Free Guy

Kino: 12.08.2021 | Laufzeit: 115 Minuten | FSK: 12 Land: USA, CAN | Genre: Action, Komödie


Kritik

Videospielverfilmungen gibt es eigentlich wie Sand am Meer, darunter aber richtig gute Adaptionen zu finden, gleicht eher der Suche nach einer Stecknadel im Sand. Verfilmungen bekannter Videospiele besitzen bereits seit Jahren einen fürchterlichen Ruf, der auch in diesem Jahr mit Werken wie "Monster Hunter" und "Mortal Kombat" keinen Deut besser wurde. Mit "Free Guy" erscheint nun ein Film in den Kinos, der überhaupt kein bekanntes Franchise adaptiert, sondern seinen Hauptcharakter, ein NPC (also ein nicht spielbarer Charakter), ins Zentrum der Handlung rückt. Der Film von "Stranger Things"- und "Nachts im Museum"-Regisseur Shawn Levy erinnert dabei am ehesten an eine Verfilmung von "GTA Online" und ist dank treffsicherer Pointen und unzähligen Gaming-Anspielungen vor allem für Gamer interessant. Immerhin gelingt es "Free Guy" als einer der wenigen Videospielverfilmungen überhaupt, das Gefühl des Gamings auf die Leinwand zu transportieren.

 

"Free Guy" dreht sich um den Bankangestellten Guy (Ryan Reynolds), der in der gewalttätigen Stadt Free City seinem immer gleichen Tagesablauf folgt. Eines Tages begegnet er jedoch Molotov Girl (Jodie Comer), die ihm eröffnet, dass er eigentlich nur ein NPC in einem Open-World-Videospiel ist. Guy entwickelt daraufhin einen freien Willen und muss gemeinsam mit seiner menschlichen Freundin die Abschaltung des Spiels durch den Publisher des Spiel, Antwan (Taika Waititi), verhindern.

Beim fiktiven Videospiel "Free City" handelt es sich also um ein klassisches Online-Open-World-Spiel. Bekanntestes Beispiel ist hierfür sicherlich das unglaublich erfolgreiche "GTA Online", von dem sich "Free Guy" unübersehbar inspirieren lässt, dabei aber auch viele eigene Akzente setzt und noch viel verrückter ausfällt. Während also seit Jahren über eine Verfilmung der legendären "Grand Theft Auto"-Reihe spekuliert wird, nimmt Regisseur Shawn Levy die Dinge einfach in die eigene Hand. Und dabei dürfte er jedem Gamer einen Gefallen tun, denn während andere Videospielverfilmungen die Storys ihrer digitalen Vorbilder verfilmen, dabei aber an der Atmosphäre und dem Gefühl der Vorlage scheitern, gelingt es "Free Guy" dieses Gefühl nun auch auf die Leinwand zu holen. Dabei sorgt der Film in seinen 115 Minuten für eine Menge Spaß, der dank einer hohen Gagdichte und zahlreichen abgedrehten Action-Sequenzen auch fast durchgängig gehalten werden kann. Wer allerdings mit Videospielen nichts oder nur wenig am Hut hat, dürfte sich mit "Free Guy" deutlich schwerer tun. Die unzähligen Anspielungen auf Momente die so wohl schon jeder Gamer erlebt haben dürfte (wie NPCs die immer die gleichen Sachen sagen) funktionieren ohne Vorkenntnisse sicherlich nicht. "Free Guy" fühlt sich wie ein Film von Gamern für Gamer an und zieht daraus zumindest für seine Zielgruppe seine unwiderstehlichen Stärken. 

Allerdings ist auch klar, dass die Story von "Free Guy" nur eine untergeordnete Rolle spielt und das Rad nicht wirklich neu erfindet. Es fällt sicher leicht sich an der simplen Geschichte um einen Aussenseiter-Helden, der gegen einen mächtigen Publisher antritt zu stören, ich für meinen Teil habe dem Film etwaige Storyschwächen nur allzu gerne verziehen. "Free Guy" entpuppt sich nämlich als ungemein sympathischer Film, der dass Herz am rechten Fleck hat und ein durchaus überraschendes Ende zu bieten hat, das eine Ausnahme zur sonst simplen Geschichte bildet. Obwohl das Ende für meinen Geschmack etwas zu zuckersüß ausfällt.

Dass der Film so hervorragend funktioniert, ist auch den blendend aufgelegten Darstellern zu verdanken. Ryan Reynolds hat auf Charakteren wie Guy inzwischen seine ganze Karriere aufgebaut, was einigen Zuschauern vermehrt negativ aufstößt. Und tatsächlich macht Reynolds nichts anderes als in allen anderen seiner Action-Komödien, sein tolles Charisma und komödiantisches Timing machen ihn dennoch zur idealen Besetzung für den liebenswerten Guy. Ganz besonders gefreut habe ich mich derweil für Jodie Comer, was wohl jedem so gehen dürfte, der ihre fantastische Performance aus der Serie "Killing Eve" kennt. Sowohl in der Rolle als toughes Molotov Girl, als auch in ihrer Rolle als Gamerin Millie in der echten Welt, weiß sie zu überzeugen. "Stranger Things"-Liebling Joe Keery rundet das Trio ab und mit Taika Waititi als exzentrischem Publisher, hat man einen völlig durchgeknallten Bösewicht gefunden. Waititis Improvisationskünste sind mal wieder gelungen, laut Regisseur Shawn Levy musste man sogar "Stunden" improvisierter Szenen des Oscar-Gewinners für "Jojo Rabbit" streichen. Richtig stark sind darüber hinaus noch die überraschenden Cameo-Auftritte des Films, die an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden sollen. Gerade der Letzte ist jedoch ein absoluter Brüller und schon jetzt der beste Cameo des Jahres. Lediglich mit der Einblendung amerikanischer YouTube-Stars wie "Ninja" oder "Pokimane" hätte man sich gerne etwas zurückhalten können. Sicherlich passt deren Auftritt zur Zielgruppe des Films, etwas weniger hätte dem Film jedoch gut getan.

Abschließen noch ein Wort zur Technik des Films: Trotz unzähliger Effekt-Shots, hat "Free Guy" von Disney nur ein Budget von rund 100 Millionen Dollar bekommen. Entsprechend merkt man einigen Effekten ihre Weichzeichnung an, was ausnahmsweise aber auch nicht schlimm ist, da es wiederum hervorragend zur Videospiel-Optik des Films passt. Hier erweist sich ein vergleichsweise geringes Budget sogar mal als Vorteil.

 

Fazit

Regisseur Shawn Levy gelingt mit "Free Guy" wohl die Blockbuster-Überraschung des Jahres. Nach eher mäßigen Trailern entpuppt sich die Action-Komödie nämlich als großer Spaß für alle Gamer, da es der Film im Gegensatz zu vielen anderen Videospielverfilmungen schafft, das Gaming-Gefühl auf die Leinwand zu transportieren. Sicherlich kann man sich an der simplen Helden-Geschichte stören und die US-Youtuber hätten gerne etwas weniger auftreten dürfen, letzten Endes ist "Free Guy" jedoch dank seiner toll-aufgelegten Stars und unzähligen gelungenen Gags ein großer Spaß. Zumal der Film den Cameo-Auftritt des Jahres besitzt. Wer jedoch mit Videospielen nichts oder nur wenig am Hut hat, dürfte sich mit dem Film deutlich schwerer tun, da viele Anspielungen einfach nicht verstanden werden. Alle Gamer dürfen sich "Free Guy" jedoch nicht entgehen lassen.

 

8/10


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Poster&Trailer: © Walt Disney