Nightmare Alley

Kino: 20.01.2022 | Laufzeit: 150 Minuten | FSK: 16 Land: USA, MEX, KAN | Genre: Drama, Thriller


Kritik

Mit dem Fantasy-Drama „Shape of Water“ gelang dem mexikanischen Regisseur Guillermo del Toro nach Hits wie „Hellboy“ und „Pans Labyrinth“ endlich der ganz große Wurf. 2018 räumte der Film ganze vier Oscars ab und gewann in den beiden Hauptkategorien als „Bester Film“ und „Beste Regie“, der Ritterschlag für den beliebten Filmemacher. Umso interessanter ist dadurch sein neues Werk „Nightmare Alley“, mit dem del Toro dem Fantasy-Genre den Rücken kehrt, um einen düsteren Neo-Noir-Thriller auf die Leinwand zu bannen. Dank seines Oscar-Sieges kann der Mexikaner für die Neuverfilmung des gleichnamigen Buches von William Lindsay Gresham aus dem Jahr 1946 (Der Roman wurde bereits im Jahr 1947 unter dem Namen „Der Scharlatan“ verfilmt), einen beeindruckenden All-Star-Cast vereinen. Und so geben sich Bradley Cooper, Cate Blanchett, Toni Colette, Rooney Mara, Willem Dafoe und viele weitere bekannte Gesichter wie Ron Perlman und David Strathairn die Klinke in die Hand. Gebracht hat es jedoch nichts, denn bei einem Produktionsbudget von 60 Millionen Dollar konnte der Film bislang lediglich 23 Millionen Dollar wieder einspielen. Ein kolossaler Flop, den der überlange, aber sehenswerte Streifen so nicht verdient hat.

 

„Nightmare Alley“ spielt in den 1940ern in einem fahrenden Zirkus, der sein Publikum mit allerlei Tricks sowie talentierten Akteuren und Akteurinnen unterhält. Dort geht Stanton Carlisle (Bradley Cooper) in die Lehre, um ein Gedankenleser bzw. Mentalist zu werden und mit seinen Betrügereien an Geld und Macht zu kommen. Dabei trifft er auf die undurchschaubare Psychiaterin Dr. Lilith Ritter (Cate Blanchett) und den mächtigen Geschäftsmann Ezra Grindle (Richard Jenkins).

In seinem neuen Werk verzichtet del Toro also auf seine üblichen Fantasiewesen und taucht hingegen in die abgründige Welt hinter den Kulissen eines Zirkus ein. Trotzdem versprüht auch „Nightmare Alley“ wieder den düsteren Charme der del-Toro-Filme, immerhin scheint das Setting wie gemacht für seinen Stil zu sein und so fällt zunächst die abgründige Stimmung und die schaurige Atmosphäre auf, die von tollen Sets getragen wird. Der hohe Produktionsaufwand zeigt sich bei den detaillierten Sets und im Verbund mit einigen erstklassigen Kamerafahrten und ein paar blutigen Gewaltspitzen ergibt sich insgesamt eine sehr gelungene Inszenierung, die mit ihrem altmodischen Stil sehr an alte Neo-Noir-Streifen erinnert.

Ebenfalls gelungen ist die oben zusammengefasste Geschichte, die sich quasi in zwei Hälften teilt. Der erste Abschnitt spielt im Zirkus und gibt dabei einen wunderbaren Einblick in die verkommene Zirkus-Welt, ohne dabei den fast familiären Zusammenhalt außer Acht zu lassen und das trotz aller Machtspiele im Hintergrund. Diese psychologisch angehauchte Narrative mit ihren undurchsichtigen Motiven und Charakteren ist es auch, die für eine gelungene Abwärtsspirale voller Täuschungen sorgt. Die zweite Hälfte wiederum spielt zwei Jahre nach Stantons Zirkuszeit und ist etwas weniger gelungen. Der zweite Abschnitt kann zwar mit Cate Blanchett und einem wirklich gelungenen Finale aufwarten, leidet allerdings auch unter einigen Längen, die sich im Mittelteil vermehrt einschleichen. Der ausufernden Laufzeit von 150 Minuten wird „Nightmare Alley“ nun mal nicht gerecht und der Film geht gut und gerne 15-30 Minuten zu lang. Dadurch entwickelt sich der Film ab und an zu einer zähen Angelegenheit und die Geduld der Zuschauer*innen wird auf die Probe gestellt. Schade, denn mit einer kürzeren Geschichte wäre definitiv mehr drin gewesen, dafür ist „Nightmare Alley“ in Sachen Story und Atmosphäre einfach zu gut.

Ein großes Hauptaugenmerk lag jedoch von Anfang an auf dem Cast, der sich wie bereits erwähnt, richtig sehen lassen kann. Bradley Cooper gibt als sinistrer Scharlatan eine sehr überzeugende Vorstellung ab und trägt den Film problemlos auf seinen Schultern. Dazu besitzt er eine herausragende Chemie zu seinem Co-Star Cate Blanchett, deren gemeinsame Szenen ein echtes Highlight darstellen. Während der Film selbst in den Nebenrollen mit schauspielerischen Schwergewichten wie Willem Dafoe, Toni Collette und Rooney Mara aufwarten kann, überzeugt neben Cooper und Blanchett gerade David Straithairn als dem Alkohol verfallener Mentalist. 

 

Fazit

Weder die vier Oscars für Guillermo del Toros Vorgängerfilm „Shape of Water“, noch der beeindruckende Cast um Bradley Cooper und Cate Blanchett konnten „Nightmare Alley“ am Ende vor einem Flop bewahren. Das ist durchaus schade, da der neue Film des mexikanischen Regisseurs absolut sehenswert geworden ist. Auf der einen Seite weiß die düstere Neo-Noir-Geschichte zu überzeugen, mit der del Toro beweist, dass er auch außerhalb des Fantasy-Genres seine Qualitäten einzusetzen weiß. Auf der anderen Seite steht der exzellente Cast, der sich durch die großen Namen nicht nur gut anhört, sondern gerade mit Bradley Cooper und Cate Blanchett (die eine fantastische Chemie zusammen besitzen) auch mit einigen hervorragenden Darbietungen aufwarten kann. Hinzu kommt ein hoher Produktionsaufwand, der sich sehen lassen kann und eine gelungene Inszenierung mit einigen tollen Kamerafahrten. Mein großer Kritikpunkt ist jedoch die Länge des Films. Mit seinen 150 Minuten ist der Film viel zu lang geraten und gerade in der Mitte schleichen sich doch einige Längen ein, wodurch der Film seine sinistre Faszination nicht durchgängig halten kann und am Ende eben „nur“ ein guter Neo-Noir-Thriller geworden ist.

 

7/10


Kommentare: 0

Poster&Trailer: © Walt Disney