Halo - Staffel 1

Staffelfinale: 19.05.2022 | Anbieter: Sky Ticket | Episoden: 9 | FSK: 16 | Land: USA | Genre: Action, Sci-Fi


Kritik

Seit über 20 Jahren gehört die Science-Fiction-Videospielreihe „Halo“ zum festen Repertoire der Xbox. Und seit 2013 ist auch eine Verfilmung des Ego-Shooters um die Abenteuer des Supersoldaten Master Chief geplant, die nun nach einer langen Entwicklungszeit endlich das Licht der Welt erblickt. Und um es gleich vorwegzunehmen: Meine einziger Berührungspunkt mit der Videospielreihe sind die ersten zwei Stunden des aktuellsten Teils „Halo: Infinite“, wo ich dank des Game Passes mal reinschnuppern konnte. Allerdings haben auch zwei Recaps der „Halo“-Story im Vorfeld nichts genutzt, denn die ebenso komplexe wie verwirrende Geschichte ist definitiv nicht für Neueinsteiger geeignet. Entsprechend gespannt war ich im Vorfeld dieser Serie, die die Abenteuer des Master Chiefs von Anfang an erzählen würde. Der bisher größten und erfolgreichsten Serie des Streamingdienstes Paramount+, dessen Inhalte in Deutschland auf Sky zu sehen sind, gelingt es auch ziemlich gut, mich erstmals für die Sci-Fi-Geschichte zu interessieren. Nach einem holprigen Start, kann sich „Halo“ nämlich mit jeder Episode steigern.

 

„Halo“ spielt im 26. Jahrhundert in einem von Menschen besiedelten Universum. Als die Allianz, ein Zusammenschluss mehrerer außerirdischer Völker der Menschheit den Krieg erklärt, setzt das United Nation Space Command (UNSC) seine Supersoldaten, genannt Spartans, ein. Einer von ihnen ist Master Chief John-117 (Pablo Schreiber), der ein mysteriöses Artefakt entdeckt, dass den Ort der ringförmigen Waffe Halo preisgeben könnte.

Ich weiß nicht, ob die Videospielvorlage erst nach 14 Teilen so komplex wurde oder ob die Realverfilmung die Geschichte stark vereinfacht, jedenfalls kommt die Serie deutlich simpler daher. Im Kern erzählt die „Halo“-Serie vom klassischen Gut-gegen-Böse-Konflikt zwischen der Menschheit und einer Alien-Rasse sowie vom Wandel eines gefühllosen Supersoldaten zum emphatischen Helden. Hinzu kommt ein mysteriöses Artefakt und fertig ist das ein Mal eins des Science-Fiction-/Action-Genres. Das „Halo“ trotz allem zu überzeugen weiß, liegt vor allem an den Charakteren, die einiges an Ambivalenz mitbringen. So zum Beispiel die skrupellose Leiterin des Spartan-Programms Dr. Catherine Halsey (Natascha McElhone) oder die undurchsichtige Gesegnete Makee (Charlie Murphy), ein Mensch im Dienst der Allianz. Und dazwischen steht die K.I. Cortana (ebenfalls Natascha McElhone), die dem unbeliebten Sprachassistenten von Windows ihren Namen gab und zur Unterstützung (?) des Master Chiefs eingesetzt wird. Der tritt in der Serie übrigens ungewohnt häufig ohne seinen ikonischen Helm auf. Anders als die Videospiele gibt die Serie seinem Protagonisten ein Gesicht und dient damit als Gegenentwurf zu „The Mandalorian“, dessen Hauptfigur kaum den Helm ablegt. Eine Entscheidung, die sicher nicht jedem Fan gefallen wird, allerdings die Vermenschlichung des Charakters noch einmal unterstreicht. Zumal die Macher mit Pablo Schreiber einen Darsteller gefunden haben, der nicht nur die Physis des Supersoldaten mitbringt, sondern über genügend schauspielerisches Talent verfügt, um seinem gefühlskalten Charakter ausreichend Charisma zu verleihen. Und so kann sich die Geschichte um den Konflikt mit der Allianz und der tragischen Hintergrundgeschichte der Spartans immer weiter steigern. Nach anfänglicher Skepsis entwickelt sich die Serie innerhalb der neun Episoden zu einem mitreißenden Werk, dass mich spätestens mit den letzten beiden Episoden gehookt hat. Trotz der simplen Geschichte gelingt es den Machern also sehr gut, ihren Charakteren Leben einzuhauchen.

