Avatar 2: The Way of Water

Kino: 14.12.2022 | Laufzeit: 192 Minuten | FSK: 12 Land: USA | Genre: Sci-Fi, Abenteuer | Originaltitel: Avatar: The Way of Water


Kritik

Ob ich bei „Avatar: The Way of Water“ nostalgisch werden würde, war eine meiner größten Fragen vor dem Kinobesuch. Der erste Teil war für mich als damals 16-jähriger immerhin ein unvergessliches Erlebnis und einer der Filme, die meine Filmleidenschaft überhaupt erst entfachten. Nicht ohne Grund steht „Avatar“ bis heute in meiner Liste der besten Filme aller Zeiten. Und nun sitze ich geschlagene 13 Jahre später tatsächlich in der von mir so heiß ersehnten Fortsetzung und bereits nach den ersten Bildern von Pandora bin ich so emotional überwältigt, dass meine Eingangsfrage eindrucksvoll beantwortet wurde. Ja, „Avatar“ trägt tatsächlich einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Und 192 Minuten später ist dann auch klar, dass die Fortsetzung des erfolgreichsten Filmes aller Zeiten meine durchaus von einiger Skepsis begleiteten Erwartungen nicht nur erfüllen, sondern sogar regelrecht pulverisieren kann. Denn mit „The Way of Water“ kreiert Regisseur James Cameron erneut ein unvergleichliches Kino-Erlebnis, das dank atemberaubender Unterwasseraufnahmen und einer sehr emotionalen Geschichte zum besten Film des Jahres avanciert.

 

„Avatar: The Way of Water“ setzt mindestens 15 Jahre nach dem Vorgänger ein, immerhin ist das erste von insgesamt drei Kindern von Jake Sully (Sam Worthington) und Neytiri (Zoe Saldana) bereits ein ausgewachsener Teenager. Gemeinsam mit ihrer Adoptivtochter Kiri (Sigourney Weaver) und dem verwaisten Menschenkind Spider (Jack Champion) lebt die Familie in Frieden und als Teil der Na'vi. Als eines Tages jedoch die Himmelsmenschen um den als Avatar wiederbelebten Colonel Quaritch (Stephen Lang) zurückkehren und Jagd auf Jake Sully machen, muss die Familie beim Wasser-Stamm der Metkayina untertauchen.

