Pam & Tommy - Miniserie

Staffelfinale: 09.03.2022 | Anbieter: Disney+ | Episoden: 8 | FSK: 16 | Land: USA | Genre: Drama, Biopic


Kritik

An der Seite von David Hasselhoff avancierte Pamela Anderson in ihrem legendären roten Badeanzug aus der Hitserie „Baywatch“ zum größten Sexsymbol der Neunziger. Doch gerade als sie aus ihrem Rollentypus ausbrechen und als Hauptdarstellerin im Film „Barb Wire“ durchstarten möchte, lernt Anderson den wilden Skandal-Schlagzeuger Tommy Lee der Band „Mötley Crüe“ kennen. Lee und Anderson heiraten vier Tage (!) nach ihrem Kennenlernen und nehmen in ihren Flitterwochen ein berühmt-berüchtigtes Sex-Tape auf, was kurz darauf an die Öffentlichkeit gelangt. Nun erzählt die achtteilige Miniserie „Pam&Tommy“ die Geschichte, die hinter dem Tape steckt, welches Andersons Privatleben und Karriere ordentlich durcheinanderwirbelte. Und das auf Disney+! Das ausgerechnet Disney sich einem solchen Thema widmet, ist außergewöhnlich und darf durchaus als Gezeitenwende beim ewigen Familienunternehmens bezeichnet werden. Ein Wandel, der jedoch gerade Recht kommt, zumal „Pam&Tommy“ eine außergewöhnlich tolle Miniserie geworden ist.

 

Da ich mich Mitte der Neunziger noch nicht für irgendwelche Sex-Tapes interessierte, sondern erst einmal den Kindergarten besuchte, war die Geschichte hinter „Pam&Tommy“ völlig neu für mich. Natürlich habe ich ein paar „Baywatch“-Episoden gesehen, allerdings habe ich erst Jahre später verstanden, welchen Status die Serie und Pamela Anderson damals innehatten. „Pam&Tommy“ erzählt die Geschichte aber aus zwei Perspektiven: Zum einen aus der Sicht von Tommy Lee und Pamela Anderson, von ihrem Kennenlernen bis zu ihren Eheproblemen. Zum anderen aus der Sicht von Handwerker Rand Gauthier, der das Sex-Tape damals gestohlen und verbreitet hatte. Ein überaus interessanter Ansatz der Macher*innen, denn anfangs steht Tommy Lee als kompletter Unsympath und Pamela Anderson als naive Blondine da, während Rand ein nachvollziehbarer Grund für seine Taten gegeben wird. Diese Sympathien wandeln sich jedoch im Laufe der Staffel, weswegen einige verärgerte Stimmen nach den ersten drei Episoden vielleicht etwas vorschnell geurteilt haben. Dass Pamela Anderson sich im Vorfeld gegen die Serie gestellt hat, ist trotzdem nachvollziehbar, immerhin will sie das Sex-Tape nicht erneut im Zentrum des Interesses haben. Allerdings gelingt es den Macher*innen um „I, Tonya“-Regisseur Craig Gillespie hervorragend, Andersons öffentliche Bloßstellung durch das Tape und die Auswirkungen auf ihr Leben zu zeigen, weswegen das Publikum sehr mit ihr mitfühlt. Während Anderson also das tragische Herz der Geschichte bildet, kommt Tommy Lee nicht ganz so gut weg, da er die Bloßstellung seiner Ehefrau nicht begreift. Trotzdem bringt das Publikum auch für seine Figur und trotz einer wirklich ekelhaften Einführung seines Charakters Verständnis auf. Die streitbarste Figur der Serie ist wohl die von Rand Gauthier. Zwar wird dieser sich seiner Taten im Verlauf der Serie bewusst, kommt am Ende trotzdem zu sympathisch und gut weg. Das ist einer von einer Reihe an kleineren Schnitzern, die sich die Miniserie erlaubt, zu denen auch gehört, dass es „Pam&Tommy“ nicht immer schafft, seinen Schwung aufrechtzuerhalten. Insgesamt ist die Story jedoch sehr unterhaltsam und zeichnet auch gelungen den Weg des damals gerade aufkommenden Internets nach. Gerade zu Beginn glänzt die Serie dabei als ein wilder und humorvoller Ritt, der später einer traurigeren und düsteren Stimmung weichen muss. „Pam&Tommy“ ist durch seine Thematik sicherlich eine streitbare Serie, mir haben die acht Episoden jedoch sehr gut gefallen.

 

Hauptsächlich liegt das an den schlichtweg überragenden Darsteller*innen, denn was Lily James und Sebastian Stan hier abliefern, hat so ziemlich jeden Preis der Serienwelt verdient. Lily James ist nicht gerade die erste Schauspielerin, die mir eingefallen wäre, um Pamela Anderson zu verkörpern, doch das großartige Make-up sorgt für eine atemberaubende Verwandlung, dank der die Britin kaum wiederzuerkennen ist. Und Sebastian Stan, der von seinen Kolleginnen und Kollegen immer als ruhiger und zurückhaltender Typ beschrieben wird, darf als exzentrischer und lauter Skandal-Rocker komplett durchdrehen. Gemeinsam geben die beiden ein herausragendes Duo ab, welches die Miniserie problemlos trägt. Auch Seth Rogen kann als heruntergekommener Handwerker Rand überzeugen und liefert in einer dramatischen Rolle eine überzeugende Vorstellung ab, ohne jedoch an die Klasse von James und Stan heranzureichen. Generell muss aber noch einmal das Casting und das Make-up gelobt werden, da neben Anderson und Lee auch weitere berühmte Persönlichkeiten wie US-Moderator Jay Leno oder Hugh Hefner sehr nahe an ihre realen Vorbilder herankommen. Hier hat Disney also ganze Arbeit geleistet!

 

Fazit

Eine Serie über ein Sex-Tape von Disney+? Das darf durchaus als Gezeitenwende beim ewigen Familienunternehmen bezeichnet werden! Die achtteilige Miniserie „Pam&Tommy“ ist aller anfänglichen Kritik zum Trotz aber sehr sehenswert geworden, denn die Geschichte hinter dem berühmt-berüchtigten Tape ist definitiv eine, die sich zu erzählen lohnt. Den Macher*innen um „I, Tonya“-Regisseur Craig Gillespie gelingt es hervorragend, die anfänglichen Sympathien im Lauf der Serie zu drehen und dafür zu sorgen, dass das Publikum sehr mit Pamela Anderson mitfühlt. Seth Rogens Charakter, der am Ende vielleicht etwas zu gut wegkommt, oder der mitreißende Schwung der Serie, der nicht immer gehalten werden kann, gehören zu den kleineren Schwächen des Formats. Allerdings werden diese von den überragenden Hauptdarsteller*innen ausgeglichen! Lily James ist als Pamela Anderson nicht wiederzuerkennen und glänzt an der Seite von Sebastian Stan als Tommy Lee, der hier wunderbar durchdrehen darf. Zwei herausragende Performances, die für jeden Serienpreis des Jahres nominiert werden müssen! Und so überzeugt „Pam&Tommy“ als eine ebenso unterhaltsame wie traurige Geschichte über das vielleicht berühmteste Video der Neunziger.

 

8/10


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Poster&Trailer: © Hulu / Disney