The King

Streaming-Start: 01.11.2019 | Laufzeit: 140 Minuten | FSK: 16 Land: GBR, HUN, AUS | Genre: Biografie, Historie | Originaltitel: The King


Kritik

Historiendramen können mitunter zu einer zähen Angelegenheit werden, gerade wenn sie Shakespearische Ausmaße annehmen. Entsprechend skeptisch war ich im Vorfeld des neuen Netflix-Films "The King", denn das Historiendrama basiert zu einem Teil auf realen Begebenheiten, zum anderen auf den Stücken von William Shakespeare. Dazu versprach die Laufzeit von 140 Minuten auch kein kurzweiliges Vergnügen. Der Trailer überzeugte jedoch durch seinen hochwertigen Look und einer tollen Ausstattung und bewies, dass sich Netflix nicht hat Lumpen lassen, auch wenn die Höhe des Produktionsbudgets nicht bekannt ist. Letzten Endes kommt man als Filmfan bei solch einer Besetzung aber ohnehin nicht um den Film vorbei. Denn mit Timothée Chalamet, Joel Edgerton, Ben Mendelsohn und Robert Pattinson, wartet "The King" mit einem sehr überzeugenden Ensemble auf, das von Regisseur David Michôd dirigiert wird. Nach seinem ersten Netflix-Film, der enttäuschenden Kriegs-Satire "War Machine" (5/10) mit Brad Pitt aus dem Jahr 2017, weiß der Regisseur mit "The King" weitaus mehr zu überzeugen. Der Netflix-Film ist hochwertig inszeniert, erinnert in einigen Momenten sehr an "Game of Thrones" und bleibt dank der hervorragend aufgelegten Darsteller bis zum Ende interessant.

 

Das Drehbuch zum Film wurde von Regisseur David Michôd und Nebendarsteller Joel Edgerton verfasst. In "The King" geht es ins frühe 15. Jahrhundert zurück, wo der englische König Heinrich IV. (Ben Mendelsohn) ein angespanntes Verhältnis zu seinem Sohn Heinrich V. (Timothée Chalamet) pflegt. Nach dem Tod des Monarchen, übernimmt der junge Thronfolger wiederwillig die Krone und findet sich sogleich im Disput mit den Franzosen wieder, dessen junger Dauphin (Robert Pattinson) den neuen König beleidigt. Die Handlung erstreckt sich also von Prinz Hals Leben vor seiner Thronfolge im Jahr 1413, bis zur Schlacht von Azincourt im Jahr 1415. Dabei nimmt sich das Drehbuch zwar sicherlich einige Freiheiten, dennoch bekommt man als Zuschauer einen guten Eindruck über die Ereignisse von damals. Von der schwierigen Vater-Sohn-Beziehung zu Beginn und einem jungen Prinzen der nichts mit der Krone zu tun haben will, bis hin zum jungen Heerführer der seine zahlenmäßig hoffnungslos unterlegene Armee zum Sieg in der Schlacht führt, beschreitet "The King" eine stets hochinteressante Entwicklung, die durch einige moralische Fragen zusätzlich an Gewicht gewinnt. "The King" weiß dadurch auch über die gesamten 140 Minuten hinweg zu unterhalten und trotz der ruhigen Erzählweiße kaum Längen aufkommen zu lassen. So richtig spannend wird die Geschichte jedoch nicht, zumindest dann wenn man bereits einige Historiendramen gesehen hat. Letztlich erfindet der Film das Genre nämlich nicht neu, sondern erzählt eine zwar interessante aber auch gewohnte Story über die Monarchie. 

Der Einfluss von Shakespeare ist dabei kaum zu spüren, dafür der Einfluss der größten Serie unserer Zeit. Der Netflix-Film bedient sich insgesamt recht großzügig bei "Game of Thrones" und kann gleich mehrere Parallelen aufweisen. Wie zum Beispiel die Besetzung von Dean-Charles Chapman (König Tommen in "Game of Thrones") als Heinrichs Bruder, oder Heinrichs Charakter als widerwilliger König und charismatischer Anführer, der durchaus an Jon Snow erinnert. Die größten Parallelen finden sich jedoch in der finalen Schlacht wieder. Die dreckige Schlacht im Schlamm orientiert sich nicht nur optisch an der legendären "Schlacht der Bastarde" in der sechsten "Game of Thrones"-Staffel, sondern kopiert einige Szenen, wie der von oben gefilmte und nach Luft japsende Sir Falstaff (Joel Edgerton) und den in einer Plansequenz kämpfenden Heinrich, sogar 1:1 aus der Serie. Trotz oder gerade wegen dieser eindeutigen Einflüsse, macht "The King" visuell einiges her und die Schlacht ist insgesamt sehr ansprechend inszeniert worden. Hinzu kommt der schwere Soundtrack von Nicholas Britell, der an eine Mischung aus "The Crown" und eben auch "Game of Thrones" erinnert.

Letztlich wird "The King" jedoch dank seiner Darsteller zum sehenswerten Historiendrama. Bei den Filmfestspielen in Venedig spielte sich insbesondere Robert Pattinson ins Gedächtnis des Publikums, über dessen Darbietung infolgedessen auch viel zu lesen war. Tatsächlich wirkt der erste Auftritt von Pattinson als Dauphin wie aus dem Film gefallen. Pattinsons Charakter gleicht mit seiner verhöhnenden Ader und dem falschen französischen Akzent fast schon einer Karikatur und wird spätestens im Endkampf endgültig ins Lächerliche gezogen. Gewöhnungsbedürftig, doch schlecht fand ich Pattinsons Performance keineswegs. Dennoch muss sich der zukünftige Batman hinter dem Hauptdarsteller einsortieren. Timothée Chalamet ist einfach eine Wucht, egal ob als homosexueller Jugendlicher ins seiner Oscarnominierten Rolle in "Call Me by Your Name" oder als drogenabhängiger Teenager in "Beautiful Boy". Der Schauspieler, der sowohl eine amerikanische als auch eine französische Staatsbürgerschaft besitzt, hier aber als englischer König gegen Frankreich in den Krieg zieht, besitzt einfach eine besondere Ausstrahlung. Dank der verleiht er auch der Figur von Heinrich V. eine gelungene Präsenz und Chalamet trägt das Gewicht der Krone und des Films problemlos auf seinen schmalen Schultern. Ben Mendelsohn als grimmiger Vater und König, sowie Joel Edgerton als einziger Freund von Heinrich machen derweil eine solide Figur, ohne zu glänzen.

 

Fazit

Netflix liefert mit "The King" ein sehenswertes Historiendrama ab. Die Geschichte um den neuen König von England der gegen Frankreich in den Krieg zieht ist interessant und unterhält ohne größere Längen auch über die ganzen 140 Minuten hinweg. Die hochwertige Austattung und die gelungene Inszenierung wissen ebenfalls zu überzeugen, auch wenn sich Regisseur David Michôd vielleicht etwas zu offensichtlich bei "Game of Thrones" bedient hat. Dennoch ist "The King" einer der besseren Netflix-Filme, dank eines wie immer starken Timothée Chalamet in der Hauptrolle und einem zumindest erinnerungswürdigen Robert Pattinson.

 

7/10


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Poster&Trailer: © Netflix