Barbaren - Staffel 1

Staffelstart: 23.10.2020 | Anbieter: Netflix | Episoden: 6 | FSK: 16 | Land: DEU | Genre: Historie, Action | Originaltitel: Barbarians


Kritik

Die Varusschlacht im Teutoburger Wald gilt heute als eine der wichtigsten Schlachten der Antike. Im Jahr 9 nach Christus traf dort das überlegene römische Heer mit 15.000 Soldaten auf die vereinten, aber zahlenmäßig klar unterlegenen Germanen. Trotzdem gelang es den Barbaren, wie die Germanen von der Römern bezeichnet wurde, der Sieg und ihr 25-jähriger Anführer Arminius ging als erster deutscher Nationalheld in die Geschichte ein. Nun widmet Netflix dem historischen Stoff eine sechsteilige Serie und beweist damit erneut, wie viel Talent eigentlich in der deutschen Filmlandschaft herrscht. "Barbaren" ist nämlich so etwas wie die deutsche Variante von "Vikings" und kann generell überzeugen. Leider trüben einige Schwächen den ansonsten positiven Gesamteindruck.

 

Eigentlich ist es erstaunlich, dass erst jetzt jemand auf die Idee gekommen ist, die Geschichte der Varusschlacht zu verfilmen. Immerhin bietet die reale Geschichte eine beinahe perfekte Vorlage für ein Drehbuch alà Hollywood. Vielleicht zeigt es aber auch nur, wir schwer es solche Stoffe im zurecht umstrittenen Fördersystem der deutschen Filmindustrie haben. Netflix-Serien wie "Dark" oder "Barbaren" hätten über den klassischen Veröffentlichungsweg in Deutschland wohl nie das Licht der Welt erblickt. Allein dafür muss man Netflix bereits loben.

Jetzt zur Story: Der 25-jährige Germane Arminus wurde als Kind von den Römern von seinen Eltern getrennt und ist in Rom aufgewachsen und zum Offizier ausgebildet worden. Jahre später steht er seinen Landleuten im Teutoburger Wald gegenüber und verrät seine römischen Prinzipien um die Germanin Thusnelda zu heiraten, die Germanen zu vereinen und das Heer gegen die Römer anzuführen. Die Geschichte der titelgebenden Barbaren bietet also filmreifes Material und ein gern gesehenes Happy End. Und tatsächlich wird die Geschichte über weite Strecken gut erzählt. Die sechs Episoden besitzen eine gute Länge und nach ca. vier Stunden ist der Spaß bereits wieder vorbei, wodurch "Barbaren" sehr kurzweilig daherkommt. So überzeugend die Verfilmung realer Ereignisse auch sein mag, so unnötig ist das hinzudichten eines Liebesdreiecks. Der Charakter Folkwin Wolfspeer ist eine fiktive Figur, die im Gegensatz zum realen Vorbild, ein Liebesdreieck mit Arminius und Thusnelda bildet. Natürlich ist "Barbaren" keine Dokumentation und die Serie nimmt sich auch an anderen Stellen kreative Freiheiten, was vollkommen in Ordnung geht, "Barbaren" hätte jedoch auch ohne diese Liebesgeschichte sehr gut funktioniert. Zumal Folkwin von allen der schwächste Charakter ist. Das geht auch auf die Kappe von Schauspieler David Schütter, der mich als schmieriger Anwalt in "4 Blocks" noch überzeugen konnte, hier jedoch keine gute Figur abliefert. Auch Jeanne Goursaud als Thusnelda ist über lange Zeit ein zweischneidiges Schwert, ehe sie in der finalen Schlacht dann doch sehr überzeugt. Währenddessen sind Schauspieler wie der Arminius-Darsteller Laurence Rupp oder der Italiener Gaetano Aronica als römischer Anführer Varus auf ganzer Linie überzeugend. Diese qualitativen Gegensätze betreffen jedoch nicht nur die Schauspieler sondern auch andere Stellen der Serie. Den Dialogen zum Beispiel. Während die römischen Dialoge allesamt auf Latein mit deutschen Untertitel gesprochen werden und sehr überzeugend klingen, sind die deutschen Dialoge der Barbaren von einigen Problemen umgeben. Diese klingen zu modern und der damaligen Zeit nicht angemessen, sind dabei also von Anfang bis Ende der Serie immer wieder ein Störfaktor. Auch bei den Kostümen bemerkt man ein klares Ungleichgewicht. Während die römischen Kostüme allesamt großartig aussehen, sind es auch hier die Barbaren deren Kleidung zu sauber wirkt. Generell benehmen sich die Barbaren zu kultiviert und sympathisch. Mehr Ecken und Kanten hätten den Figuren gut getan.

Wer bei den Barbaren aber ein Auge zudrücken kann, dürfte jedoch vortrefflich unterhalten werden. Dafür ist die Story gut genug erzählt und die Inszenierung kann sich wirklich sehen lassen. Die ersten vier Episoden werden von der Österreicherin Barbara Eder inszeniert, die der Serie einen düsteren Anstrich verleiht und einen gelungenen visuellen Stil vorgibt. Die letzten beiden Episoden stammen vom Iren Steve Saint Leger, einem "Vikings"-Veteran der dort bereits Schlachten inszenieren durfte. Die letzte Episode "Die Schlacht" ist dann auch das Highlight der Serie. Natürlich darf man hier kein zweites "Game of Thrones" oder "Vikings" erwarten, die Varusschlacht sorgt jedoch für ein blutiges Gemetzel und ein tolles Voice-Over das Gänsehaut garantiert. Für die großen Vorbilder fehlen jedoch ein paar Millionen um aus der Schlacht ein großes Spektakel zu machen. Das zeigt auch ein Blick auf die Länge der Schlacht. Während sich das reale Vorbild über drei Tage erstreckte, wird die Schlacht hier in zwei größeren Kampfszenen abgehandelt. Daran kann man sich stören, jedoch sind solche Szenen enorm teuer und aufwändig zu drehen. "Game of Thrones" hatte seine Schlachten in den ersten beiden Staffeln sogar komplett übersprungen. Als Finale taugt die verkürzte Varusschlacht also trotzdem sehr gut.

 

Fazit

Den mittelmäßigen Stimmen zum Trotz hatte ich sehr viel Spaß mit "Barbaren". Dafür ist die deutsche Netflix-Serie gut genug erzählt und die Inszenierung kann sich sehen lassen. Gerade die Varusschlacht am Ende der Staffel ist sehr gelungen, obwohl man aus Budgetgründen natürlich kein zweites "Game of Thrones"-Spektakel erwarten darf. Stören kann man sich jedoch an den zahlreichen qualitativen Schwankungen innerhalb der Serie. Die Schauspieler schwanken zwischen dem starken Laurence Rupp und dem schwachen David Schütter, den tollen lateinischen Dialogen der Römer stehen die unpassenden deutschen Dialoge der Germanen gegenüber und während die Ausstattung der Römer hervorragend ist, kommen die Barbaren doch etwas zu zivilisiert daher. Und natürlich hätte man sich das hinzugedichtete Liebesdreieck um den ohnehin nervigen Folkwin komplett sparen können. Trotz der Schwächen hat mich "Barbaren" in seinen kurzweiligen vier Stunden gut unterhalten und einer zweiten Staffel steht hoffentlich nichts im Wege, immerhin bietet die reale Geschichte noch genug Vorlage für ein oder zwei weitere Staffeln.

 

7/10


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Poster&Trailer: © Netflix