Staffelstart: 22.08.2022 | Anbieter: WOW | Episoden: 10 | FSK: 16 | Land: USA | Genre: Fantasy, Drama
Kritik
„Game of Thrones“ vs. „Der Herr der Ringe“. „House of the Dragon“ vs. „Die Ringe der Macht“. Der große Fantasy-Showdown beginnt!
Es zeugt schon von großem Selbstbewusstsein, dass HBO sein aufwendiges Serienprojekt für den 21. August ankündigte, nur kurze Zeit nachdem Amazon den Start seines Prestige-Projekts auf den 2. September festgelegt hatte. Und so kommen alle Fantasy-Fans in den kommenden zehn Wochen in den Genuss der zwei hochkarätigsten Serien seit dem Ende von „Game of Thrones“. „House of the Dragon“ wird mit seinen zehn Episoden sowohl früher starten als auch später enden, während die acht Episoden von „Die Ringe der Macht“ innerhalb von sieben Wochen über die heimischen Bildschirme flimmern werden. Wie die Konkurrenz muss aber auch die HBO-Serie ein schweres Erbe antreten, immerhin ist die Mutterserie die größte Serie aller Zeiten, die die Serienwelt in Sachen Schauwerte zudem für immer verändert hat. Gleichzeitig gilt es für den amerikanischen Pay-TV-Sender aber auch darum, Wiedergutmachung für das misslungene „Game of Thrones“-Finale zu leisten. Ob es ihnen gelingt, die enttäuschten Zuschauer noch einmal für das Franchise zu begeistern, werden wir in den kommenden zehn Episoden erfahren, die ich jeden Montag mit meinen Recaps begleiten werde.
Episode 1 - The Heirs of the Dragon - 8/10
Mit viel Blut, Sex und Drachen ist heute Nacht die erste Episode des „Game of Thrones“-Prequels „House of the Dragon“ erschienen. 172 Jahre vor dem irren König und der Geburt Daenerys Targaryens sitzt der gütige König Viserys Targaryen (Paddy Considine) auf dem eisernen Thron, für dessen Nachfolge sein impulsiver Bruder Daemon (Matt Smith) und seine unscheinbare Tochter Rhaenyra (Milly Alcock) infrage kommen. Im Gegensatz zur Mutterserie fokussiert sich das Spin-off stark auf dieses Trio sowie das Haus Targaryen und verweilt ausschließlich in King’s Landing, weshalb die Pilotepisode einen intimeren Blick auf Westeros gibt. Davon abgesehen erinnert die Episode jedoch stark an „Game of Thrones“ von Schauwerten, die problemlos an die letzten Staffeln anknüpfen können, bis hin zum Soundtrack von Ramin Djawadi, der zahlreiche seiner bekannten Melodien zitiert. Anders als beispielsweise „Better Call Saul“, das sich stets von „Breaking Bad“ abgehoben hat, bleibt „House of the Dragon“ deshalb noch sehr nah am Vorgänger. Highlight der Episode ist der Szenenwechsel zwischen einem blutigen Ritterturnier und einer nicht minder blutigen Geburt, die von „Game of Thrones“-Veteran und Co-Showrunner Miguel Sapochnik gewohnt stark in Szene gesetzt wird. Damit gelingt es ihm, dem neuen Showrunner Ryan Condal sowie dem wieder mehr involvierten George R.R. Martin, bereits nach kurzer Zeit eine fesselnde, clever geschriebene und absolute Runde Pilotepisode abzuliefern. Den großen Schock des „Game of Thrones“-Piloten mit dem vom Turm stürzenden Bran, gibt es zwar nicht, trotz meiner hohen Erwartungen fällt der vielversprechende Auftakt aber fast schon überraschend stark aus!
