Locke & Key - Staffel 1

Staffelfinale: 07.02.2020 | Anbieter: Netflix | Episoden: 10 | FSK: 12 | Land: CAN, USA | Genre: Fantasy, Drama


Kritik

Nachdem sich Netflix zu Beginn des Jahres erst einmal um die Fortsetzungen der beiden Hit-Serien "You" und "Sex Education" gekümmert hat, erscheint nun mit "Locke & Key" die erste große Neuerscheinung auf dem Portal des Streaming-Giganten. Keine zwei Monate nach dem Fantasy-Hit "The Witcher" dürfen sich die Kunden also erneut auf ein Fantasy-Spektakel freuen, das im Vorfeld als eine Mischung aus "Stranger Things", "Spuk in Hill House", sowie "The Chilling Adventures of Sabrina" beschrieben wurde. "Locke & Key" ist eine Verfilmung der gleichnamigen Graphic Novels von Autor Joe Hill und vermischt eine klassische Comic-of-Age-Geschichte mit der Magie einer Fantasy-Welt. So richtig will das Konzept der Serie jedoch nicht aufgehen. "Locke & Key" verzichtet gänzlich auf die Horror-Elemente der Vorlage und eignet sich dadurch eher für ein jüngeres Publikum. Die Probleme der Serie liegen jedoch insbesondere bei Netflix' eigentlichem Steckenpferd, der Comic-of-Age-Geschichte, sowie zahlreichen Drehbuchschwächen. Das große Potenzial der Geschichte, kann die neue Netflix-Serie dadurch leider nicht abrufen.

 

"Locke & Key" dreht sich um die Familie Locke, bestehend aus den drei Geschwistern Tyler, Kinsey und Bode, sowie ihrer Muter Nina, die nach dem Mord am Vater der Familie auf sich allein gestellt ist. Dabei beginnt die Familie einen Neuanfang in einer beschaulichen Kleinstadt und im sagenumwobenen "Keyhouse", einem prächtigen Haus, in dem die Locke-Familie bereits seit Generationen zuhause ist. Schnell entdecken die drei Geschwister jedoch den Grund für den eigenwilligen Namen des Hauses, als sie auf mehrere magische Schlüssel und eine böse Kreatur stoßen. Der Start der neuen Netflix-Serie gestaltet sich als überaus interessant. Das tragische Schicksal der Familie und die gewohnte Außenseiterrolle in der neuen Stadt machen es dem Zuschauer recht leicht in die Serie zu starten, spannend ist jedoch vor allem der Ansatz mit den magischen Schlüsseln, die von Anfang an das Interesse des Zuschauers wecken. Das Mysterium um diese Schlüssel und die Vergangenheit des Vaters machen schnell den Reiz der Serie aus, leider verzetteln sich die drei Showrunner Meredith Averill, Aron Eli Coleite und Carlton Cuse schnell in uninteressanten Nebensächlichkeiten. Denn der Fantasy-Part steht die meiste Zeit über nicht im Fokus, sondern die Familiengeschichte der vier Lockes. Netflix hat sich inzwischen ja einen Namen gemacht was Teenie-Serien angeht und hat das Publikum mit Serien wie "Sex Education", "Stranger Things", "Tote Mädchen lügen nicht" und vielen weiteren Beispielen in ihren Bann gezogen, weil sie scheinbar immer wieder Wege gefunden haben, das Comic-of-Age-Genre neu zu definieren. In "Locke & Key" verläuft dieser Part jedoch sehr generisch und kann nur selten richtig überzeugen. Die Charaktere bleiben flache Stereotypen und die uninspirierten Geschichten der beiden Geschwister Tyler und Kinsey können kaum überzeugen. Ganz schlimm steht es aber um die Mutter. Wer damals dachte Skyler White aus "Breaking Bad" wäre die nervigste Mutter der Seriengeschichte, hat die Rechnung ohne "Locke & Key" gemacht. Der nervige Charakter stolpert zehn Episoden lang unbeholfen durch die Serie und ist am Ende der Staffel keinen Meter weitergekommen. Setzen 6! Der überzeugendste Hauptcharakter ist hingegen der junge Bode, da mit ihm immer wieder die Fantasy-Einschübe kommen und diese sind wirklich gelungen. Die Funktionsweisen der einzelnen Schlüssel sind immer wieder spannend und es sind diese magische Einschübe, die einen als Zuschauer dran bleiben lassen. Leider liegt der Fokus unverständlicherweise jedoch nicht auf eben jenen Schlüsseln und wenn gegen Ende der Staffel endlich alle Fronten feststehen, wird von den Schlüsseln kaum Gebrauch gemacht. Der Einsatz der Schüssel erfolgt genauso unkreativ wie die Comic-of-Age-Geschichte, dabei hätte gerade der finale Kampf von einer kreativen Kombination der verschiedenen Fähigkeiten der Schlüssel enorm profitiert. Scheinbar waren sich die Macher dem Potenzial dieser Schlüssel selbst nicht bewusst und trafen stattdessen einige haarsträubende Drehbuchentscheidungen. Dass der Großteil der Handlung am Ende vorhersehbar ist? Geschenkt. Doch einige wirklich dämliche Entscheidungen der Charaktere, gerade in der vorletzten Episode, machen es dem Zuschauer wirklich nicht einfach, der Serie wohlwollend gegenüberzustehen. Am Ende ist es ein konstanter Wechsel zwischen gelungenen und verschenkten Momenten und man wird das Gefühl nicht los, dass hier viel mehr drin gewesen wäre. Wer nach einer Horrorserie sucht, kann übrigens getrost weiter im üppigen Netflix-Katalog suchen. Mit "Spuk in Hill House" hat die Serie nämlich nur entfernt etwas zu tun. Gegruselt habe ich mich zu keiner Zeit.

