Euphoria - Staffel 1

Staffelstart: 16.10.2019 | Anbieter: Sky Ticket | Episoden: 8 | FSK: 16 | Land: USA | Genre: Drama | Originaltitel: Euphoria


Kritik

Als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal von "Euphoria" gehört hatte, war ich zunächst skeptisch. Immerhin wurde die Serie als HBOs Antwort auf "Tote Mädchen lügen nicht" beschrieben, einer Serie die mich zu diesem Zeitpunkt noch vollkommen begeistert hatte. Die Sorge war groß, HBO würde nur auf den Zug der erfolgreichen und viel diskutierten Netflix-Serie aufspringen um auch etwas vom Kuchen abzuhaben. Doch HBO wäre nicht HBO, wenn sie nicht auch "Euphoria" zu einem Highlight machen würden. "Euphoria" basiert dabei auf einer gleichnamigen israelischen Serie und dreht sich um eine Gruppe von Schülern an einer High School, die in einem Sumpf aus Sex, Drogen und Gewalt, versuchen einen Sinn in ihrem Leben zu finden. Die HBO-Serie hat in den prüden USA bereits für zahlreiche Kontroversen gesorgt (immerhin sind einer Episode über 30 Penisse zu sehen) und kommt nun endlich auch nach Deutschland. Es wird Zeit, denn "Euphoria" ist eine phänomenal inszenierte Serie voller fantastischer Einzelmomente, die von ihrem herausragenden Hauptdarstellerinnen-Duo um Ex-Disney-Star Zendaya ("Spider-Man: Far from Home") und Newcomerin Hunter Shafer zusammengehalten wird.

 

Wie einst Miley Cyrus, Selena Gomez und viele weitere Disney-Stars, versucht nun auch Zendaya ihr Disney-Mädchen-Image abzulegen. Bislang kennt man die 23-jährige vor allem aus dem Musical "The Greatest Showman" und den beiden "Spider-Man"-Filmen mit Tom Holland, in denen sie Spideys Freundin MJ verkörperte. Wirklich herausstechen konnte Zendaya in diesen Rollen jedoch nicht. Das ändert sich nun aber schlagartig. In "Euphoria" spielt sie die drogenabhängige High School-Schülerin Rue, die zwischen wilden Drogenexzessen und manischen Depressionen mühelos wechselt. Dabei zeigt Zendaya wie viel Talent tatsächlich in ihr steckt, indem sie die Rolle nicht nur sehr überzeugend verkörpert, sondern trotz aller Probleme die ihr Charakter zweifelsfrei hat, bei den Zuschauern schnell Sympathien weckt. An ihrer Seite steht das Transmädchen Jules, die von Newcomerin Hunter Shafer gespielt wird. Die erst 19-jährige hat bislang nur auf dem Laufsteg und als Model Erfahrungen gesammelt, doch sie ist zweifelsfrei die Entdeckung der Serie. Shafer erweist sich immer wieder als Szenendieb und verleiht ihrem Charakter etwas engelhaftes, obwohl Jules mit ihren Sexualpartnern aus dem Internet und ihren enormen Naivität, alles andere als ein Engel ist. Gemeinsam bilden Zendaya und Hunter Shafer das Herzstück der Serie. Die Geschichte der beiden und ihre Liebe zueinander, ist einerseits sehr spannend und andererseits sehr faszinierend.

Wie viel Faszination von den beiden ausgeht, zeigt ein Blick auf die Episoden Fünf und Sechs der Serie. Dort verschiebt sich der Fokus der Erzählung etwas. Während Rue und Jules in den Hintergrund rücken, fokussiert sich die Serie stattdessen auf die zahlreichen Nebencharaktere. Mit mäßigem Erfolg. Keine der Nebenschauplätze sind wirklich schlecht, jedoch kommen die Geschichten nicht an die der beiden Hauptdarstellerinnen heran, was in dem Moment ein Problem wird, wenn sie plötzlich zwei Episoden tragen müssen. Glücklicherweise beschränkt sich das aber auf die zwei genannten Episoden der achtteiligen Serie, die ansonsten hervorragend gelungen ist. Die Handlung um die Schüler einer amerikanischen High School, deren Leben von Sex, Drogen und Gewalt bestimmt zu sein scheint, ist weit mehr als nur provokantes Fernsehen, sondern sorgt für einige überraschende Geschichten und Charaktere die eine spannende Entwicklung durchmachen. Von den Nebencharakteren bleibt insbesondere Kat in Erinnerung, die vom schüchternen, dicken Mädchen, zur selbstbewussten Frau mit einem Hang zum Fetisch wird. Da "Euphoria" vor keinem schwierigem Thema zurückschreckt, werden auch solche Dinge behandelt und explizit gezeigt, die man sonst in Filmen und Serien wenig bis gar nicht zu Gesicht bekommt. Während vor allem die weiblichen Charaktere genug Tiefe haben und spannende Geschichten bekommen, lässt sich ein klares Ungleichgewicht zu den männlichen Charakteren nicht verleugnen. Nate ist einer der wenigen Männer, deren Geschichte etwas mehr Tiefe bekommt, überzeugen kann dieser Bösewicht-artige Charakter jedoch nur selten. Der Vergleich zu Bryce Walker aus "Tote Mädchen lügen nicht" liegt nahe, immerhin lassen sich viele Parallelen zwischen den beiden "Bösewichten" herstellen. Nate ist jedoch schon am Rande einer Karikatur und wird meiner Meinung nach übertrieben böse in Szene gesetzt. Insgesamt weiß die Handlung von "Euphoria" jedoch zu überzeugen.

