Raya und der letzte Drache

Streaming: 04.03.2021 | Anbieter: Disney+ | Laufzeit: 114 Minuten | FSK: 6 Genre: Animation | Originaltitel: Raya and the Last Dragon


Kritik

Fünf Jahre ist es her, dass mit "Vaiana" und "Zoomania" gleich zwei originelle Disney-Animationsfilme das Licht der Welt erblickten. Die Zeit war seitdem geprägt von Fortsetzungen wie "Die Eiskönigin II" oder Realverfilmungen wie "Der König der Löwen". Nun traut sich Disney endlich wieder einen originellen Stoff umzusetzen. "Raya und der letzte Drache" erscheint in den USA parallel im Kino und auf Disney+, in Deutschland jedoch ausschließlich auf dem hauseigenen Streaming-Anbieter (zumindest solange bis die Kinos wieder öffnen dürfen). Als Vorbild dient jedoch leider wieder die umstrittene Realverfilmung "Mulan". Nachdem man den Pixar-Streifen "Soul" Ende vergangenen Jahres ohne zusätzliche Kosten auf Disney+ veröffentlicht hatte, muss für "Raya und der letzte Drache" wieder eine zusätzliche Premium-Gebühr von 21,99€ bezahlt werden. Ein teurer Spaß, der den Film lediglich für Familien interessant machen wird. Davon abgesehen schlägt sich der neue Disney-Animationsfilm allerdings richtig gut. Doch reicht das aus um an frühere Glanzzeiten anzuknüpfen?

 

"Raya und der letzte Drache" spielt im fiktiven Land Kumatra, in dem Menschen und Drachen lange in Harmonie zusammengelebt hatten, bis eine böse Macht die Welt bedrohte und sich die Drachen zur Rettung der Menschheit opferten. Als 500 Jahre später die Bedrohung zurückkehrt, macht sich die junge Raya auf um den letzten Drachen zu finden, die verfeindeten Königreiche Kumatras zu vereinen und ihre Welt zu retten.

Was auf den ersten Blick wie eine ganz gewöhnliche Geschichte erscheint, hat tatsächlich acht (!) Storyschreiber gebraucht und dazu kommen vier (!) Regisseure und Co-Regisseure. Ein Blick in den Abspann reicht eigentlich, um alles zu sagen, was es über den Film zu sagen gibt. Anders als bei seinen Realverfilmungen, die sich mit einigen fragwürdigen Entscheidungen öfters mal ins Abseits stellen (siehe #BoycottMulan), ist Disneys Animationsschmiede eine wohl geölte Maschinerie, die nichts dem Zufall überlässt. Mit all seinen Vor- und Nachteilen. Dadurch erlaubt sich "Raya und der letzte Drache" zum einen keine groben Fehler. Das Animationsabenteuer ist rasant erzählt und schlichtweg unterhaltsam. Die Geschichte jagt die junge Raya von einem Königreich ins nächste und erzählt dabei eine ganz gewöhnliche Heldengeschichte. Anfangs bestreitet Raya ihre Reise noch alleine, nur begleitet von ihrem Gürteltier-ähnlichen Begleiter, im Verlauf der Geschichte schwillt ihre Reisegemeinschaft jedoch merklich an.  Disney beweist hier einmal mehr, dass sie die Könige der Sidekicks sind. Von drei Affen und einem gerissenen Kleinkind, bis hin zu einem gar nicht so angsteinflößenden Krieger. Selbst Sisu, der titelgebende letzte Drache, ist mehr Sidekick als alles andere. Die Fülle an lustigen Charakteren ist vielleicht etwas zu hoch, allerdings hat mir gerade die schusselige Drachendame doch sehr viel Spaß bereitet. Man kann Disney also in diesem Fall nicht besonders böse sein, obwohl man es mit den Sidekicks allmählich etwas übertreibt. Aber die Merchandising-Maschinerie muss eben auch von irgendetwas leben. Während das Animationsabenteuer über 114 Minuten hinweg den Zuschauer bei Laune hält und sich keine großen Fehler erlaubt, macht sich aber auch der Nachteil der perfekten Disney-Maschine bemerkbar. So richtig begeistern kann "Raya und der letzte Drache" nicht. So unterhaltsam die Geschichte auch sein mag, sie traut sich insgesamt zu wenig. Die klassische Heldengeschichte dürfte wohl nur jüngere Zuschauer hinter dem Ofen hervorlocken, für alle anderen gilt: Geschichten wie die von Raya hat man schon tausendmal gesehen. Das ist an sich nichts schlechtes, man merkt allerdings, dass Disney wie immer lieber auf Nummer sicher geht und sich zu wenig traut. Ein Kritikpunkt der letzten Jahre der sich allerdings so schnell nicht ändern wird, denn solange der Rubel läuft gibt es für den Mäusekonzern keinen Grund diese Strategie zu ändern.

Wobei, eine nennenswerte Veränderung gibt es dann doch: In "Raya und der letzte Drache" wird nicht gesungen! Von einigen wenigen Ausnahmen wie "Zoomania" oder "Ralph reichts!" einmal abgesehen, gehören Musicalnummern zu Disney wie Laserschwerter zu "Star Wars". Was sonst sollen Kinder auch machen, wenn sie nicht "Let it Go"-trällernd durch die Wohnung der Eltern laufen können? Für alle die zwar die Disney-Animationsfilme mögen, denen der Gesang jedoch immer wieder auf die Nerven geht (mich eingeschlossen), gibt es hier also Balsam für die Ohren. Stattdessen präsentiert sich der Film fast schon als Krieger-Epos und lässt Raya lieber kämpfen statt singen. Eine gute Wahl! Und ganz auf Musik verzichten muss man deswegen auch nicht, immerhin gehört der Soundtrack von James Newton Howard zu den besten Disney-Soundtracks der letzten Jahre. Die exzellente musikalische Untermalung hebt den audiovisuellen Reiz des Films noch einmal in den Vordergrund. denn auch in Sachen Animationen erreicht "Raya und der letzte Drache" erwartungsgemäß ein herausragendes Niveau. Wie fotorealistisch inzwischen die Wälder aussehen ist definitiv beeindruckend.

 

Fazit

Acht Storyschreiber und vier Regisseure. Ein Blick in den Abspann reicht aus, um alles über "Raya und der letzte Drache" zu wissen. Die perfekt geölte Animationsmaschine von Disney sorgt für eine rasante, sowie unterhaltsame Geschichte, die sich keine großen Fehler erlaubt und die mit teils fotorealistischen Animationen und einem exzellenten Soundtrack ein echter Hochgenuss ist. Allerdings erzählt der Film auch nur eine klassische Heldengeschichte, die ziemlich überraschungs- und spannungsarm daherkommt und natürlich eine große Welt für zahlreiche Spin-offs und Fortsetzungen einführt. Die Vor- und Nachteile dieser Disney-Maschinerie liegen also auf der Hand und während "Raya und der letzte Drache" längst nicht so begeistern kann wie zuletzt der herausragende Pixar-Film "Soul", so ist er dennoch sehenswert geworden. Zumal Disney auf jegliche Gesangseinlagen verzichtet. Balsam für die Ohren!

 

7/10


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Poster&Trailer: © Walt Disney