Last Night in Soho

Kino: 11.11.2021 | Laufzeit: 116 Minuten | FSK: 16 Land: GBR | Genre: Mystery, Horror


Kritik

Mit "Last Night in Soho" begibt sich Regisseur Edgar Wright auf ungewohntes Terrain, immerhin ist der Brite vor allem für seine Komödien um "Shaun of the Dead" und zuletzt "Baby Driver" bekannt. Von Wrights typischem Humor ist in seinem neuen Film jedoch nichts übrig geblieben, stattdessen versteht sich "Last Night in Soho" als Mysterythriller bzw. Psychodrama mit Horror-Elementen. An den Kinokassen hat diese neue Richtung schon mal nicht funktioniert und der Film ist mit 17 Millionen Dollar an den weltweiten Kinokassen doch äußerst bescheiden gestartet. Schade eigentlich, denn obwohl "Last Night in Soho" nicht der große Hit ist, den ich mir erhofft hatte, so ist das toll besetzte und herausragend gefilmte Schauermärchen doch absolut sehenswert.

 

Wenn sich schon der Vergleich zu früheren Werken von Edgar Wright erübrigt, dann kann man "Last Night in Soho" am ehesten noch als eine Mischung aus dem Argento-Klassiker "Suspiria" und Emerald Fennells "Promising Young Woman" aus diesem Jahr vergleichen. Immerhin beschwört der Regisseur hier eine spannende Mischung aus roten Neonlichtern und MeToo-Thematik. Der angeprangerte Sexismus wird später zwar noch deutlich stärker hervorgehoben, aber bereits zu Beginn des Films wird die junge Eloise (Thomasin McKenzie) während ihrer Taxifahrt nach London damit konfrontiert. Es bleibt nicht die einzige Hürde für die angehende Mode-Studentin, die mit ihrem Umzug in die große Stadt etwas überfordert wirkt. Nur nachts scheint sie ihre Ruhe zu finden, wenn sie sich in ihren Träumen ins London der Swinging-Sixties begibt, um dort in die Haut der verführerischen Sandie (Anya Taylor-Joy) zu schlüpfen. Und mehr braucht man zur Handlung auch gar nicht zu wissen, denn "Last Night in Soho" ist einer dieser Filme, die besser sind, je weniger man darüber weiß. Was sich aber sagen lässt ist, dass Wright den Film mal wieder ungemein schwungvoll in Szene setzt. Neben der erstklassigen Beleuchtung stechen vor allem die Plansequenzen der Sechziger ins Auge, in denen McKenzies und Taylor-Joys Charakter nahtlos ineinander übergehen. Das ist nicht nur verdammt gut inszeniert, auch der tolle Soundtrack passt perfekt zu einem wirklich atmosphärischen Setting. Für die passenden Bilder sorgt derweil "Oldboy"-Kameramann Chung-hoon Chung, von denen vor allem eine Messer-Szene nachhaltig in Erinnerung bleiben wird. Umso bedauerlicher ist es, dass "Last Night in Soho" den schwungvollen Start nicht aufrechterhalten kann und gerade der Horror-Part nicht sonderlich überzeugend geworden ist. Als hervorragender Vergleich dient hier für mich das Psychodrama "Der Leuchtturm", dass mich damals mit seinen leichten Horror-Elementen im Kinosessel festgenagelt hat. Der Edgar-Wright-Film bedient nun nicht nur das gleiche Genre, sondern versucht ebenfalls in der zweiten Hälfte für Psychoterror zu sorgen, was bei mir jedoch nicht aufgegangen ist. Und so rennt Thomasin McKenzie im Finale voller Terror durch die Gänge und ich sehe schulterzuckend dabei zu. Schade, dass "Last Night in Soho" am Ende nicht so gut funktioniert, wie ich es mir erhofft hatte und rein handwerklich gesehen ist Wright auch kaum einen Vorwurf zu machen, letzten Endes hat mich der Film in meiner subjektiven Wahrnehmung einfach relativ kalt gelassen. 

Was kaum jemanden kalt lassen wird, sind hingegen die hervorragenden Leistungen der Darsteller. Thomasin McKenzie weiß mit einer toll gespielten Wandlung vom schüchternen Mädchen zur terrorisierten Studentin zu überzeugen und stellt damit sogar Anya Taylor-Joy in den Schatten, die immerhin ihr Gesangs- und Tanztalent unter Beweis stellen darf. Während Matt Smith in gewohnter Manier überzeugt, stellt der Film zeitgleich auch die letzte Performance von "Game of Thrones"-Star und Ex-Bond-Girl Diana Rigg dar, die im vergangenen Jahr gestorben ist und zu Beginn des Films mit einem "For Diana" geehrt wird. 

 

Fazit

"Last Night in Soho" ist nicht ganz der Hit geworden, den ich mir erhofft hatte. Der neue Film von Edgar Wright besitzt einen hervorragenden Look und ist anfangs wieder einmal klasse inszeniert, allerdings ließen mich die Horror-Elemente in der zweiten Hälfte erstaunlich kalt und der Film kann seinen schwungvollen Start nicht über die gesamte Laufzeit hinweg halten. Trotzdem lohnt sich ein Blick in "Last Night in Soho", der sich nicht nur auf seine hervorragenden Darsteller um Thomasin McKenzie und Anya Taylor-Joy verlassen kann, sondern gekonnt die brandaktuelle Sexismus-Debatte aufgreift.

 

7/10


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Poster&Trailer: © Universal Pictures / Focus Features