Venom: Let There Be Carnage

Kino: 21.10.2021 | Laufzeit: 97 Minuten | FSK: 12 Land: USA | Genre: Action, Superhelden


Kritik

Von wegen Superheldenmüdigkeit, sagt sich "Venom: Let There Be Carnage" und bricht mit einem Startwochenende von 90 Millionen Dollar, den bisherigen Pandemie-Rekord von "Shang-Chi" an den US-Kinokassen . Nachdem der erste Teil mit Tom Hardy als einstiger Spider-Man-Bösewicht "Venom" bereits beeindruckende 855 Millionen Dollar umsetzte, war es ohnehin nur eine Frage der Zeit bis die Fortsetzung erschien. Trotzdem finde ich es erstaunlich, wie viele scheinbar Lust auf eben jenen zweiten Teil haben, ist der Vorgänger aus dem Jahr 2018 doch nur eine mittelmäßige Comicverfilmung (5/10). Unter der Regie von "Zombieland"-Macher Ruben Fleischer wurde der einstige Bösewicht zum Helden stilisiert und die beinahe schizophren anmutenden Gespräche zwischen Eddie Brooks und Symbiont Venom, wurden mit jeder Menge Humor garniert. Vielleicht dachte man sich deswegen, es wäre eine gute Idee die Motion-Capturing-Legende Andy Serkis auf den Regiestuhl der Fortsetzung zu setzen, der einst als Gollum bzw. Smeagol ganz ähnliche Gespräche führte. Doch so sympathisch mir Serkis, Hardy und Co. auch sind. "Venom 2" ist richtig mieses Superheldenkino, der Venoms berüchtigten Auftritt in "Spider-Man 3", fast schon wie ein Meisterwerk aussehen lässt.

 

"Venom 2" setzt ein Jahr nach dem Vorgänger ein und zeigt, dass Eddie Brooks (Tom Hardy) noch immer mit seinem dauerhungrigen Symbionten Venom zu kämpfen hat. Auch für seine Reporter-Karriere sieht es nicht allzu rosig aus, bis ein Interview mit Serienkiller Cletus Kasady (Woody Harrelson) seine Karriere neu beleben soll. Allerdings erhält dieser kurz vor seiner Hinrichtung ebenfalls erstaunliche Fähigkeiten, als er vom Symbionten Carnage besessen wird.

In den Comics ist der Name Carnage (Blutbad) Programm und der Symbiont richtet ein Massaker nach dem anderen an. Nun ist nach dem großen Erfolg des Vorgängers die Entscheidung von Sony, den Film ebenfalls zu einem PG-13-Film zu machen und eben nicht mit einem R-Rating auszustatten, natürlich absolut nachvollziehbar. Allzu hilfreich ist diese Entscheidung für den Film jedoch nicht, denn von Carnage ist hier nicht viel übrig geblieben. Der ach so bedrohliche Bösewicht darf ein paar Mal beängstigend in die Kamera brüllen und ein bisschen Zerstörung anrichten, viel mehr gibt es aber nicht zu sehen. Trotzdem kamen die Macher auf eine andere glorreiche Idee, wie sie das fehlende Blut und Gemetzel ausgleichen können und zwar indem sie Woody Harrelson komplett durchdrehen lassen. Dass Harrelson durchaus ein Händchen für exzentrische/psychopathische Charaktere hat ist bekannt, in "Venom 2" dreht er jedoch so frei, dass es wirklich peinlich wird. Von seinem Outfit nach dem Gefängnisausbruch angefangen, bis hin zu seinem völlig abgedrehten Leben in Freiheit: So gerne ich Harrelson in Filmen auch sehe, sein Cletus Kasady wirkt wie Nicolas Cage auf Crack. 