Auch den Schauspielern gelingt es nicht etwaige Drehbuchschwächen zu kaschieren. Netflix hat sich dazu entschieden, keine bekannten Gesichter für die Serie zu casten. Die Darsteller der drei Geschwister Connor Jessup, Emilia Jones und Jackson Robert Scott machen zwar insgesamt eine solide Figur, richtig sympathisch werden dem Zuschauer die drei Hauptcharaktere aber nicht. Schlimmer steht es um die bereits angesprochene Figur der Mutter, die wenig überzeugend von Darby Stanchfield verkörpert wird und um Bösewichtin Laysla De Oliveira. Die erinnert optisch etwas an Yennefer aus der "Witcher"-Serie, kann darstellerisch aber überhaupt nicht punkten. Allerdings ist ihr flacher Charakter so abgrundtief böse, dass er auch fast schon einer Karikatur gleicht. Die beiden Neben-Bösewichte um Thomas Mitchell Barnet und Felix Mallard sind ebenso formelhaft konzipiert und können ebenfalls nicht überzeugen. Es wirkt fast so als hätten die Drehbuchautoren keine Ahnung davon, wie man interessante und tiefgreifende Charaktere kreiert.

So schwach die Darsteller letztlich auch sind und so sehr der Geschichte auch ihr Fokus fehlt, in einer Sache kann man "Locke & Key" keinen Vorwurf machen. Optisch sieht die Serie wirklich hervorragend aus. Sämtliche CGI-Effekte sind gelungen und die Ausstattung des "Keyhouses" ist exzellent. Wer auf eine hochwertige Fantasy-Optik steht und für den eindimensionale Charaktere kein Problem sind, der kann also durchaus einen Blick auf "Locke & Key" werfen.

 

Fazit

So viel verschenktes Potenzial! Mit einem stärkeren Fokus auf den gelungenen Fantasy-Part der Serie und mit Charakteren die mehr sind als nur eindimensionale Abziehbildchen, hätte "Locke & Key" das Zeug zu einem echten Fantasy-Hit gehabt. Stattdessen flaute mein Interesse an der eigentlich interessanten Grundidee mit jeder Folge ab, da die Serie mit ihrem ganzen Potential einfach nichts anzufangen weiß. Das Drehbuch wird immer dämlicher und vorhersehbarer, die Bösewichte sind lächerliche Karikaturen und die Hauptcharaktere erwecken auch wegen der mäßigen Schauspielleistungen kaum Sympathien. Alles in allem also ein Serienstart der, trotz seiner gelungenen Optik, schnell wieder in Vergessenheit geraten wird.

 

6/10


Kommentare: 0

Poster&Trailer: © Netflix