganze Kinopublikum in meiner Vorführung geduldig darauf gewartet hatte. Stattdessen werden im Abspann die Ur-"Avengers" noch einmal besonders geehrt. Iron Man, Captain America, Thor, Hulk, Black Widow und Hawkeye werden noch einmal gewürdigt, ehe sie das Zepter an eine neue Generation von Superhelden weiterreichen. Für viele von ihnen war "Avengers: Endgame" der letzte Auftritt, jedoch nicht von allen, so viel kann ich schonmal verraten, auch wenn die Kritik spoilerfrei bleiben wird. Doch ehe es dazu kommt, erwartet das Kinopublikum ein wilder Ritt. Der bisher längste Film der Reihe macht seinem Namen alle Ehre und ist ein Monster von einem Film. Er bringt die ersten drei Phasen, die offiziell inzwischen "The Infinity Saga" heißen, zu einem zufriedenstellenden Ende, hat allerdings auch mit einigen Problemen zu kämpfen. Die sorgen dafür, dass "Avengers: Endgame" sich letztlich überraschend klar hinter seinem Vorgänger einsortieren muss.
Vor ziemlich genau einem Jahr war es nämlich "Avengers: Infinity War" der seine Fans geschockt aus dem Kinosaal entließ. So gewohnt witzig und actionreich der Film auch war, so ungewohnt fühlte er sich doch an, da für die beliebten Helden endlich einmal etwas auf dem Spiel stand. Mit Thanos als herausragendem Bösewicht gelang den Russo-Brüdern ein großartiger Blockbuster, der in seinen letzten Minuten zum Meisterwerk wurde. Thanos' Fingerschnippen ist dank der stillen Inszenierung und dem gnadenlosen Schock die beste Szene aus 11 Jahren MCU und eine der stärksten Szenen die das Blockbuster-Kino in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Folglich gab es für "Avengers: Infinity War" von mir die volle Punktzahl, als einzige Comicverfilmung nach "The Dark Knight". "Avengers: Endgame" setzt nun nur wenige Tage nach diesem Moment ein und sorgt gleich in den ersten Minuten für eine faustdicke Überraschung. Was für eine Überraschung das ist, sollte jedoch jeder selbst erleben. Tatsächlich ist es fast unmöglich etwas über die Story von "Avengers: Endgame" zu schreiben ohne zu spoilern. Die Trailer haben nichts von der Handlung verraten und nach ca. 20 Minuten sitzt man ohnehin völlig ratlos im Kinosessel, da sich die Geschichte zu diesem Zeitpunkt in jede erdenkliche Richtung hätte entwickeln können. In Zeiten in denen Trailer vieles von den Filmen vorwegnehmen, eine coole Erfahrung. Das veranlasst mich dazu zum ersten Mal in einer meiner Kritiken einen Spoiler-Absatz zu schreiben.
Für alle die den Film noch nicht gesehen haben: Er ist erstaunlich actionarm. Abgesehen von einer letzten großen Schlacht ist insbesondere die erste Hälfte ungewohnt ruhig für einen MCU-Film. "Avengers: Endgame" wird jedoch nie langweilig und kommt trotz der langen Laufzeit ohne Längen aus. Der Film hat jedoch durchaus mit einigen Problemen zu kämpfen und verläuft nicht so reibungslos wie "Avengers: Infinity War". Die Russo-Brüder haben sich dieses mal merklich schwerer getan, was aufgrund der etlichen Ereignisse und zahllosen Charaktere im Film auch eine immense Aufgabe war. Trotz allem kommen Fans des MCU wieder auf ihre Kosten. Der Humor ist zwar wie die Action etwas reduziert worden (dieses mal hat eindeutig Thor die Lacher auf seiner Seite), dafür gibt es etliche berührende zwischenmenschliche Momente zu sehen. Die Abschiede einiger Helden verfehlen ihre Wirkung nicht und "Avengers: Endgame" ist insgesamt ein überaus gelungenes Finale geworden.