Episode 2 - The Rogue Prince - 8/10
Der König ist tot, lang lebe der König! Die Pilotepisode von „House of the Dragon“ legte die erfolgreichste Premiere der HBO-Geschichte und den größten Serienstart des Jahres hin. Da war es ein Leichtes für HBO, bereits jetzt die zweite Staffel in Auftrag zu geben. Nachdem wir in der letzten Woche noch auf ein Intro verzichten mussten, gibt es nun auch wieder einen Vorspann, der sich mit seinen Bächen von Blut lediglich stilistisch etwas von der Mutterserie abhebt. Der Titelsong ist hingegen der Gleiche wie beim legendären „Game of Thrones“-Intro. Das habe ich so auch noch nicht gesehen, aber wie heißt es so schön? Never change a running system! Und dann verdichtet sich in der zweiten Episode auch noch die Handlung um die erste weibliche Thronerbin Rhaenyra und ihren abtrünnigen Onkel Daemon, was in einem ziemlich epischen Aufeinandertreffen der beiden mündet. Im Fokus steht jedoch König Viserys, der durch einen aufziehenden Krieg unter Druck gerät und durch die Eheschließung mit dem erst zwölfjährigen Valyrien-Spross für starke Allianzen sorgen soll. Es geht also weiter sehr politisch zu bei „House of the Dragon“ und trotz des hohen Tempos, das eher an die letzten „Game of Thrones“-Staffeln erinnert, gelingt es den Autoren beeindruckend gut, der Handlung und den einzelnen Figuren genügend Spielraum zu geben. Jetzt liegen aber erst mal alle Augen auf Amazon, die am Freitag mit einer Doppelfolge von „Die Ringe der Macht“ den Fantasy-Showdown endgültig vom Zaun brechen. Der Druck ist allerdings hoch, denn die zweite Folge von „House of the Dragon“ kann auch ohne Actionszene den bärenstarken Eindruck der Pilotepisode bestätigen!
Episode 3 - Second of His Name - 9/10
Auf die Frage, ob ihnen die ersten beiden Episoden von „House of the Dragon“ oder von „Die Ringe der Macht“ besser gefallen haben, haben in meiner Instagram-Umfrage 55% für das „Game of Thrones“-Prequel gestimmt. Ein überraschend knapper Punktsieg, der am Ende aber meinen Ersteindruck widerspiegelt (8/10 gegen 6,5/10). In dieser Woche könnte die HBO-Serie ihren Vorsprung weiter ausbauen, denn tatsächlich steht uns das erste Highlight ins Haus! Über weite Strecken erzählt die dritte Episode die intime Geschichte zwischen Viserys und seiner Tochter Rhaenyra weiter, deren Beziehung sich nach einem knapp dreijährigen Zeitsprung (!) und der Geburt eines männlichen Erben von ihrer ehemaligen besten Freundin Alicent weiter verschlechtert hat. Nach diesen starken Vater-Tochter-Szenen und einigen "interessanten" Heiratsvorschlägen, kommen am Ende all jene zum Zug, die in der letzten Woche die Action vermisst haben. Der Showdown zwischen Publikumsliebling Daemon und dem Krabbenspeiser, kommt dabei zu einem überraschenden Ergebnis: Der angeteaserte große Bösewicht der Staffel segnet bereits in der dritten Folge das Zeitliche, in der ersten spektakulären und blutigen Schlachten-Szene der noch jungen Serie. Der frühe und wortlose Abgang des Charakters wird bestimmt nicht jedem gefallen, zeigt aber ganz gut, dass die Serie eben keinen zweiten Nachtkönig aufbauen will, sondern die Familiengeschichte der Targaryens im Zentrum steht. Mit der Beseitigung dieser vergleichsweise kleinen Bedrohung schwingt sich „House of the Dragon“ dann auch zu neuen Höhen auf!
Episode 4 - King of the Narrow Sea - 7/10
Obwohl mir die ersten drei Episoden von „House of the Dragon“ etwas besser gefallen haben als von „Die Ringe der Macht“, möchte ich zu Beginn dieser Recap über meine Sorgen bezüglich der Zukunft der Serie sprechen. Immerhin hat in der letzten Woche der Co-Showrunner und gefeierte „Game of Thrones“-Veteran Miguel Sapochnik überraschend das Handtuch geworfen. Obwohl mit Alan Taylor bereits Ersatz verpflichtet wurde, bin ich gespannt darauf, ob sich sein Ausstieg in der zweiten Staffel qualitativ bemerkbar macht. Und dann sind da ja noch die bevorstehenden großen Zeitsprünge und Darstellerwechsel, bei denen es ebenfalls interessant werden wird, wie diese Wechsel vom Publikum aufgenommen werden. Zumal Milly Alcock und Emily Carey als Rhaenyra und Alicent bislang eine mehr als überzeugende Performance abliefern. Bevor es soweit ist, steht nach reichlich Blut, Feuer und Drachen in den vergangenen Wochen, aber erst einmal der Sex im Vordergrund. Dabei wartet die vierte Episode nicht nur mit viel nackter Haut und kontroversen Geschlechtspartner:innen auf, sondern bringt darüber hinaus die Entwicklung der Charaktere voran. Gerade Rhaenyra und Alicent bekommen Stärken und Schwächen zugeschrieben, die ihren Charakteren mehr Facetten verleihen. Auch Viserys zeigt, dass er sich nicht so leicht täuschen lässt wie zuvor angenommen und beweist damit mehr Stärke denn je. Stoff für eine überaus interessante Episode, die mich jedoch nicht ganz so mitgerissen hat wie ihre drei Vorgänger. Wobei ich das Gefühl habe, dass hier Dinge in Gang gesetzt werden, die erst in den kommenden Wochen ihre volle Wirkung entfalten werden.