Was die Serie aber wirklich einzigartig macht, ist die Inszenierung. Showrunner Sam Levinson, der bei fünf der acht Episoden selbst Regie geführt hat, hat hier wirklich Großes erschaffen. Obwohl sein Spielfilm "Assassination Nation" nur wenig Anklang fand, mit dem er im vergangenen Jahr einen modernen Kultfilm erschaffen wollte. Das ändert sich mit seiner ersten Serie. "Euphoria" besitzt gleich eine ganze Reihe an absolut phantastischen Szenen. Von einem sich im Drogenrausch drehenden Gang in der Pilotepisode ("Inception" lässt grüßen), über eine "Magnolia"-Gedächtnisszene auf einem Jahrmarkt in Episode Vier, bis hin zum Musikvideo im Staffelfinale. Levinson brennt ein inszenatorisches Feuerwerk ab, wie ich es seit langer Zeit nicht mehr gesehen habe. Die dynamische Kamera sorgt für einen regelrechten Bilderrausch und macht auch vor Traum- und sogar Animeszenen nicht halt. Und so düster die Serie und die behandelten Themen auch sein mögen, der Humor kommt trotzdem nicht zu kurz. Szenen wie Zendayas Exkurs als Lehrerin, die zeigt worauf bei Penisbildern zu achten ist (Die ach so kontroverse Szene ist einfach urkomisch), sorgen immer wieder für Auflockerung. Doch was wirklich für den hypnotischen Sog der Serie sorgt, ist der sensationelle Soundtrack. Über 90 Songs hat Levinson in die gerade einmal acht Episoden gepresst, der dadurch zu einem wesentlichen Teil der Serie wird. Von den derbsten Rapsongs, die gerade in den Partyszenen für Gänsehaut-Momente sorgen, über Klassiker aus den Achtzigern und Neunzigern, bis hin zu gefühlvollen Balladen: Es ist alles dabei und der Soundtrack von "Euphoria" ist schlichtweg der beste den ich seit Jahren gehört habe. Dadurch entwickelt die Serie einen audiovisuellen Rausch, der einen nicht mehr loslässt.

 

Fazit

Eine Serie wie ein Rausch! Was "Euphoria" dank der dynamischen Kamera und dem sensationellen Soundtrack für ein audiovisuelles Spektakel kreiert, ist schlichtweg der Wahnsinn. Da verzeiht man der Serie auch einige schwächelnde Nebencharaktere, die gerade dann auffallen, wenn im Mittelteil der Fokus etwas zu sehr von den beiden Hauptcharakteren Rue und Jules wegdriftet, die einfach das Herzstück der Serie bilden. Zendaya zeigt hier erstmals ihr ganzes Talent und Newcomerin Hunter Shafer erweist sich als ständiger Szenendieb. Für die Beiden dürfte die Serie ihr endgültiger Durchbruch bedeuten. "Euphoria" ist dabei weit mehr als ein provokanter Abklatsch von "Tote Mädchen lügen nicht", sondern eine faszinierende Coming-of-Age-Serie voller interessanter Geschichten und Charaktere. "Euphoria" ist eine der besten Serien des Jahres und ich freue mich schon darauf, in der zweiten Staffel wieder in diese düstere Welt einzutauchen.

 

9/10


Kommentare: 1
  • #1

    Aileen (Freitag, 11 Februar 2022 19:12)

    Will diesen Film ab 13 kucken

Poster&Trailer: © HBO