Und dann wäre da natürlich noch Tom Hardy in der titelgebenden Rolle, der sich hier in einer reinrassigen Komödie wiederfindet. Seine Dialoge mit Venom und die ständige Situationskomik, etwa wenn Venom dem traurigen Eddie etwas kocht, was in einem heillosen Chaos endet, bestimmen die ersten 30 Minuten des Films. So wirkt "Venom 2" zu Beginn auch eher wie eine Beziehungskomödie, als ein Superheldenfilm, was an für sich nicht schlimm wäre, wenn die Szenen mit den beiden nicht so verdammt laut, chaotisch und anstrengend wären. Trotzdem finden sich zwischen all dem Krach auch einige gelungene Humor-Fetzen, bei denen ich zumindest schmunzeln musste. Als ganzes war mir der Komödien-Anteil dennoch etwas zu viel des Guten, zumal Tom Hardy nicht gerade mit komödiantischem Timing glänzt. Nach dieser halben Stunde tritt dann eben Carnage auf den Plan und Woody Harrelson eskaliert, während Eddie Brooks und Venom erst einmal getrennte Wege gehen. Und ehe man sich versieht, findet man sich dann schon im letzten Drittel des Films wieder, immerhin dauert "Venom 2" lediglich 97 Minuten und damit knapp 20 Minuten kürzer als der Vorgänger. Das liegt in erster Linie daran, dass der Film absolut nichts zu erzählen hat und man sich darauf beschränkt Venom und Eddie sich zanken zu lassen. Carnage findet sich ca. 30 Minuten nach seinem ersten Auftritt (!) bereits im Finale des Films wieder, bei dem alle Ungereimtheiten nochmal zusammenkommen. "Venom 2" tischt dem Publikum dabei das exakt gleiche Finale wie im Vorgänger auf, in dem sich zwei gleichaussehende CGI-Monster bekämpfen. In Teil 1 war der Gegner noch Grau, hier ist er eben Rot. Wie ungemein kreativ. Die farblichen Unterschiede (und dass zwischen den beiden Monstern noch ein paar Menschen rumrennen) ist dann auch der einzige Unterschied zum Vorgänger, ein uninspirierteres Finale habe ich also selten gesehen. Dass Carnage dabei stärker sein soll als Venom fällt nicht auf und der Bösewicht wirkt zu keiner Zeit auch nur ansatzweiße bedrohlich. Hinzu kommen dann auch noch erzählerische Schwächen. So ist die Verbindung zwischen Harrelson und Carnage nur deswegen nicht stark genug, weil es dem Drehbuch gerade so passt, ganz egal dass das vorher nie ein Thema war und die beiden in einer Actionszene vorher, noch scheinbar keine Probleme miteinander hatten. 

Und von den Nebencharakteren habe ich noch gar nicht angefangen: Michelle Williams kehrt als Eddies Ex-Freundin zurück und darf einige "tolle" Dialoge aufsagen und Naomie Harris liefert als Kasadys Freundin eine "Fluch der Karibik"-Gedächtnisperformance ab. Ihr Charakter Shriek, mit der Fähigkeit laute Töne von sich zu geben, was den lärmempfindlichen Symbionten natürlich gar nicht gefällt, ist eigentlich wie gemacht für diesen Film, leider funktioniert weder ihre Liebesgeschichte zu Kasady, noch fällt ihre Wandlung am Ende des Films auch nur ansatzweiße überraschend aus. Und so hetzt "Venom 2" in seinen 97 Minuten von einer chaotischen Szene zu nächsten, von denen nicht eine länger im Gedächtnis bleiben wird. Regisseur Andy Serkis gehört zwar zu meinen absoluten Lieblingen in Hollywood und ich mochte sein Regiedebüt "The Jungle Book" (nicht zu verwechseln mit der Disney-Version) auch sehr gerne, bei "Venom 2" scheint Serkis jedoch gar nichts im Griff zu haben. Dass die Effekte dabei ganz gut aussehen und man dem Film handwerklich nicht wirklich etwas vorwerfen kann ist geschenkt. Immerhin erwarte ich das auch von einem Blockbuster in dieser Größenordnung. Insgesamt ist "Venom 2" aber ein völlig belangloses Spektakel.

 

Fazit

Eigentlich dachte ich "Wonder Woman 1984" (4/10) wäre der Titel als schlechteste Comicverfilmung des Jahres nicht mehr zu nehmen, doch da habe ich die Rechnung ohne "Venom 2" gemacht. Die Fortsetzung (Teil 1: 5/10) setzt auf puren Klamauk und lässt Tom Hardy und Venom wie ein altes Ehepaar streiten. Das ist ab und zu ganz unterhaltsam, die meiste Zeit über nervt das laute Getöse aber. Aus Bösewicht Carnage macht man ein handzahmes und überhaupt nicht bedrohliches Mönsterchen und lässt dafür Woody Harrelson in bester Nicolas Cage-Manier komplett frei drehen. Und all das, nur um dem Zuschauer den gleichen CGI-Endkampf wie im Vorgänger aufzutischen, nur dass Venom jetzt gegen ein rotes und nicht gegen ein graues Monster kämpft. Bravo! Und mehr hat dieses viel zu laute, völlig chaotische und total belanglose Spektakel auch nicht zu bieten. Einzig und allein das Sitzenbleiben lohnt sich, denn so schlecht ich den Film auch finde, auf die große Ankündigung in der Mid-Credit-Scene habe ich definitiv Lust!

 

3/10


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Poster&Trailer: © Sony Pictures