Für alle die den Film bereits gesehen haben, gibt es hier den Spoiler-Absatz:
+++ Spoiler Anfang +++
"Avengers: Endgame" lässt sich im Großen und Ganzen in drei Akte aufteilen: Der erste Akt ist dabei erstaunlich düster, Humor und Action kommen nur selten zum Einsatz. Der erste Akt geht vom Verschwinden von Hawkeyes Familie bis zum fünfjährigen Zeitsprung nach Thanos' Tod. Mir hat der erste Akt überaus gut gefallen. Er zeigt die Auswirkungen des "Infinity War"-Finales und hat mit der Zerstörung der Steine und Thanos' Tod mehrere faustdicke Überraschungen parat. Zum diesem Zeitpunkt wusste niemand im Saal wohin sich die Story entwickeln würde. Im zweiten Akt kommt jedoch Schwung in die Sache, wenn Zeitreisen Einzug ins MCU erhalten. Allerdings verändert "Endgame" die Regeln des Zeitreisefilms, beziehungsweise könnte man auch sagen er biegt sich die Regeln zurecht. Wie dem auch sei hat mir zweite Akt wohl am besten gefallen. Er schlägt die Brücke zu früheren MCU-Filmen wie "The Avengers" oder "Guardians of the Galaxy", sorgt für einige interessante Momente wie das Treffen von Tony Stark und seinem Vater Howard, lässt unter anderem Captain America gegen sich selbst kämpfen, bringt Thanos glaubwürdig wieder zurück und sorgt insbesondere mit seinem "Big Lebowski"-Thor für schallendes Gelächter. Das ist das MCU wie wir es kennen und lieben. Ein großartiger Einfall wie ich finde, der nicht nur unterhält sondern am Ende auch für ein paar Emotionen mit Black Widows passendem Tod sorgt. Es ist jedoch ausgerechnet der letzte Akt mit dem ich meine größten Probleme habe und das obwohl der letzte Akt mit Iron Mans Tod die stärkste Szene des Film besitzt. Tony Starks Tod ("Ich bin Iron Man") kann man durchaus als perfekt bezeichnen. Er opfert sich ganz am Ende und weder sein Tod auf dem Schlachtfeld, noch die anschließende Beerdigung verfehlen ihre Wirkung. Mit der Beerdigung hätte der Film allerdings enden müssen. Sicher ist Captain Americas Abschied nicht weniger wichtig, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass er sein Schild Bucky Barnes übergibt, vor der Beerdigung wären diese Szenen aber besser aufgehoben gewesen. So ziehen diese Szenen das Ende in die Länge und verwässern die emotionale Wirkung von Starks Tod. Die finale Schlacht zuvor hat sicher auch seine Momente, wenn sich alle Charaktere aus allen Filmen versammeln oder Captain America mit Thors Hammer kämpft, ist insgesamt jedoch recht unübersichtlich und lediglich Beiwerk für den Kampf gegen Thanos. Da wäre definitiv mehr drin gewesen. So entlässt "Avengers: Endgame" sein Publikum nicht so begeistert aus dem Saal wie noch vor einem Jahr bei "Infinity War". Gespannt bin ich allerdings ob wir Hawkeye und Hulk noch einmal wiedersehen, während Thor sich nun den "Guardians of the Galaxy" angeschlossen hat und aller Wahrscheinlichkeit nach im dritten Teil mit von der Partie sein wird. Ob Valkyrie jetzt zum neuen Thor wird? Fragen auf die wir in Phase 4 sicherlich eine Antwort erhalten werden.
+++ Spoiler Ende +++
Fazit
"Avengers: Endgame" wirft von Anfang bis Ende alles in die Waagschale. Alle 22 Filme kommen endgültig zusammen und sorgen für ein gigantisches Finale, das allerdings nicht ohne Schwächen bleibt. So sind insbesondere die zahlreichen Logiklücken eine kleine Enttäuschung in einem dennoch gelungenen Film. "Avengers: Endgame" unterscheidet sich dabei sehr von seinem Vorgänger und fühlt sich erstaunlich anders an als "Infinity War". Letztlich bleibt der Film jedoch hinter seinem Vorgänger zurück, der vergangenes Jahr von mir als zweite Comicverfilmung überhaupt die volle Punktzahl bekam. Trotz allem werden Fans des MCU auf ihre Kosten kommen und wer bis hierhin noch kein Fan ist oder nicht alle Filme gesehen hat, der bleibt bei vielen Szenen ohnehin außen vor. "Avengers: Endgame" ist ein zufriedenstellendes Finale der "Infinity Saga" und macht darüber hinaus Lust auf die 2020 startende vierte Phase des MCU.
9/10
Poster&Trailer: © Walt Disney