Wenn da das Wörtchen „Wenn“ nicht wäre. Denn da gibt es ja noch einen Elefanten im Raum: Kwan Ha (Yerin Ha). Das 16-jährige Mädchen begegnet dem Master Chief in der Pilotepisode, als ihr Heimatplanet Madrigal von der Allianz heimgesucht wird und ihre gesamte Familie ums Leben kommt. Nach diesem zunächst noch überzeugenden Start erzählt die „Halo“-Serie ihre Geschichte parallel zur Hauptstory um den Master Chief weiter, wirft dabei aber nur Fragezeichen auf. Ihre Rückkehr nach Madrigal und ihr Kampf gegen den Gouverneur Vinsher (Burn Gorman) ist nicht nur vollkommen uninteressant, sondern trägt auch überhaupt nichts zur eigentlichen Geschichte bei. So wirkt ihre Storyline, die in Folge 7 in einer fragwürdigen Solo-Episode zu einem vorläufigen Abschluss gebracht wird, seltsam losgelöst vom Rest der Staffel und ich habe mich gefragt, was der ganze Quatsch überhaupt soll? Hier muss die bereits angekündigte zweite Staffel dringend Antworten liefern oder ihre Screentime stark reduzieren.

In Sachen Produktionsqualität kann sich die Sci-Fi-Serie durchaus sehen lassen, mit einem Budget von ca. 10 Millionen Dollar pro Episode hat Paramount das nötige Geld definitiv in die Hand genommen. Dieses Budget führt zwar zu einem generell hochwertigen Look, es reicht aber nicht aus, um gänzlich ohne Schwächen auszukommen. Gerade die Actionszenen hinterlassen einen zwiegespaltenen Eindruck. Ihnen fehlt oftmals das letzte Quäntchen Budget, um überzeugend rüberzukommen und die Effekte hinterlassen in den taghellen Setpieces öfters den digitalen Eindruck eines Videospiels. Trotz einiger Momente aus der Ego-Perspektive, die sich die Macher auch hätten sparen können, war es sicherlich nicht das Ziel der Serie, visuell wie die Videospiele auszusehen. Hinzu kommt, dass den Actionszenen das nötige Gewicht fehlt und einige Sprünge und Einschläge nicht immer gelungen Aussehen. Trotzdem ist „Halo“ weit davon entfernt, als B-Movie zu gelten, immerhin sieht die Serie die meiste Zeit über gut aus und auch die überraschend spärlich eingesetzte Action macht immer wieder Spaß.

 

Fazit

Meine Erfahrungen mit der Videospielvorlage beschränken sich auf zwei Stunden „Halo: Infinite“ und zwei Recaps der „Halo“-Story, bei denen ich nur Bahnhof verstanden habe. Entsprechend gespannt war ich, die Sci-Fi-Story endlich von Anfang an mitverfolgen zu können. Im Kern erzählt die Realverfilmung eine simple Gut-gegen-Böse-Geschichte und vom Wandel eines gefühllosen Supersoldaten zum empathischen Helden, schafft es aber, sich mit jeder Episode weiter zu steigern. Dass sich „Halo“ spätestens in den letzten beiden Episoden zu einer mitreißenden Serie entwickelt, liegt vor allem an den tollen und teils ambivalenten Charakteren um Dr. Catherine Halsey, Makee, Cortana und den Spartans um Master Chief John-117. Getrübt wird der eigentlich gelungene Eindruck durch die Storyline von Kwan Ha, deren Geschichte seltsam losgelöst vom Rest der Staffel erzählt wird und entsprechend nichts zu eigentlichen Geschichte beiträgt. Hier muss die zweite Staffel dringend die Frage beantworten, was der ganze Quatsch überhaupt soll und Paramount täte gut daran, das Budget noch ein klein wenig höher zu setzen. Während die Serie visuell eigentlich überzeugen kann, fehlt es den Actionszenen teilweise an Gewicht und die Effekte sehen etwas zu digital aus. Trotzdem bin ich überraschend angetan vom Auftakt der Sci-Fi-Serie und freue mich tatsächlich sehr auf die zweite Staffel.

 

7/10


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Poster&Trailer: © Paramount+