Spider-Man: Far from Home

Kinostart: 04.07.2019 | Laufzeit: 129 Minuten | FSK: 12 Land: USA | Genre: Action, Sci-Fi | Originaltitel: Spider-Man: Far from Home


Kritik

Erst zwei Monate sind seit dem großen MCU-Finale "Avengers: Endgame" vergangen, in dem nach 11 Jahren und 22 Filmen alle Helden der Filmreihe zusammenkamen um sich der Bedrohung durch Thanos zu stellen. Der Abschluss der sogenannten Infinity-Saga zog Millionen Menschen weltweit in die Kinos und der Film wurde zu einem gigantischen Erfolg. Am Ende fehlten lediglich 16 Millionen Dollar um den erfolgreichsten Film aller Zeiten, "Avatar - Aufbruch nach Pandora", vom Thron zu stoßen. Peanuts bei einem Einspielergebnis von 2,77 Milliarden US-Dollar. Eine Pause gönnt sich das Marvel Cinematic Universe jedoch nicht und so kommt mit "Spider-Man: Far from Home" direkt der nächste Marvel-Blockbuster in die Kinos. Und wer jetzt glaubt der Erfolg des Franchise würde nun langsam abflauen, hat sich erst einmal getäuscht. Mit 580 Millionen Dollar nach nur sechs Tagen sprengt auch die "Spider-Man"-Fortsetzung wieder alle Erwartungen der Box-Office-Experten. Die Fortsetzung setzt dabei direkt nach den Ereignissen der beiden "Avengers"-Teile ein und backt nach der intergalaktischen Schlacht gegen Thanos sinnvollerweise erstmal wieder kleinere Brötchen. Herausgekommen ist ein manchmal etwas unrunder aber stets unterhaltsamer Film, der dank einiger erinnerungswürdiger Szenen wieder absolut sehenswert geworden ist.

 

Lange herrschte Unklarheit darüber, wann die "Spider-Man"-Fortsetzung spielen würde. Vor ein paar Monaten hieß es, der Film würde fünf Minuten nach den Ereignissen von "Avengers: Endgame" einsetzen, später kamen Gerüchte auf, der Film würde vor "Avengers: Infinity War" spielen und mit der Busfahrt in New York enden. Tatsächlich setzt die Handlung nach "Avengers: Endgame" ein und entsprechend wird mit dem Whitney Houston Song "I Will Always Love You" zu Beginn erst einmal den Toten gedacht. Allen voran natürlich Tony Stark, der im ersten Teil so etwas wie der Onkel Ben Ersatz für den jungen Peter Parker war, der nun das Erbe des "Avengers"-Anführers antreten soll. Auch die Dezimierung durch Thanos spielt eine Rolle, immerhin wurde die halbe Menschheit, inklusive Spider-Man und einige seiner Klassenkameraden, aufgelöst. Das Ereignis, dass nun offiziell als "Blip" bezeichnet wird (Einen unpassenderen Namen hätten die Macher wohl kaum finden können) sorgt allerdings auch für eine große Logiklücke. Ein fünfjähriger Altersunterschied ist zwischen den Schülern nämlich nicht zu erkennen. Eine Logiklücke die man aus kreativer Hinsicht wohl einfach schlucken muss, denn den aus dem ersten Teil bekannten Cast auszutauschen ist wohl verständlicherweise keine Alternative gewesen. 

Ansonsten hat man es bei "Spider-Man: Far from Home" wieder mit einem waschechten Coming of Age-Film zu tun. Der erneut von Regisseur Jon Watts inszenierte Film, dreht sich um zentrale Themen wie die erste Liebe und das Erwachsen werden. Allerdings wirkt die Liebesgeschichte um Peter Parker und MJ leider etwas aufgesetzt, da gerade Zendaya als MJ keinen sonderlich sympathischen Eindruck hinterlässt und die Chemie zwischen den beiden doch zu wünschen übrig lässt. Dazu passt der jugendlich-lockere Stil der Inszenierung, der teilweise aber auch etwas zu bemüht daherkommt. Auf die gewohnte Superhelden-Action muss man dadurch aber keineswegs verzichten. Immerhin verschlägt es die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft erstmals nach Europa. Ein Schulausflug wird zum ultimativen Roadtrip und führt Peter Parker durch Venedig, Prag, Berlin, London und einige andere Stationen. Neben Spider-Man, der erneut überzeugend von Tom Holland verkörpert wird, auch wenn Tobey Maguire mein persönlicher Favorit bleibt, tauchen weitere bekannte Figuren aus dem MCU auf, wie Nick Fury (Samuel L. Jackson), Maria Hill (Cobie Smulders) und Happy Hogan (Jon Favreau). Auf den Rest der "Avengers"-Gruppierung muss man aber verzichten. Warum wird zwar kurz erklärt, jedoch dürfte sich an diesem Umstand bei einem Solo-Film inzwischen kein Kinogänger mehr stören.

