Once Upon a Time in Hollywood

Kinostart: 15.08.2019 | Laufzeit: 161 Minuten | FSK: 16 Land: USA | Genre: Komödie, Drama | Originaltitel: Once Upon a Time in Hollywood


Kritik

In einer Zeit in der fast ausschließlich Sequels, Reboots und Remakes die Kinosäle besetzen und kaum ein Film nicht irgendeinem Comic oder Franchise entsprungen ist, kann man sich nur noch auf wenige verlassen, die ihre originellen Ideen in die Kinos bringen. Einer davon: Quentin Tarantino. Seit nunmehr 27 Jahren sorgt der Kultregisseur nun schon für Furore in Hollywood und hat in seiner Zeit gleich mehrere Meisterwerke veröffentlicht, allen voran "Pulp Fiction" und "Kill Bill Vol. 1" (beide 10/10). Für seinen neunten und zugleich vorletzten Film, Tarantino ist weiterhin fest entschlossen nach 10 Filmen in den Regie-Ruhestand zu gehen, kehrt er dem Western-Genre demnach den Rücken und verfasst stattdessen eine Ode an das Hollywood von 1969. Für den damals sechs Jahre alten Regisseur ist es eine Rückkehr in seine Kindheit und entsprechend schwelgt Tarantino in "Once Upon a Time in Hollywood" ausgiebig in Erinnerungen an das alte Hollywood, vergisst dabei aber eine packende Geschichte zu erzählen. Zwischen der starken Inszenierung, den großartigen Schauspielern und einer unbeschwert-sommerlichen Hollywood-Atmosphäre, entpuppt sich ausgerechnet das Drehbuch als größte Schwäche des neuen Tarantino-Films.

 

Quentin Tarantino selbst beschreibt seinen neunten Film als Höhepunkt seiner Regie-Karriere, der zehnte Film würde demnach eher einem Epilog in seiner Filmographie gleichkommen. Tatsächlich fühlt sich "Once Upon a Time in Hollywood" aber bereits sehr wie ein Epilog an, in dem der gefeierte Regisseur auf eine Zeit in Hollywood zurückblickt die ihn und seine Filme sehr geprägt haben: Das Kino und das Fernsehen der Sechziger- und Siebziger-Jahre. "Once Upon a Time in Hollywood" ist voll von Filmszenen alter Hollywood-Klassiker, dazu fallen unzählige Namen berühmter Stars aus der damaligen Zeit, wie Bruce Lee, Roman Polanski und Steve McQueen. Je mehr Filme und je mehr Namen man aus dieser Zeit kennt, desto mehr Spaß hat man wahrscheinlich mit "Once Upon a Time in Hollywood". Ansonsten könnte es jedoch schwierig werden. So toll der Film auch von "The Hateful 8"-Kameramann Robert Richardson gefilmt wird und wie detailgetreu das Hollywood von 1969 auch zum Leben erweckt wird, Tarantinos melancholischer Blick zurück fällt viel zu langatmig aus. Zusammenfassend passiert in den ersten ca. 90 Minuten nämlich fast nichts. Das soll nicht heißen, dass es keine starken Szenen in diesen Minuten gäbe. Gerade DiCaprios Wutausbruch im Wohnwagen und die umstrittene Bruce Lee-Szene, wegen der sich der Regisseur gerade einen öffentlichen Streit mit der Enkelin des verstorbenen Martial-Arts-Stars liefert, sind große Highlights des Films. Nur ist das für geschlagene 90 Minuten zu wenig. Tarantinos Drehbuch fehlt ein klarer Fokus wohin sich Story entwickeln soll, stattdessen schwimmt der Film mehr oder weniger orientierungslos umher. Da helfen auch nicht die inszenatorischen Stärken oder der großartige Cast, wenn mehr als die erste Hälfte des Films so verdammt zäh daherkommt.

Das große Problem von "Once Upon a Time in Hollywood" ist schlichtweg das Drehbuch. Dabei ist Tarantino zweifacher Oscarpreisträger in der Drehbuchkategorie und das Schreiben ist normalerweise seine größte Stärke. Wer erinnert sich nicht an die grandios verschachtelten Plots oder an die messerscharfen Dialogen in seinen Filmen? Diese beiden Markenzeichen von Tarantino kommen in seinem neunten Film kaum vor. Nicht nur mangelt es dem Film an einer packenden Geschichte hinter der hübschen Hollywood-Fassade, auch die ausgiebigen Dialoge sind lange nicht auf dem gewohnten Niveau von Quentin Tarantino. Schon in meiner Kritik zum Vorgänger "The Hateful 8" habe ich die Dialoge bemängelt, da sie ebenfalls nicht an die großartigen und kultigen Dialogzeilen aus den früheren Werken des Regisseurs heranreichen. Hier blitzen seine exzellenten, ultracoolen und oft verdammt witzigen Dialoge nur ganz selten durch. Wenn doch, dann wird die Szene direkt zum packenden Highlight, der auch dem Kinosaal wieder Leben einhaucht. Dennoch ist das kein Vergleich zum grandiosen "Django Unchained" aus dem Jahr 2013, der 165 Minuten lang für beste Unterhaltung sorgte. Aber es sind nicht nur die Dialoge die diesen Eindruck erwecken, denn dem Film fehlt es generell am nötigen Schwung. Anstatt dass der gewohnt lässige Soundtrack durch die Lautsprecher tönt, gibt es einen ungewohnt ruhigen, fast schon melancholischen Einstieg in die Geschichte. Und dabei bleibt es. Der Soundtrack bleibt erstaunlich im Hintergrund und verstärkt somit den zähen Eindruck den die ersten 90 Minuten hinterlassen. 

