Doctor Strange in the Multiverse of Madness

Kino: 04.05.2022 | Laufzeit: 126 Minuten | FSK: 12 Land: USA | Genre: Action, Abenteuer


Kritik

Knapp sechs Jahre liegen zwischen Doctor Stranges Debüt und seinem zweiten Solofilm: Die längste Pause der MCU-Geschichte! Dass er dennoch nie weg schien, liegt natürlich an seinen zahlreichen Nebenauftritten von „Avengers: Infinity War“ bis „Spider-Man: No Way Home“. In beiden nahm der Zauberer eine gewichtige Rolle ein, und so ist es fast schon ein wenig ironisch, dass Wanda dem von Benedict Cumberbatch verkörperten Helden hier fast schon die Show stiehlt, doch dazu später mehr. Die Erwartungen an "Doctor Strange in the Multiverse of Madness" waren aber auch deshalb so hoch, weil der Film zum einen die Nachfolge des Megahits „Spider-Man“ antritt, der mit 1,8 Milliarden Dollar an den Kinokassen auf Platz 6 der erfolgreichsten Filme aller Zeiten steht! Zum anderen wegen Sam Raimi, der Scott Derickson auf dem Regiestuhl ablöst. Der Regisseur hat sowohl mit der "Tanz der Teufel"-Trilogie als auch mit der „Spider-Man“-Trilogie mit Tobey Maguire Filmgeschichte geschrieben und meldet sich nun nach neun Jahren filmischer Abstinenz zurück. Der chaotische und vollgestopfte „Doctor Strange 2“ trägt dabei klar die Handschrift von Raimi und rückt das MCU näher an düstere Horror-Gefilde als jemals zuvor. 

 

„Doctor Strange 2“ setzt die Geschichte von Stephen Strange (Benedict Cumberbatch) fort, der wie bereits in „Spider-Man: No Way Home“ und in „What If...?“ in einen multiversialen Konflikt hineingezogen wird, als er auf die Jugendliche America Chavez (Xochitl Gomez) trifft. Erschwert wird die Reise durch die furchterregende Präsenz der Scarlet Witch (Elizabeth Olson) die ihre ganz eigenen Ziele verfolgt.

„Doctor Strange 2“ setzt also Wissen aus dem ersten Solofilm voraus und die animierte MCU-Serie „What If...?“ gesehen zu haben kann ebenfalls nicht schaden. Wer hingegen den bisher besten Disney-Plus-Ableger „WandaVision“ verpasst hat, wird hier auf verlorenem Posten sein. Denn der Wandel von Wanda Maximoff zur Scarlet Witch, die Vorkommnisse in Westview und die Existenz ihrer Kinder sind Wissen, dass „Doctor Strange 2“ zwingend voraussetzt! Wer direkt nach „Avengers: Endgame“ mit diesem Film einsteigt, wird sich fragen, was zum Teufel auf einmal mit Wanda los ist, die hier überraschend klar die Rolle des Bösewichts einnimmt. Elizabeth Olson verkörpert die Rolle der mächtigen Hexe wieder gelungen und dank der emotionalen Hintergrundgeschichte die „WandaVision“ kreiert hat, ist ihre Figur längst eine der interessantesten des ganzen Franchise. Die Höhen der Serie erreicht jedoch weder ihr Charakter noch der Film an sich, dafür geht im 126-minütigen Dauerfeuer doch zu viel verloren. Insgesamt holt „Doctor Strange 2“ nämlich zu wenig aus seiner Multiversumsgeschichte heraus, die leicht hinter den Erwartungen zurückbleibt. Wer vermutet hatte, dass da Ende von „What If...?“ eine große Rolle spielen wird, wird am Ende enttäuscht sein. Stattdessen bekommt das Publikum eine oftmals zu oberflächliche Geschichte serviert, die den Erwartungen nicht immer standhält. Immerhin muss der Story zugutehalten werden, dass sie stets unvorhersehbar bleibt und sich die chaotische, überfrachtete und schlichtweg irrsinnige Reise stets interessant anfühlt. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass „Doctor Strange 2“ nicht der ideale Film für eine Zweitsichtung ist, dafür fehlt es dem Film an Substanz. 