Meine größte Sorge vor dem Kinobesuch war die ausufernde Laufzeit von 192 Minuten, die immerhin 30 Minuten über der Kinofassung des ersten Teils liegt. Zumal wir mit „The Batman“ in diesem Jahr bereits einen dreistündigen Blockbuster gesehen haben, der seine Länge nicht rechtfertigen konnte. Doch „The Way of Water“ wischt diese Zweifel eindrucksvoll zur Seite, da sich der Film erstaunlich kurzweilig anfühlt. Ernsthaft, als ich im Kino realisiert habe, dass wir uns tatsächlich gerade im Endkampf befinden, bin ich sogar regelrecht erschrocken, da ich hätte schwören können, das erst zwei Stunden vergangen sind. Die Handlung lässt sich dabei gut in drei Abschnitte aufteilen und das erste Drittel hat mich von allen wohl am meisten überrascht. Denn James Cameron fackelt nicht lange und liefert bereits nach wenigen Minuten ein Action-Spektakel ab, was dem eines Showdowns würdig wäre. Nach einer kurzen Einführung der Sully-Familie und der glaubwürdigen Erklärung, warum die im ersten Teil verstorbenen Colonel Quaritch und Dr. Grace Augustin in Avatar-Reinkarnationen (sogenannten Recombiants) wieder mit an Bord sind, folgt die zerstörerische Rückkehr der Himmelsmenschen. Und „The Way of Water“ lässt in bester „Aliens“-Manier eine spektakuläre Actionszene folgen. Ruhiger wird es erst mit der Ankunft beim Wasser-Stamm, die das zweite Drittel einleitet. Hier bedient sich Cameron ausgiebig beim Vorgänger, denn die Sully-Familie muss die Lebensweise und Gebräuche des Stammes erst erlernen. Eine von vielen Parallelen zwischen den beiden Filmen, denn einige Dialoge und Actionszenen werden teils eins zu eins aus dem Vorgänger übernommen. Gleichzeitig findet Fortsetzungskönig James Cameron aber immer wieder einen neuen Spin für diese Momente, sodass ich keine Szene wie eine Kopie anfühlt. Nur für den dritten Teil muss sich Cameron was Neues einfallen lassen, worauf das Ende des Films und einige für die Fortsetzung etablierte Orte jedoch bereits schließen lassen. Im Gegensatz zum ersten Teil liegt der Fokus der Geschichte dabei nicht auf Jake und Neytiri, stattdessen stehen die Kinder der Familie im Vordergrund. Ein Ansatz, der richtig gut funktioniert, denn obwohl die Probleme der Kids nichts Neues sind, so ist das Publikum dennoch mehr involviert in die Figuren Pandoras als jemals zuvor. Und auch die, sagen wir mal interessante Casting-Entscheidung, die 73-jährige Sigourney Weaver, ein 14-jähriges Mädchen spielen zu lassen, geht auf, da Kiri eine der spannendsten Figuren des Films ist. Anders als beim Vorgänger, dessen Endschlacht zuvor ausgiebig angekündigt wird, ist der Übergang ins letzte Drittel und damit zum Finale des Films derweil fließend. Und ohne etwas vorwegzunehmen: Trotz kleinerem Fokus liefert Cameron ein ebenso brachiales wie spektakuläres Action-Inferno ab, das gegen Ende auch sehr emotional wird.

Im Kern erzählt „The Way of Water“ nämlich eine zutiefst persönliche Familiengeschichte, die wieder in eine simple Rahmenhandlung integriert wird. Eine Methode, die Cameron aber schon bei vielen seiner Erfolgsfilme angewandt hat. So ist auch ein „Aliens“ kein Story-Meisterwerk, handelt aber von der Beziehung zweier Mütter mit ihren "Kindern" und auch bei „Titanic“ weiß jeder, was am Ende passieren wird und trotzdem reißt die Romanze von Jack und Rose alle mit. So kann man sich wie schon beim ersten Teil über die einfache Geschichte beschweren und natürlich weiß ich nicht, ob es die Rückkehr des eindimensionalen Bösewichts unbedingt gebraucht hätte und die Rückbesinnungen auf Teil Eins vielleicht nicht doch zu offensichtlich sind. Am Ende tut die Story dem Film aber deswegen keinen Abbruch, da „The Way of Water“ eben nicht nur sehr kurzweilig ist, sondern die Familiengeschichte so wahnsinnig gut funktioniert, dass ich am Ende in Tränen aufgelöst in meinem Kinosessel saß. Durch diesen emotionalen Kern der Geschichte kann man sicher argumentieren, dass „The Way of Water“ als Film sogar einiges besser macht als der Vorgänger.

Gespannt war ich natürlich auch, ob es James Cameron wieder gelingen würde, ein visuelles Spektakel abzuliefern. Immerhin hat „Avatar“, dessen Optik auch heute noch problemlos standhält, die Messlatte ganz schön hoch gehängt. Und dazu sind wir in den letzten Jahren in zahlreiche CGI-Welten abgetaucht, während der 3D-Hype fast vollständig erloschen ist. Was kann „The Way of Water“ da also groß besser machen? Und tatsächlich hinterlassen die ersten Minuten fast schon einen ernüchternden Eindruck, da die Flora und Fauna von Pandora zwar immer noch sehr schön anzuschauen ist, der Wow-Faktor bleibt jedoch aus. „Avatar 2“ liefert vielmehr genau das, was der Vorgänger bereits etabliert hat. Aber wenn die Charaktere nach circa einer Stunde erstmals in die traumhafte Unterwasserwelt Pandoras abtauchen, klappt die Kinnlade dann doch wieder nach unten. Die wahrlich atemberaubenden Aufnahmen machen „The Way of Water“ zum schönsten Film, der jemals auf einer Kinoleinwand zu sehen war, zumal dort der 3D-Effekt endlich mal wieder seine Muskeln spielen lassen darf und jeder Effekt im Film absolut perfekt aussieht. Es ist beinahe absurd, dass diese Welten und Geschöpfe aus dem Computer stammen sollen und nicht doch irgendwo real gedreht wurden, denn die Bilder wirken so greifbar und real, dass „The Way of Water“ für pure Kino-Magie sorgt. Man kann „Avatar 2“ sicherlich einiges vorwerfen, aber für solche Erlebnisse wurde das Kino erschaffen! 

