Cabinet of Curiosities - Staffel 1

Staffelfinale: 28.10.2022 | Anbieter: Netflix | Episoden: 8 | FSK: 16 | Land: USA | Genre: Horror 


Kritik

Lasset die Guillermo Del Toro-Festspiele beginnen! Bevor im Dezember seine schon jetzt gefeierte Neuauflage von „Pinocchio“ auf Netflix landet, kommen wir etwas mehr als einen Monat zuvor in den Genuss seiner Anthologieserie „Cabinet of Curiosities“. Regie führt der Oscarpreisträger dabei zwar nicht, dafür tritt er mit seinen kurzen Einführungen über das Thema der jeweiligen Folge selbst in der Serie auf. Die Inszenierung überlässt der Mexikaner acht aufstrebenden Horror-Regisseur:innen die mit Filmen wie „Mandy“, „The Empty Man“ und „Der Babadook“ bereits selbst für Furore gesorgt haben. Obwohl es der Serie manchmal etwas an Schwung fehlt, geht die Rechnung am Ende auf und „Cabinet of Curiosities“ ist eine Netflix-Serie geworden, die durchaus einen Blick wert ist.

 

Als eine interessante Wahl für die Pilotepisode von „Cabinet of Curiosities“ erweist sich „Los 36“ (6/10). Von Horror fehlt hier über weite Strecken jegliche Spur, stattdessen wird eine politisch aufgeladene Geschichte über einen rassistischen Irakkriegsveteran erzählt, der einige rätselhafte Besitztümer aus einem Lagerraum veräußert. Tim Blake Nelson verkörpert den unsympathischen Hauptcharakter richtig gut, allerdings führt die ganz interessante Geschichte zu einer eher unspektakulären Auflösung und einem etwas abrupten Ende. Regisseur Guillermo Navarro, der bei vielen Del Toro-Filmen wie „Pan's Labyrinth“ der Kameramann war, gelingt daher nur ein solider Einstieg in die Serie.

Eine bessere zweite Episode gelingt „Cube“-Regisseur Vincenzo Natali mit „Friedhofsratten“ (7/10). Nach einem zunächst noch wirren Start kann sich die Geschichte über einen Grabräuber, der bei einem nächtlichen Raub auf eine aggressive Rattenplage stößt, immer weiter steigern. Mit dem Hauptcharakter der ersten Episode teilt der Grabräuber das Motiv für seine Taten, da auch er Geld verdienen muss, um seine Schulden zu begleichen. Im Gegensatz zur ernsten Stimmung von „Los 36“ kommt die Folge aber deutlich witziger daher und das Kreaturendesign kann sich ebenfalls sehen lassen.

Die bisher beste Episode liefert dann „The Empty Man“-Regisseur David Prior mit „Die Autopsie“ (8/10) ab. Die Geschichte von Drehbuch-Veteran David S. Goyer handelt von einem Forensiker, der seinem Freund und Sheriff bei der Aufklärung einer mysteriösen Mordserie unterstützt. Die sehr spannende erste Hälfte der Episode ist ein düsterer Thriller im Stile von „Sieben“, während die schaurige zweite Hälfte mehr an „Alien“ erinnert und für große Anspannung sorgt. Die tolle Inszenierung mit ihrem großartigen Sounddesign und den hochwertigen Spezialeffekten rundet diese erstklassige Episode wunderbar ab.

In eine ganz andere Richtung geht „Das Äußere“ (7/10) von „A Girl Walks Home Alone At Night“-Regisseurin Ana Lily Amirpour. Darin benutzt eine mit sich unzufriedene Bankangestellte eine Schönheitscreme, die allerdings nicht ohne Nebenwirkungen auskommt. Vom Klischee einmal abgesehen, dass die erste Regisseurin der Serie eine Episode über das Aussehen und Schönheitsprodukte inszeniert, ist die groteske und absolut weirde Episode aber definitiv unterhaltsam. Dan Stevens als schmieriger TV-Verkäufer und ihr Schönheitswahn weckt Erinnerungen an „Requiem for a Dream“ und bis zum Schluss ist nicht abzusehen, wohin ihre „Die Fliege“-Transformation letztlich führt.

Keith Thomas, Regisseur der verissenen Stephen King-Verfilmung „Firestarter“, inszeniert die fünfte Episode „Pickmans Modell“ (6/10). Dafür adaptiert er eine Kurzgeschichte von H. P. Lovecraft, über einen Kunststudenten, der bei einem Blick auf die Werke seinen introvertierten Kollegen den Sinn für die Realität verliert. Mit Ben Barnes und Crispin Glover ist die Episode stark besetzt, allerdings kommt die Handlung kaum in die Gänge und so verfehlt auch das eigentlich ganz gelungene Ende seine Wirkung. 

