Zack Snyder's Justice League

Streaming: 18.03.2021 | Anbieter: Sky Ticket | Laufzeit: 242 Minuten | FSK: 16 Land: USA | Genre: Action, Fantasy


Kritik

#releasethesnydercut. Kaum ein Hashtag hat so eine Historie wie dieser und vermutlich hatte kein Hashtag jemals solche Auswirkungen auf ein Filmstudio. Denn ausnahmsweise wollten die Filmfans nicht irgendwen wegen irgendwas canceln, sondern forderten so vehement eine neue Schnittfassung des missratenen "Avengers"-Pendants aus dem Hause DC, dass Warner Bros. letztlich dem Druck nachgab. Auch wenn es drei geschlagene Jahre dauerte, bis die Studiobosse im vergangenen Jahr Zack Snyder noch einmal damit beauftragten "Justice League" zu einem besseren Film zu machen. Herausgekommen ist ein Film der es niemals ins Kino geschafft hätte und überhaupt nur im Jahr 2021 existieren kann. Snyders Epos wäre mit vier Stunden nicht nur hoffnungslos zu lang für einen Kinostart gewesen, auch die 70 Millionen Dollar Produktionskosten extra (mit einem Einspielergebnis von 657 Mio. Dollar gilt die Kinofassung nämlich als ziemlicher Flop) und das ungewöhnliche Bildformat von 4:3, wären niemals durchgewunken worden. Stattdessen ließ man dem Regisseur alle kreativen Freiheiten, während der Film für Warner zum perfekten Vehikel wurde, um den in den USA eher schleppend gestarteten, hauseigenen Streaming-Dienst HBO Max zu pushen. Einzig und allein deswegen konnte der Snyder-Cut in dieser Form überhaupt erst existieren. Die einzig wichtige Frage blieb jedoch offen: Stellt diese doppelt so lange Fassung tatsächlich eine Verbesserung zur missratenen Kinofassung dar?

 

Ein einfaches "Für Autumn" steht da zu Beginn des Abspanns von "Zack Snyder's Justice League". Autumn, die Tochter von Zack und Deborah Snyder, hatte mit ihrem Selbstmord im Jahr 2017 den ganzen Stein um den Snyder-Cut erst ins Rollen gebracht. Snyder trat nach der Familientragödie vom DC-Projekt zurück und Warner holte "Avengers 1+2"-Regisseur Joss Whedon an Bord, der den Film beenden sollte. Whedon, der das Drehbuch stark veränderte um mehr Humor einzubringen und letztlich umfangreiche Nachdrehs anordnete, ließ man offenbar große kreative Freiheiten. Eine Entscheidung die sich für alle Beteiligten nicht auszahlen sollte. Nicht nur liegt Cyborg-Darsteller Ray Fisher bis heute im rechtlichen Clinch mit Warner, da sich Joss Whedon am Set mehrfach unangebracht und respektlos verhalten haben soll, auch die Rezeption von Fans und Kritikern fiel alles andere als positiv aus. Die Kinofassung war ein insgesamt unausgegorenes Werk, dass nie wirklich wusste was es eigentlich sein will. Zu groß waren die Einflüsse von Zack Snyder, zu gegensätzlich die Vision von Joss Whedon. 