Trotzdem hatte ich eine Menge Spaß mit dem Film, da „Doctor Strange 2“ klar die Handschrift von Sam Raimi trägt. Witzigerweise erinnert die Comicverfilmung dabei weniger an seine „Spider-Man“-Trilogie als viel mehr an die „Tanz der Teufel“-Trilogie. Von dieser erbt das zweite Soloabenteuer von Benedict Cumberbatch zum einen die Horrorelemente, zum anderen die verrückten Einfälle. Gerade gegen Ende darf Raimi seine Stärken ausspielen und wer den außergewöhnlichen Stil des Regisseurs mag, wird voll auf seine Kosten kommen. So kommt es gegen Ende beispielsweise zu einer Actionszene mit Musiknoten (!), die von Raimis „Spider-Man“-Komponisten Danny Elfman auch musikalisch aufgegriffen wird. Nicht allein deswegen haben wir es hier mit einem der spannendsten Soundtracks des MCU zu tun, der nicht nur im Hintergrund verweilt, sondern einige Akzente setzt. So unterstützt Elfman auch die horrorartige Atmosphäre des Films. Raimi holt in Sachen Blut, Düsternis und Grusel alles raus, was das PG-13-Rating eben zu lässt, Jumpscares inklusive! Trotzdem ist „Doctor Strange 2“ natürlich kein klassischer Horrorfilm, sondern wirkt eher wie wilder Mix aus bunten MCU-Elementen und absurd-gruseligem „Tanz der Teufel“-Verschnitt. Dadurch wirkt der Film aber düsterer und ernster als viele andere Film des Franchise und obwohl sich das MCU nicht völlig neu erfindet, haben mir die Horrorelemente doch ziemlich gut gefallen.

Letztendlich sorgt diese Mischung für eine irrsinnige Reise, die sich ihren Titel „The Multiverse of Madness“ definitiv verdient hat. „Doctor Strange 2“ ist vollgestopft mit Ideen und Charakteren, einer Story voller Abzweigungen und Querverweisen sowie zahlreichen Cameos. Dass dabei nicht alles aufgeht, ist geschenkt, da der Raimi-Film mit seinen 126 Minuten äußerst kurzweilig daher kommt. Benedict Cumberbatch gibt im CGI-Dauerfeuer wieder eine gute Vorstellung ab, allerdings wird ihm vom Elizabeth Olsons Wanda, die der deutlich spannendere Charakter ist, oftmals die Show gestohlen. Überraschend groß fällt hingegen die Rolle von Xochitl Gomez aus, die die Jugendliche America Chavez verkörpert (Warum eigentlich dieser Vorname?). Leider bleibt der Charakter zu eindimensional und verkommt dadurch trotz der großen Screentime und der Wichtigkeit für die Geschichte zu einer Randnotiz. Neben Rückkehrern des ersten Teils wie Rachel McAdams, Chiwetel Ejiofor und Benedict Wong gibt es auch wieder einige Cameos zu sehen. Interessanterweise beziehen sich Kevin Feige und Co. dabei nicht nur auf bereits etablierte Marvel-Figuren, sondern geben bei mehreren Figuren auch einen Ausblick auf kommende MCU-Filme. Da zwei weitere große Hollywood-Stars hier ihren Einstand ins MCU feiern, spielt bald tatsächlich ganz Hollywood in Marvel-Filmen mit. Ach ja, und Raimi-Kumpel Bruce Campbell hat auch hier wieder einen Cameo-Auftritt, der bis zur Post-Credit-Scene für eine humorvolle Einlage sorgt.

 

Fazit

Die Vorfreude auf eine wilde Reise durch das Multiversum und Sam Raimis filmisches Comeback war groß und hat im Vorfeld für eine Erwartungshaltung gesorgt, der der Film nicht ganz gerecht werden kann. Dafür geht im 126-minütigen Dauerfeuer von „Doctor Strange 2“ doch zu viel verloren und der Geschichte fehlt es an Substanz, wo angesichts der spannenden Multiversumsgeschichte doch mehr möglich gewesen wäre. Nichtsdestotrotz ist „Doctor Strange 2“ ein kurzweiliges und sehenswertes Abenteuer geworden, dass unverkennbar die Handschrift seines Regisseurs trägt. Dabei erinnert der Film weniger an Sam Raimis „Spider-Man“-Trilogie als viel mehr an „Tanz der Teufel“, was die gruselige Atmosphäre und schrillen Einfälle untermauern. „Doctor Strange 2“ reizt sein PG-13-Rating voll aus und ist das horrorlastigste Kapitel des MCU (inklusive Jumpscares), kombiniert diese Düsternis aber stets mit der altbekannten MCU-Formel. Eine filmische Revolution sollte also keiner erwarten, wer auf Raimis Stil steht, wird aber auf seine Kosten kommen. Garniert wird das Ganze mit zahlreichen Cameos und einer tollen Elizabeth Olson, die als Scarlet Witch Benedict Cumberbatch mehr als einmal die Show stiehlt. Die MCU-Serie „WandaVision“ gesehen zu haben ist dabei aber Pflicht, Leuten die nicht sonderlich bewandert sind im MCU wird der Film ohnehin mehr als einmal Fragezeichen aufwerfen.

 

7/10


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Poster&Trailer: © Walt Disney