H. P. Lovecraft die Zweite. Auch Catherine Hardwicke, Regisseurin des ersten „Twilight“-Films, nimmt sich einem Stoff des berühmten Autoren an und inszeniert die sechste Episode der Serie, „Träume im Hexenhaus“ (6/10). Dabei dürfen sich alle „Harry Potter“-Fans auf die Rückkehr von Rupert Grint freuen, den ich zum ersten Mal außerhalb seiner Ron Weasley-Rolle sehe. Sein Charakter sucht nach dem Tod seiner Zwillingsschwester nach dem Tor in eine übernatürliche Welt, um sie zurückzuholen. Grint spielt den besessenen Forscher ganz gut und die Parallelen zu „Harry Potter“ mit der komischen menschlichen Ratte, der toll designten Hexe und dem Zauberstab in Del Toros Intro sind ganz witzig. Durch die lahme Handlung hat die Episode letztlich aber nur wenig zu bieten.

Außergewöhnlich wird es in der vorletzten Episode von „Mandy“-Regisseur Panos Cosmatos. Wie beim abgedrehten Film mit Nicolas Cage setzt Cosmatos auf Synthesizer-Sounds, rot-orangene Lichtstimmungen, verwaschene Bilder und 80er-Atmosphäre. Das Ergebnis ist ungemein fesselnd, da „Die Besichtigung“ (7/10) über lange Zeit sehr kryptisch bleibt, da ein wohlhabender Mann seinen vier kultivierten Gästen ein einmaliges Erlebnis bieten will. Der dialoglastige Vorlauf führt letztlich auch zu einem gelungenen Ende und die Episode ist bis dato die zweitbeste der Serie. Nur der Aufbau der unterschiedlichen Charaktere läuft etwas ins Leere, wodurch leider Potenzial verschenkt wurde.

Zu guter Letzt legt „Der Babadook“-Regisseurin Jennifer Kent ein starkes Finish hin. Mit ihrer Episode „Das Rauschen“ (8/10) adaptiert sie eine Kurzgeschichte von Guillermo Del Toro persönlich, in der ein Vogelkundlerpaar in einem abgelegenen Haus ihren Studien nachgeht. Wem es bisher zu wenig Grusel gab, ist hier an der richtigen Adresse, da Jennifer Kent von Anfang an eine schaurige Horroratmosphäre etabliert. Im Zentrum steht allerdings die überraschend emotionale Geschichte der vorherigen Hausbesitzer sowie des Ehepaares, die durch die großartigen Darbietungen von Essie Davis und „The Walking Dead“-Star Andrew Lincoln die Episode zur besten der Serie machen.

 

Fazit

Guillermo Del Toro lädt das Netflix-Publikum in sein Kabinett der Kuriositäten ein. In bester „X-Factor“- und Alfred Hitchcock-Manier stimmt der Oscarpreisträger sein Publikum mit einem ebenso kurzen wie charmanten Intro auf die jeweilige Geschichte ein. Dann übernehmen die fünf aufstrebenden Regisseure und drei Regisseurinnen das Ruder, die mit ihren Horrorfilmen wie „Mandy“, „The Empty Man“ und „Der Babadook“ bereits Erfahrungen im Genre gesammelt haben. Die acht Episoden bzw. Kurzfilme der Anthologieserie schwanken wie gewohnt bei der Qualität ihrer Geschichten und kommen insgesamt etwas zu innovationsarm sowie nur wenig gruselig daher. Dafür ist die Serie ausreichend budgetiert und die Effekte und Kreaturen können sich wirklich sehen lassen. Hinzu kommt die Beteiligung einiger toller Darsteller:innen. In der letzten und besten Episode zeigen Essie Davis und „The Walking Dead“-Star Andrew Lincoln ihr ganzes Können, während sich das Publikum auch über die Auftritte von Ron Weasley aka Rupert Grint, sowie Ben Barnes, Crispin Glover und vielen mehr freuen darf. „Cabinet of Curiosities“ erfindet das Horrorrad dabei zwar nicht neu und fühlt sich zwischendurch etwas zäh an, passt thematisch aber hervorragend zu Guillermo Del Toros Schaffen. Episode eins, fünf und sechs bekommen von mir eine 6/10, die Episoden zwei, vier und sieben eine 7/10, während die beiden Highlightepisoden drei und acht (je 8/10) die Serie zu einer insgesamt sehenswerten Nummer abrunden.

 

7/10


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Poster&Trailer: © Netflix