Don't Look Up

Streaming: 24.12.2021 | Anbieter: Netflix | Laufzeit: 138 Minuten | FSK: 12 Land: USA | Genre: Komödie, Drama


Kritik

Mit seiner oscarprämierten Komödie "The Big Short", über die Finanzkrise 2007, konnte sich Regisseur Adam McKay von seinen "Anchorman"-Tagen und seichten Will-Ferrell-Komödien lösen und verarbeitet seitdem komplexe politische Themen zu bissigen Satiren. Nach seinem stark Dick-Cheney-Biopic "Vice" beschäftigt sich McKay erstmals nicht mehr mit realen Ereignissen, sondern mit "ziemlich möglichen Begebenheiten", indem er einen gigantischen Asteroiden auf die Erde krachen lässt. Die Reaktionen darauf sind seit der Corona-Pandemie aber gar nicht mal so abwegig, immerhin hat die Pandemie Millionen Menschen zu Möchtegern-Ärzten gemacht, die den Virus bis heute leugnen. Vielleicht ein Grund warum "Don't Look Up", der zu Beginn des Jahres in meinen Top 5 Filmhighlights des Jahres stand, mich nicht so begeistern konnte wie erhofft. Denn trotz seiner zahlreichen Superstars und dem fähigen Regisseur ist aus der Netflix-Satire ein recht zahnloses und überlanges Weltuntergangsszenario geworden.

 

Als die beiden Wissenschaftler Kate Dibiasky (Jennifer Lawrence) und Dr. Randall Mindy (Leonardo DiCaprio) mit einer eigentlich schockierenden Nachricht zur US-Präsidentin Janie Orlean (Meryl Streep) und ihrem Sohn Jason (Jonah Hill) kommen, bekommen sie nicht die Reaktion, die sie erwartet hätten. Den herannahenden Asteroiden nimmt nämlich niemand ernst. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, bei dem die beiden Wissenschaftler die Bevölkerung vom nahenden Weltuntergang überzeugen müssen.

Eigentlich klingt die Handlung ganz schön absurd. Da kommen zwei Wissenschaftler zur US-Präsidentin und präsentieren das Szenario in den Medien und niemand will den beiden Experten glauben schenken? Natürlich gab es vor zwei Jahren genügend Menschen, die die Klimakrise geleugnet haben, und genau auf dieses Klientel zielt die Satire auch ab, nach vier Jahren mit Donald Trump als US-Präsident und knapp zwei Jahren Corona-Pandemie wissen wir jedoch, dass "Don't Look Up" näher an der Realität ist, als wir es uns wünschen würden. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum es mir schwerfiel beim neuen Netflix-Film lauthals loszulachen, vielleicht ist der Film aber auch einfach nur unlustiger, als er sein könnte. Letzten Endes ist die Satire nämlich einfach nicht bissig genug und anders als noch "The Big Short" bleibt der Film zu oberflächlich. Gerade für die ausufernde Laufzeit von 138 Minuten ist die Story insgesamt zu seicht und es schleichen sich doch einige Längen ein. Dazu ist "Don't Look Up" viel zu zahm, um dem angesprochenen Publikum von Klimaleugnern und Co. einen mitzugeben. Und so kann die Satire nicht gerade für Begeisterung sorgen obwohl der Film durchgängig amüsiert. Der spannendste Part der Erzählung ist dann auch eher, wie die Menschen mit dem nahenden Weltuntergang umgehen und wie und mit wem sie ihre letzten Stunden verbringen. Dahingehend hat mich "Don't Look Up" sogar überrascht, für große Emotionen kann der Film damit aber auch nicht sorgen.

Im Gegensatz zum Netflix-Hit "Red Notice" kann "Don't Look Up" wenigstens mit den Performances seines Star-Ensembles glänzen. Leonardo DiCaprio gibt bei seinem Streaming-Debüt den nervösen Wissenschaftler Dr. Mindy und reißt den Film in jeder Minute an sich. Sehr zum Leidwesen von Co-Star Jennifer Lawrence, die als seine Wissenschaftskollegin und "The Boy with the Dragon Tatoo" erstaunlich blass bleibt. Dafür glänzen die Stars in den Nebenrollen: Meryl Streep ist als weiblicher Trump-Verschnitt einfach herrlich anzuschauen und Jonah Hill steht ihr als Sohnemann und Berater (Jared Kushner lässt grüßen) in nichts nach. Cate Blanchett ist unter ihrem kilometerdicken Make-up als schleimige Reporterin kaum wiederzuerkennen, Timothée Chalamet mimt den heruntergekommenen Punker Quentin und Mark Rylance begeistert als abgehobenes Tech-Genie mit einer Mischung zwischen Steve Jobs und Mark Zuckerberg. Die Nebenrollen sind einfach durch die Bank weg großartig besetzt und selbst Ariana Grande, bei deren Casting ich im Vorfeld etwas skeptisch war, macht als dümmlicher Popstar einiges her, inklusive eines amüsanten Duetts mit Rapper Kid Cudi. "Don't Look Up" ist daher mehr ein klassischer Schauspiel-Film als eine scharfzüngige Satire.

Dass das Budget dabei nicht nur für die Superstars ausgegeben wurde, zeigt der hochwertige Look des Films. Immerhin wird nicht nur über den Weltuntergang gesprochen, er wird in einigen actionreicheren Szenen und Ausflügen ins All auch gezeigt. Ein zweites "Armageddon" sollte man zwar nicht erwarten, die Effekte sehen jedoch gut aus. Dazu gibts die üblichen inszenatorischen Spielereien von Adam McKay wie über das Bild gelegte Social-Media-Nachrichten und Ausschnitten aus Tier-Dokus, die die Schönheit der Welt noch einmal verdeutlichen sollen.

 

Fazit

Nachdem "Don't Look Up" bereits zu Beginn des Jahres eines meiner größten Filmhighlights 2021 war, komme ich nicht drumherum, die Netflix-Satire auch als eine der größten Enttäuschungen des Jahres zu betiteln. Das soll natürlich nicht heißen, dass "Don't Look Up" ein schlechter Film wäre, dafür wurde das wichtige Thema zu amüsant aufbereitet und der All-Star-Cast um Leonardo DiCaprio und Jennifer Lawrence liefert zu sehr ab. Aber gerade mit diesem Cast und mit Adam McKay als Regisseur wäre so viel mehr drin gewesen. Der Humor ist längst nicht so bissig und witzig, wie er sein könnte und für eine Laufzeit von 138 Minuten bleibt der Film insgesamt zu oberflächlich. Dass der überlange Film inzwischen von der Realität überholt wurde (Stichwort: Corona-Pandemie) hilft dem Film auch nicht weiter, vor zwei Jahren hätte man die Story vielleicht noch aberwitziger gefunden. Und so reicht es am Ende nur zu einer netten Satire mit zahlreichen Superstars, die im Vergleich mit "Vice" (8/10) und "The Big Short" (7/10) aber zu zahnlos daherkommt.

 

6/10


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Poster&Trailer: © Netflix