Nach der ungewohnten Kritik an einem meiner absoluten Lieblingsregisseure muss ich natürlich auch noch über die letzte Stunde des Film sprechen. Tatsächlich wird es dann auch das erste mal richtig spannend, als Brad Pitt auf die Manson Family trifft. Dort wird der Fokus zumindest ansatzweise mal auf die finale Auseinandersetzung des Films gelegt. Immerhin verfilmt Tarantino hier die wahre Geschichte um Charles Manson und seinen bestialischen Mord am hochschwangeren Hollywood-Sternchen Sharon Tate. Dass sich die Geschichte nur wenig um Manson und Tate drehen würde konnte man bereits vorher lesen, dass Charles Manson dann aber nur einmal im ganzen Film vorkommt, ist dennoch überraschend. Stattdessen steht die Geschichte um den strauchelnden Western-Star Rick Dalton und seinem Stuntdouble Cliff Booth im Vordergrund. Wer hier aber eine kohärente Dramaturgie erwartet, wird enttäuscht werden. Vielmehr zeigt der Film einfach drei Tage aus dem Leben der beiden fiktiven Hollywood-Stars. Ähnlich wie in "Inglourious Basterds" vermischt Tarantino dadurch fiktive mit realen Charakteren und dreht sich daraus seine ganz eigene Realität. Am Ende ist definitiv klar wofür das märchenhafte "Once Upon a Time..." im Titel steht. Apropos Ende. Die letzten fünfzehn Minuten des Films sind schlichtweg herausragend. So ruhig der Film am Anfang auch war, in den letzten Minuten brennt der Meister dann doch noch sein gewohnt brutales Spektakel ab. Der blutige, spektakuläre und extrem witzige finale Showdown ist zweifelsfrei das große Highlight des Films und zeigt, dass es Tarantino weiterhin drauf hat. Warum "Once Upon a Time in Hollywood" zuvor so schwerfällig sein muss, wird wohl nur der Regisseur selbst wissen.

Trotz aller Kritik zum neuen Film von Quentin Tarantino bleibt am Ende trotzdem noch ein guter und definitiv sehenswerter Film übrig. Dafür gibt es genügend Highlights, eine starke Inszenierung und wie bereits erwähnt ein grandioses Ensemble. Allen voran Oscarpreisträger Leonardo DiCaprio (Dass ich das mal noch schreiben darf!) hinterlässt einen bleibenden Eindruck als weinerlicher Western-Star der allmählich Out ist. Dreieinhalb Jahre lang mussten Fans des Schauspielers nach "The Revenant" auf seinen nächsten Filmauftritt warten, doch DiCaprio zeigt wieso er der aktuell beste Schauspieler in Hollywood ist, insbesondere in besagter Wohnwagen-Szene. Brad Pitt weiß ebenfalls zu überzeugen, hat in seiner Rolle als ultracooler Stuntman jedoch weniger zu tun als DiCaprio. Trotzdem spielt Pitt groß auf und hat gerade im Finale des Films noch einige fantastische Momente auf Lager. Margot Robbie bekommt als Sharon Tate nur wenig Leinwandzeit, immerhin ist ihre Performance sehr originalgetreu. Neben den beiden treten unzählige bekannte Gesichter in teilweise kleinsten Nebenrollen auf, deren Aufzählung jeglichen Rahmen sprengen würde. Tarantino-Fans dürfen sich jedenfalls auf die Auftritte einiger alter Bekannter freuen, von denen lediglich Stammgast Samuel L. Jackson fehlt. Vor allem das Aufeinandertreffen von Kurt Russell und Zoë Bell ist gelungen, die bereits in "Death Proof" gemeinsam vor der Kamera standen. Im Abspann sollte man übrigens sitzen bleiben, denn es folgt eine lustige Zigarettenwerbung von Leonardo DiCaprio zur fiktiven Zigarettenmarke "Red Apple", die Tarantino bereits in viele seiner Filme eingebaut hat.

 

Fazit

"Once Upon a Time in Hollywood" bietet augenscheinlich alles was einen guten Tarantino-Film ausmacht, trotzdem enttäuscht der neunte Film meine gewohnt hohen Erwartungen. Quentin Tarantinos Nostalgie-Trip zurück ins Hollywood des Jahres 1969 lässt das damalige Los Angeles zwar detailgetreu wiederaufleben und ist insgesamt toll inszeniert, der Kultregisseur vergisst dabei aber eine fesselnde Geschichte zu erzählen. "Once Upon a Time in Hollywood" schwimmt 90 Minuten lang mehr oder weniger orientierungslos umher und nimmt erst danach an Fahrt auf, um mit einem grandiosen Schlussakkord zu enden. Trotzdem ist der Film mit seinen 161 Minuten viel zu lang und zieht sich insbesondere in der ersten Hälfte enorm in die Länge. Dazu sind weder die Dialoge, noch der im Hintergrund bleibende Soundtrack auf dem gewohntem Tarantino-Niveau. Da kann auch der großartige Cast um Leonardo DiCaprio und Brad Pitt nicht allzu viel daran ändern. Nach "Django Unchained" (9/10) ist ein Qualitätsabfall beim legendären Regisseur nicht zu übersehen, gerade in seiner Königskategorie dem Drehbuchschreiben. Nach "The Hateful 8" (7/10) kann auch "Once Upon a Time in Hollywood" nicht so recht überzeugen und ordnet sich demnach am unteren Ende der besten Tarantino-Filme ein. Es bleibt zu hoffen, dass Tarantino in seinem letzten Film nochmal zu alter Stärke zurückfindet.

 

7/10


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Poster&Trailer: © Sony Pictures