Neu dazu kommt Jake Gyllenhaals Charakter Mysterio. Obwohl Gyllenhaal von Anfang an als Bösewicht des Films angekündigt wurde, dauert es bis zur Mitte des Films, bis dieser seine Identität Preis gibt. Da brauche ich auch keine Spoiler-Warnung vorweg zu schreiben, denn dass Mysterio der Bösewicht wird, riecht man bereits 10 Kilometer gegen den Wind. Tatsächlich ist diese Vorhersehbarkeit und Formelhaftigkeit die vielleicht größte Schwäche des Films. Denn auch wenn Mysterios wahre Beweggründe dann doch überraschen, ist der Film nicht sonderlich spannend. Auch Jake Gyllenhaal, der sicherlich einer der begnadetsten Darsteller Hollywoods ist, wirkt einigermaßen unterfordert in seiner Rolle. Dank seiner charismatischen Darstellung und der wirklich gelungenen Offenbarung was es mit dem Charakter auf sich hat, überzeugt Mysterio dann doch.

Jene Offenbarung/Wendung sorgt dann für einige großartige Szenen im letzten Drittel. Gerade eine Action-Szene bleibt einem dabei im Gedächtnis, die zu den kreativsten und besten Action-Ideen der gesamten MCU-Reihe gehört. Hier spielt Jon Watts gekonnt mit den Erwartungen des Zuschauers und nichts ist so wie es scheint. Generell ist dieses "Nichts ist wie es scheint"-Prinzip mehrfach im Film zu finden und setzt sich bis in die letzte Abspannszene fort. Immer wieder wird die vorhersehbare Grundstory durch solche coolen Einfälle aufgebrochen. Da auch die erste Abspannszene gelungen ist und weit mehr als nur ein kleines Gimmick oder einen letzten Witz bereit hält, hat man es bei den Abspannszenen wohl mit den besten aus allen 23 MCU-Filmen zu tun. In jener Szene feiert ein alter bekannter und absoluter Fanliebling sein unerwartetes Comeback, der dem Zuschauer einen dritten "Spider-Man"-Teil mehr als schmackhaft macht. Verzichten muss man hingegen erstmals auf das gewohnte Stan Lee-Cameo (Zumindest habe ich den Comic-Schöpfer nirgendwo gesehen). Lee trat nach seinem Tod noch kurz in "Captain Marvel" und in "Avengers: Endgame" auf, hier fehlt von ihm jedoch jede Spur. Das ist zwar schade, aber immerhin besser als ein digitales Abbild von ihm bis in alle Ewigkeiten in die MCU-Filme zu integrieren.

Zu guter Letzt noch ein paar Worte zur technischen Umsetzung des Films, die besser wohl nicht sein könnte. Sicherlich muss man das von einem 160 Millionen Dollar teuren Blockbuster auch erwarten, gerade der Kampf gegen das Wassermonster hätte man jedoch nicht besser machen können. Immerhin gehört die realistische Darstellung und Bewegung von Flüssigkeiten bis heute zu den schwierigsten CGI-Effekten. 

 

Fazit

Zwei Jahre müssen wir nun auf den dritten "Spider-Man"-Teil warten. Nach den beiden besten Abspannszenen der MCU-Geschichte, die große Lust auf das dritte Abenteuer der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft machen, eine verdammt lange Zeit. "Spider-Man: Far from Home" beginnt als unterhaltsame Coming of Age-Komödie mit soliden Actionszenen, steigert sich in der zweiten Hälfte dann aber nochmal gewaltig und fährt einige der kreativsten Actionszenen auf, die das MCU bislang zu bieten hatte. Trotz der vorhersehbaren Story, inklusive "Twist" den wohl jeder kommen sieht, macht "Spider-Man: Far from Home" dadurch wieder eine Menge Spaß und ist wie sein Vorgänger (7/10) ein absolut sehenswerter Sommerblockbuster geworden.

 

7/10


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Poster&Trailer: © Walt Disney