The Handmaid's Tale - Staffel 3

Staffelstart: 05.09.2019 | Anbieter: Magenta TV | Episoden: 13 | FSK: 16 | Land: USA | Genre: Drama | Originaltitel: The Handmaid's Tale


Kritik

Es ist wirklich eine Schande. Während "The Handmaid's Tale" in den USA ein echter Hit ist und die erfolgreichste Serie des Streaming-Dienstes Hulu bleibt, versauert die Emmy- und Golden Globe-prämierte Serie hierzulande leider bei der Telekom auf MagentaTV. Wäre die dystopische Serie bei Netflix oder Prime Video untergekommen, hätte sie hierzulande wohl ähnliche Erfolge gefeiert. Denn "The Handmaid's Tale" sticht selbst in Zeiten des Peak TV deutlich aus der Masse hervor. Die ultra-düstere Serie ist harter Tobak und macht es dem Zuschauer mit einer schier endlosen Kaskade aus niederschmetternden Szenen alles andere als einfach, hat darüber hinaus aber so eine interessante Zukunftsvision eines religiösen Amerikas zu bieten, die gepaart mit vielen hoffnungsvollen Momenten, starken Charakteren, sowie brillanten Darstellern, die ganz großen Emotionen hervorrufen kann. Sowohl Staffel 1, als auch Staffel 2 waren schlichtweg großartig (beide 9/10) und es ist ein Segen, dass auch die dritte Staffel die hohe Qualität halten kann. Es gibt zwar im Verlauf der Staffel einige Tiefen durchzustehen, dafür bekommt der Zuschauer aber auch die besten Episoden der gesamten Serie zu Gesicht.

 

Im spannenden Finale der zweiten Staffel hatte June die Chance gemeinsam mit ihrer Tochter Nicole der Hölle von Gilead zu entfliehen, entschied sich jedoch dagegen, um ihre erste Tochter Hannah ebenfalls zu befreien. Eine Entscheidung die durchaus für geteilte Meinungen sorgte, immerhin hätte June auch aus Kanada heraus versuchen können, ihre Tochter zu befreien. Insgesamt wuchs mit dieser Entscheidung die Befürchtung, Showrunner Bruce Miller könnte die Serie nun künstlich in die Länge ziehen, während die Geschichte kaum noch Fortschritte macht. Glücklicherweise werden sämtliche Befürchtungen bereits in der überwältigenden ersten Episode der Staffel zerschlagen, die mit einigen drastischen Veränderungen daherkommt und zudem für einen ganzen Schwall großer Emotionen sorgt. Einen besseren Staffelauftakt kann man schlicht und ergreifend nicht hinlegen! June und die Waterfords gehen daraufhin getrennte Wege, zumindest für einige Zeit, während June bei Commander Lawrence unterkommt, dem Architekten von Gilead, der Emilie am Ende der zweiten Staffel zur Flucht verholfen hat. Die Drehbuchautoren gewähren June dabei deutlich mehr Freiheiten als jemals zuvor. Das mag zunächst vielleicht befremdlich wirken, tut der Serie aber sehr gut. Statt June weiterhin an ein Haus zu fesseln, darf sie sich zunehmends freier bewegen und unternimmt beispielsweise auch einen Ausflug in die Hauptstadt Washington. Gerade dieser zeigt dann auch wieder die perversen Seiten von "The Handmaid's Tale". Dort haben die Mägde ein Update erhalten und müssen nun vollkommen stumm, mit zugenähtem Mund leben. Es sind solche kaum erträglichen Szenen wie diese, die die Serie schon früher so niederschmetternd gemacht haben. Auch in der dritten Staffel muss man auf solche Szenen nicht verzichten, trotz allem gestaltet sich die Staffel noch einmal deutlich hoffnungsvoller als die beiden Vorgänger.

Kritik muss sich die dritte Staffel aber insbesondere wegen ihres langsamen Erzähltempos gefallen lassen. Eine Kritik die ich nur wenig nachvollziehen kann, immerhin waren auch die beiden Vorgänger recht langsam erzählt. Trotzdem bewegt sich die Hauptstory in der Mitte der Staffel wenig bis gar nicht voran, wodurch ich die Kritik immerhin verstehen kann. Die Staffel baut ihre abschließende Eskalation einfach sehr lange auf, erzählt bis dahin aber genug interessantes, dass man bis zuletzt sehr gut unterhalten wird. Dennoch muss sich Hulu fragen, ob das Format mit dreizehn Episoden der Serie so gut tut oder ob man nicht lieber die Anzahl der Episoden auf zehn reduziert. Im Prinzip also der gleiche Kritikpunkt, den ich auch immer bei Netflix äußere (siehe "13 Reasons Why"). Dadurch wäre die Staffel noch stärker geworden.