Deshalb folgt die Antwort auf die Eingangsfrage direkt hier: Ja, der Snyder-Cut macht "Justice League" wirklich zu einem besseren Film, wobei sich das vierstündige Werk, dass aus sechs Kapiteln und einem Epilog besteht, grob in zwei Hälften teilen lässt, die qualitativ unterschiedlich ausfallen. Die ersten knapp zwei Stunden führen die fünf Helden ein, von denen Cyborg und The Flash noch keinen Solo-Film bekommen haben, Bösewicht Steppenwolf schildert seine Motivation und die zentralen Mutterboxen werden erklärt und eingeführt. Das führt vor allem zu einer ganzen Menge Exposition und zeigt deutlich die Schwächen des DCEU auf. Im Vergleich zum MCU, dass Thanos über diverse Handlanger wie Ronan aus "Guardians of the Galaxy" und kurzen Szenen behutsam eingeführt hat und jeder einzelne Infinity-Stein in den Solo-Filmen Thema war, haben wir es hier nunmal mit dem Schnellschuss DCEU zu tun. Diesem Superhelden-Universum fehlt die große Vision von Kevin Feige (was sich auch am Ende des Films noch einmal bemerkbar macht, doch dazu später mehr) und so verbringt der Snyder-Cut fasst die komplette Laufzeit der Kinofassung, also knapp zwei Stunden, nur damit die Bühne für die zweite Hälfte des Spektakels vorzubereiten. In den ersten beiden Stunden passiert letztlich nicht viel und die Einführung der Charaktere und ihrer Welt ist nach einiger Zeit eine ziemlich zähe Angelegenheit. Obwohl der Synder-Cut bereits in dieser Phase beweist, dass er der Kinofassung trotz allem überlegen ist. Die lange Einführung kommt vor allem zwei Charakteren zu Gute: Steppenwolf und Cyborg. Steppenwolf war in der Kinofassung ein völlig blasser Bösewicht, dessen Motivation man nicht im Geringsten nachvollziehen konnte. Nun sieht das mächtige Wesen dank schicker neuer Rüstung nicht nur deutlich besser aus, sondern auch seine Motivation ist nun endlich ersichtlich. Dazu dient er nur als Handlanger von Darkseid, dem großen Oberbösewicht von DC, der im Whedon-Cut damals fehlte. Auch die Funktion und die Historie der drei Mutterboxen ist nun ersichtlich, auch wenn die drei Boxen und die Jagd nach ihnen nicht besonders interessant oder spannend ist. Der zweite große Profiteur ist Ray Fishers Charakter Cyborg, der im Vergleich zur Kinofassung den größten Wandel hinlegt. War er dort ein geradezu lächerlicher Held, der vollkommen unsinnig erschien, bekommt er hier mit der Beziehung zu seinem Vater und einer existenten Hintergrundgeschichte endlich mehr Tiefe. Das sorgt dafür, dass Cyborg tatsächlich nicht mehr der schwächste Charakter des sechsköpfigen Teams ist.

Dieser Titel geht nun an The Flash. Ezra Millers Charakter dient als klassischer Comic Relief und soll mit seiner Unsicherheit und den flotten Sprüchen wenigstens etwas Humor in das düstere Epos bringen. Dabei wirkt The Flash jedoch völlig deplatziert, fast als hätte sich ein Marvel-Charakter in den Film verirrt. Ezra Miller wirkt dadurch wie ein Fremdkörper und geht dem Zuschauer relativ schnell auf die Nerven, das hat in der lockeren Kinofassung sogar besser funktioniert. Während Ben Affleck als Batman und Gal Gadot (nach dem katastrophalen "Wonder Woman 1984") als Amazone wieder zu überzeugen wissen, weiß auch Zack Snyder nicht viel mit Jason Momoas Aquaman anzufangen. Der Atlantier ist einfach nur anwesend, entscheidend für den Ausgang des Films ist er jedoch nie, was durchaus schade ist, da Momoas Solo-Auftritt eigentlich überzeugend war. 

Die zweite Hälfte des Films markiert dann die Rückkehr von Superman. Henry Cavills Wiedergeburt ist ausführlicher und besser in Szene gesetzt und er hat später in seinem Schiff und mit seinem schicken schwarzen Anzug, die größten Gänsehaut-Momente des Films auf seiner Seite. Diese Szenen stehen stellvertretend für die tolle zweite Hälfte des Films. So lange es auch dauert bis Zack Snyder alles eingeführt hat, sobald alle Parteien sich formiert haben lässt es Snyder ordentlich krachen. Ich hatte mit der zweiten Hälfte des Films überraschend viel Spaß, obwohl der Endkampf in ein solches Effektegewitter mündet, das man vor lauter CGI und Lichtblitzen kaum noch die Helden erkennen konnte. In seiner zweiten Hälfte spult der Snyder-Cut nicht nur ein unterhaltsames Programm ab, sondern erntet insbesondere bei Cyborg und Supermans Rückkehr, den Lohn für die lange Exposition, da Emotionen den Film unterwandern, die die Kinofassung nicht im Ansatz erreicht hat. Allerdings ist auch in der zweiten Hälfte nicht alles Gold was glänzt, immerhin störe ich mich etwas am Epilog des Films. Das ausführlichere Ende und die abschließende Szene mit Lex Luthor und Deathstroke wurden fast Eins zu Eins von der Kinofassung übernommen, neu ist hingegen die nachträglich gedrehte Szene danach. Diese zeigt mal wieder eine alptraumhafte, postapokalyptische Vision von Batman, in der der dunkle Ritter auf einen bösen Superman trifft. Diese Vision gab es vorher schon in "Batman v Superman" und bei Cyborg zu sehen und soll wohl die weitere Geschichte anteasern. Ob diese Geschichte jedoch jemals wieder aufgegriffen wird bleibt fraglich. Zu chaotisch scheinen die Planungen der Verantwortlichen zu sein und entsprechend unnötig ist dieser verwirrende Epilog am Ende auch, da er eigentlich nur dazu da ist, den Fans mit dem Auftritt des generalüberholten Jokers von Jared Leto noch etwas Fanservice zu servieren. Und was es mit The Martian Manhunter auf sich hat, bleibt ebenfalls offen, alleinstehend wirkt er jedoch mindestens so deplatziert wie The Flash.

