Der Leuchtturm

Kinostart: 28.11.2019 | Laufzeit: 109 Minuten | FSK: 16 Land: CAN, USA | Genre: Drama, Horror | Originaltitel: The Lighthouse


Kritik

Geskriptete Fürze die Willem Dafoe im Drehbuch stehen hatte, eine Masturbationsszene von Robert Pattinson am ersten Drehtag, die in ihrer Intensität und Wahnsinn sogar Regisseur Robert Eggers verstörte und einige miserable Drehtage im nass-kalten Wetter inmitten der stürmischen See. Vieles war im Vorfeld zu „Der Leuchtturm“ zu lesen und mit jeder Nachricht schien das neue Filmprojekt von Robert Eggers noch wahnsinniger zu werden. Dieser hatte im Jahr 2016 den ersten großen Hit für das produzierende Studio A24 geschaffen und mit „The Witch“ einen der unkonventionellsten Horrorfilme der letzten Jahre abgeliefert. So ganz wollte der Funke damals aber noch nicht auf mich überspringen. Das ändert sich jedoch mit „Der Leuchtturm“. Angeführt von zwei alles überragenden Darstellern, Robert Pattinson und Willem Dafoe, sowie düsteren Schwarz-Weiß-Bildern im fast quadratischen Bildformat, liefert der Regisseur mit seinem zweiten Film ein kleines Meisterwerk ab. Die verstörende Geschichte zweier einsamer Leuchtturmwärter die langsam dem Wahnsinn verfallen ist ungemein intensiv und hat mich so umgehauen wie nur ein Film in diesem Jahr vor ihm.

 

„Der Leuchtturm“ spielt im Jahr 1890 und erzählt die Geschichte des erfahrenen Leuchtturmwärters Thomas Wake (Willem Dafoe) der bereits seit vielen Jahren abgeschottet von der Außenwelt auf der abgelegenen Insel lebt. Ihm wird ein neuer Assistent zur Seite gestellt, der schweigsame Ephraim Winslow (Robert Pattinson) der für einige Wochen dem erfahrenen Wärter unter die Arme greifen soll. Beide sind sich jedoch nicht wirklich freundlich gesinnt und so kommt es nach Wochen der Einsamkeit und Alkohols zu immer mehr Konflikten. „Der Leuchtturm“ ist einer dieser Filme die nun wirklich keinen überragenden Plot besitzen. Die Geschichte der beiden Leuchtturmwärter verläuft doch relativ vorhersehbar ab, doch das ändert rein gar nichts an der Wirkung des Films. Denn den beiden Männern dabei zuzusehen wie sie um die Macht kämpfen und sich gegenseitig versuchen auszuspielen ist überraschend spannend. Immer wieder gelingt es Regisseur Robert Eggers, der gemeinsam mit seinem Bruder Max Eggers auch das Drehbuch verfasst hat, für einige Überraschungen zu sorgen. Denn wirklich sicher kann sich der Zuschauer nie wirklich sein was gerade Realität und was Fiktion ist. Dank mehrerer Traumsequenzen wird dabei schon früh ein Wahnsinn entfesselt wie ich ihn nur selten zuvor gesehen habe. Das alles ist letzten Endes aber nur die Vorhut für die letzte halbe Stunde des Films. Im Finale erreicht der Film eine unglaubliche Intensität und dabei auch eine immense Spannung. Spätestens in den letzten Minuten wird kaum einem Zuschauer nicht die Kinnlade runterklappen, denn im beinahe surrealen Finale und mit dem schockierenden Schlussbild übertrifft sich „Der Leuchtturm“ noch einmal selbst. In 109 Minuten mutiert der Film dabei zu einem unvergesslichen Erlebnis, das zu den ganz großen Highlights der letzten Jahre gehört.

Ein wichtiger Baustein für diese intensive Erfahrung ist definitiv die technische Umsetzung des Films. Robert Eggers entschied sich dazu, den Film mit über 100 Jahre alten Linsen zu drehen und kreiert damit einen Look der locker auch aus der Stummfilm-Ära stammen könnte. Doch diese Entscheidung ist weit mehr als nur eine technische Spielerei. Eggers nutzt die düsteren Schwarz-Weiß-Bilder und das extrem beengte, fast quadratische Bildformat von 1.19 : 1, um damit eine beklemmende und  klaustrophobische Atmosphäre zu erzeugen. Die farblosen Bilder ziehen den Zuschauer unweigerlich in ihren Bann und Eggers glänzt mit unzähligen Einstellungen die sich lange ins Gedächtnis des Zuschauers brennen. Auch der Soundtrack unterstützt diese Atmosphäre. Vom bedrohlichen Horn des Leuchtturmes, bis hin zu den furchteinflößenden Klängen später im Film. „Der Leuchtturm“ erinnert in vielen Momenten an einen Horrorfilm und das herausragende Sounddesign gilt es definitiv hervorzuheben.

Das endgültige Sahnehäubchen des Films sind dann aber die beiden Hauptdarsteller, ohne deren grandiose Performances der Film auch gar nicht funktionieren würde. Wenn noch einmal jemand Robert Pattinson wegen seiner Rolle als Vampir Edward in der „Twilight“-Saga schlecht redet, der sollte gezwungen werden sich dieses Werk anzusehen. „Der Leuchtturm“ markiert den endgültigen Durchbruch Pattinsons in die A-Riege Hollywoods, der mit seiner intensiven Darbietung und den völlig wahnsinnigen Blicken sich eine Oscar-Nominierung redlich verdient hat. Die Konkurrenz in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ ist jedoch gigantisch. Und dann gibt es da ja noch seinen Counterpart Willem Dafoe, der mich noch ein Stück mehr überzeugen konnte als Pattinson. Die Rolle des Leuchtturmwärters scheint ihm wie auf den Leib geschneidert zu sein und Dafoe liefert eine seiner besten Performances seiner ohnehin großartigen Karriere ab. Seine brillante Darbietung macht ihn zu meinem Wunschsieger als „Bester Nebendarsteller“.

 

Fazit

Robert Pattinson steigt endgültig in die A-Riege Hollywoods auf und Willem Dafoe muss hierfür einfach den Oscar als bester Nebendarsteller gewinnen. Doch „Der Leuchtturm“ glänzt mit weit mehr als nur seinen beiden überragenden Darstellern, die den völligen Wahnsinn entfesseln. Nach seinem sehenswerten Debütfilm „The Witch“, gelingt Robert Eggers gleich im zweiten Anlauf ein kleines Meisterwerk! Das beengte Bildformat und die düsteren Schwarz-Weiß-Bilder sind mehr als nur eine Spielerei, sondern sorgen für eine klaustrophobische Atmosphäre die einen von Beginn an in ihren Bann zieht und bis zum schockierenden Schlussbild auch nicht mehr loslässt. „Der Leuchtturm“ ist ein unvergessliches Werk und neben „Parasite“ der beste Film des Jahres!

 

 

9/10


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Poster&Trailer: © Universal Pictures