Von diesem kleinen Durchhänger in der Mitte einmal abgesehen, ist die dritte Staffel jedoch wieder eine Wucht, denn wenn der ganze Aufbau in ein solch phänomenales Finale mündet, war es die Zeit definitiv wert. Gerade die Episoden 11 und 13 stechen dabei hervor. in Episode 11 kommt es zu einigen lang-erwarteten und dramatischen Ereignissen, ehe die Staffel mit der ungemein spannenden und höchst emotionalen letzten Episode ein unfassbares Finale hinlegt. Eine Episode die sich definitiv am Ende des Jahres in meine Liste der besten Episoden des Jahres eintragen wird.

Eine weitere Stärke der Serie, die sich über die gesamte Staffel hinweg bemerkbar macht, ist die exzellente Charakterzeichnung. Waren in der ersten Staffel Gut und Böse (June und die Waterfords) noch klar getrennt, verwischen die Grenzen nun in mehr Grautönen. Allen voran Serena Joy hat eine enorme Wandlung hingelegt und bliebt trotzdem so ambivalent, dass man sich die ganze Zeit über nicht sicher sein kann, auf wessen Seite sie nun steht. Junes Wandel zur Anführerin schreitet dabei weiter voran und auf dem Weg überschreitet sie mehr als nur einmal eine Grenze. Gerade im späteren Verlauf der Staffel lassen sich einige Parallelen zu Bryan Cranstons "Breaking Bad"-Alter Ego Heisenberg erkennen, mit einer sehr deutlichen Referenz in Episode 12. Insgesamt bleibt June der Mittelpunkt der Serie und das ist auch gut so, immerhin wird die kämpferische Magd von Elisabeth Moss herausragend verkörpert, auch wenn man es mit der Vielzahl an böse dreinblickenden Close-Ups von June ein wenig übertreibt. Aber auch die anderen Charaktere sind ambivalent. Bei Ann Dowds Aunt Lydia machen sich beispielsweise Selbstzweifel breit und der Zuschauer bekommt einen ersten Exkurs wie ihr Leben vor dem Wandel aussah. Commander Lawrence, der vom Gaststar zu einem der Hauptcharaktere befördert wurde, hat als Architekt von Gilead die perfide Lebensweise erfunden und damit erst möglich gemacht, doch genau das sorgt für Schuldgefühle beim Commander der seine kranke Frau pflegt. Die starken Charaktere machen also eine große Faszination der Serie aus, schade nur, dass die Charaktere in Kanada, mit Ausnahme der zurückgekehrten Emilie, mit diesem Niveau nicht ganz mithalten können. Doch das dürfte sich spätestens jetzt mit dem Staffelfinale ändern.

Zu guter Letzt muss ich auch noch die herausragende Inszenierung hervorheben. Neben der tollen Musikauswahl, überzeugt wieder einmal der stimmige Look der Serie, sowie die exzellente Kameraarbeit, die für einige der schönsten Bilder des ganzen Serienjahres sorgt. Dazu gesellen sich die fantastischen Darsteller, allen voran Elisabeth Moss, Yvonne Strahowski und Ann Dowd, die auch die dritte Staffel wieder zu einem echten Highlight machen.

 

Fazit

Sicherlich kann man sich über das etwas zu langsame Erzähltempo in der Mitte der Staffel beklagen, wenn dies dann aber zu so einem phänomenalen Finale führt, war es die Zeit allemal wert. Denn letztendlich bekommt der Zuschauer mit Episode 1, 11 und 13 sogar die drei besten Episoden der gesamten Serie serviert. Die Geschichte ist niederschmetternd und hoffnungsvoll zugleich, die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und die Serie weckt weiter die ganz großen Emotionen. Dazu ein Lob an die exzellenten Darsteller, sowie an die fantastische Inszenierung der Serie. So hält "The Handmaid's Tale" auch in der dritten Staffel das überragende Niveau der Vorgänger (beide 9/10) und ist definitiv wieder eine der besten Serien des Jahres. 

 

9/10


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Poster&Trailer: © Hulu