Trotz der Schwächen kann sich der Film auf die spektakuläre Inszenierung von Zack Snyder verlassen. Mehr Zeitlupen-Szenen habe ich wohl noch nie zuvor in einem Film gesehen und bei zahlreichen Bildern zeigt sich Snyders Gespür für epische Aufnahmen. Auf der Gegenseite sind nicht alle Effekte auf der Höhe, gerade beim anfänglichen Kampf der Amazonen gegen Steppenwolf, und auch der Snyder-Cut ändert nichts am sehr künstlichen, fast Videospielartigen Look des Films. Dafür fließt nun etwas Blut, was dem Film ein R-Rating und in Deutschland ein FSK 16 beschert hat. Das CGI-Blut kommt immer dann zum Einsatz wenn Äxte oder Schwerter zu sehen sind, bleibt jedoch ein reines Gimmick. So blutrünstig wie bei "Deadpool" oder "Logan", die die gleiche Altersfreigabe besitzen, wird es nie. Unverständlich ist derweil die Wahl des ungewöhnlichen 4:3-Bildformats. Snyder begründet die Wahl des IMAX-Formats damit, dass die Zuschauer die komplette Größe des Bildes sehen sollen. Eine recht realitätsfremde Entscheidung, denn auf einer IMAX-Leinwand wird den Film wohl nie ein Zuschauer zu Gesicht bekommen. Hätte es der Immersion nicht geholfen wenn man beim Snyder-Cut, wie in der Kinofassung, die gesamte Fläche der heimischen Fernseher ausgenutzt hätte, statt links und rechts dicke Balken zu sehen? Scheinbar nicht, zumindest gewöhnt man sich als Zuschauer aber recht schnell an das Format. Angetrieben wird der Snyder-Cut derweil von einem gänzlich neuen Soundtrack. Danny Elfman, der die Musik der Kinofassung beisteuerte, wurde durch "Mad Max: Fury Road"-Komponist Tom Holkenborg alias Junkie XL ersetzt, der eine deutlich bessere Figur abgibt. War der Soundtrack der Kinofassung unauffällig, so ist der treibende Soundtrack des Snyder-Cuts eine Wucht und der beste DC-Soundtrack seit "Man of Steel".

 

Fazit

Der Snyder-Cut stellt eine deutliche Verbesserung zur missratenen Kinofassung (5/10) von Joss Whedon dar, da das vierstündige Epos deutlich runder wirkt. Die Charaktere um Cyborg und Bösewicht Steppenwolf haben mehr Tiefe, die Story ist nachvollziehbarer und die gesteigerte Emotionalität, sowie die epische Inszenierung der Action, machen insbesondere die zweite Hälfte zu einem großen Spaß. Dem gegenüber stehen knapp zwei Stunden Exposition, die die erste Hälfte des Films zu einer zähen Angelegenheit machen. Dazu wirkt The Flash wie ein nerviger Fremdkörper und mit Aquaman weiß auch Snyder nicht allzu viel anzufangen. Der starke Soundtrack von Tom Holkenborg und die unzähligen, schicken Zeitlupen-Sequenzen von Snyder, stehen derweil im starken Kontrast zum weiterhin sehr künstlichen Look des Films und den nicht immer gelungenen Spezialeffekten. Dazu entzieht sich mir das Verständnis für das realitätsfremde Bildformat, immerhin wird niemand den Film auf einer IMAX-Leinwand sehen, da hätte man also besser die volle Größe der heimischen Fernseher nutzen sollen. Dazu stellt sich am Ende auch die Frage: "Wozu das Ganze?". Snyder scheint keine Filme mehr für DC zu drehen und sowohl Ben Affleck, als auch Henry Cavill werden wohl nicht mehr in ihr Superhelden-Kostüm schlüpfen. Ob der Cliffhanger im verwirrenden Epilog also jemals aufgelöst wird, bleibt mehr als fraglich. Es fehlt weiter die große Vision eines MCU, um mich für dieses zusammengeschusterte Universum begeistern zu können. Trotzdem fällt die neue Fassung von "Justice League" bedeutend besser aus und ist dadurch endlich sehenswert, auch wenn der Film letzten Endes vor allem eines ist: Zu Lang! Wie wäre es deshalb mit einem neuen Hashtag? #releasethe3hourcut ;)

 

7/10


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Poster&Trailer: © HBO Max