Das „The Way of Water“ dabei einen weiteren 3D-Hype entfacht, kann und will ich mir aber nicht vorstellen, der Zug ist solange abgefahren, bis es nicht doch jemand schafft, 3D ohne Brille möglich zu machen. Dafür hoffe ich aber, dass sich eine andere Technik durchsetzt: HFR. Die Higher Frame Rate mit ihren 48 statt 24 Bildern pro Sekunde kam bereits bei der „Hobbit“-Trilogie zum Einsatz, ist durch ihren Soap Opera Effekt jedoch nicht besonders gut weggekommen. Für „Avatar 2“ setzt James Cameron daher auf eine variable Framerate: Ruhige Dialogszenen sind im typischen Film-Look mit 24 Bildern pro Sekunde gehalten, während die dynamischeren Actionszenen in 48 Bildern pro Sekunde laufen. Ein Experiment, das aufgeht, denn der Film vereint das beste aus beiden Welten und sorgt für kristallklare und sehr übersichtliche Actionszenen, ohne dass sich jemals ein Seifenopern-Effekt einstellen würde. Das darf es im Blockbuster-Kino von nun an gerne öfters geben!

 

Fazit

Er hat es schon wieder getan! 13 Jahre nach dem erfolgreichsten Film aller Zeiten sorgt Regisseur James Cameron wieder für die pure Kino-Magie. Zwar erreicht „The Way of Water“ nicht den gleichen Wow-Effekt wie noch der Vorgänger, die Kombination aus den atemberaubenden Unterwasseraufnahmen und dem sehr gelungenen Einsatz der variablen Framerate sorgt aber für die schönsten Bilder, die wohl jemals auf der Kinoleinwand zu sehen waren. Dafür kann man argumentieren, dass „The Way of Water“ als Film sogar besser funktioniert als sein durchaus umstrittener Vorgänger. Denn in die erneut simple Rahmenhandlung wird eine ebenso mitreißende wie emotionale Familiengeschichte integriert, die mich am Ende in Tränen aufgelöst hat. Natürlich kann man sich fragen, ob die Rückkehr des eindimensionalen Bösewichts wirklich notwendig gewesen wäre und ob die Rückbesinnungen auf den ersten Teil vielleicht nicht doch zu offensichtlich sind. Doch Fortsetzungskönig James Cameron findet für jeden dieser Momente eben einen neuen Spin. Viel beeindruckender ist es jedoch, dass sich die 192 Minuten am Ende wie ein zweistündiger Film anfühlen und „The Way of Water“ im Gegensatz zu „The Batman“ beispielsweise, erstaunlich kurzweilig ist. Als 16-jähriger war der erste „Avatar“ ein unvergessliches Erlebnis und einer der Filme, die meine Filmleidenschaft erst entfacht haben. Dass es James Cameron gelingen würde, 13 Jahre später noch einmal so ein unvergleichliches Erlebnis zu erschaffen, hätte ich kaum für möglich gehalten. „The Way of Water“ hat meine Erwartungen dadurch regelrecht pulverisiert und ist ohne Frage der beste Film des Jahres. Für solche Filme wurde das Kino erfunden!

 

9/10


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Poster&Trailer: © Walt Disney