Episode 5 - We Light the Way - 8/10
Halbzeit im Fantasy-Duell! Nach jeweils der Hälfte der Episoden führt „House of the Dragon“ weiterhin mit einer 8/10 gegen „Die Ringe der Macht“ mit einer 7/10. Doch nächste Woche steht die HBO-Serie an einem Scheidepunkt: Gelingt es den Macher:innen, den großen Zeitsprung und den damit einhergehenden Wechsel der Darsteller:innen gut zu verpacken? Oder fahren sie vieles, was Milly Alcock und Emily Carey in den letzten Wochen so großartig aufgebaut haben gegen die Wand? Immerhin muss ich auch mal erwähnen, für wie stark ich das Casting der Serie halte. Neben den beiden Powerfrauen, die definitiv einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, überzeugt nämlich auch Matt Smith, als provokanter Publikumsliebling sowie Paddy Considine, der als zerrissener König sogar die beste Leistung des Ensembles abliefert. Bevor die Serie zehn Jahre in die Zukunft springt, schreibt „House of the Dragon“ aber erst einmal sein bislang dunkelstes Kapitel. Immerhin brodelt es innerhalb der Figurenkonstellation gleich an mehreren Stellen, was dann auch zu einer spannenden Eskalation führt. Klar, eine zweite „Red Wedding“ darf hier niemand erwarten, die blutige Vermählung ist allerdings äußerst düster und niederschmetternd in Szene gesetzt. Der einzige Kritikpunkt an dieser sonst so gelungenen Folge ist lediglich der schnelle Wandel von Ser Christon, dessen Wutausbruch ein wenig aus dem Nichts kommt und nicht wirklich zu seiner bisher vorgestellten Figur passt. Nachdem ich in der Vorwoche mit meiner 7/10 vielleicht etwas zu hart zur Serie war, kehrt „House of the Dragon“ in dieser Woche aber zu seiner verdienten Bewertung zurück.
Episode 6 - The Princess and the Queen - 7/10
Die Woche der Wahrheit ist gekommen: Mit der sechsten Episode vollzieht „House of the Dragon“ seinen zehnjährigen Zeitsprung und tauscht zwei seiner Hauptdarstellerinnen aus. Statt Milly Alcock spielt nun Emma D’Arcy Rhaenyra Targaryen, während Olivia Cooke anstelle von Emily Carey in die Rolle ihrer Widersacherin Alicent Hightower schlüpft. Beide sind nun merklich erwachsener geworden und ihr angespanntes Verhältnis ist im letzten Jahrzehnt auf den Gefrierpunkt abgekühlt. Zumal ihr Konflikt über die Thronfolge auch auf ihre Kinder übergegangen ist, wodurch wir es hier langsam mit einer waschechten Targaryen-Fehde zu tun bekommen. Entsprechend wird die Stimmung der HBO-Serie auch immer düsterer und bedrückender, obwohl die Eskalation der Ereignisse noch gar nicht eingetreten ist. Der Wechsel der Darstellerinnen gelingt der Serie dabei ziemlich gut, da beide direkt zeigen können, was sie schauspielerisch drauf haben. Gerade der Wechsel zu Olivia Cooke geht fast schon unmerklich vonstatten, während ich mich an die neue Rhaenyra aber schon erst mal gewöhnen muss. Letztlich wirkt die Folge ohnehin wie eine zweite Pilotepisode, da sie die meiste Zeit damit verbringt, den neuen Status quo zu etablieren und kommende Ereignisse vorzubereiten. Deshalb haben wir es hier nicht mit der spektakulärsten oder besten Folge von „House of the Dragon“ zu tun, aber der schwierige und äußerst ungewöhnliche Wechsel in der Staffelmitte entpuppt sich glücklicherweise nicht als K.O.-Kriterium für die Fantasy-Serie. Und so können die letzten vier Episoden nun bedenkenlos folgen!
Episode 7 - Driftmark - 9/10
Nach seinen sechs Highlight-Episoden von „Game of Thrones“ (unter anderem „Battle of the Bastards“ und „Hardhome“), verabschiedet sich der scheidende Co-Showrunner Miguel Sapochnik nun mit seiner dritten und letzten „House of the Dragon“-Episode von Westeros. Zum Abschluss inszeniert Sapochnik zwar keine Schlacht, darf aber wieder all jenen Zuschauern auf den Zeiger gehen, die die Serie entweder im gleißenden Sonnenlicht schauen oder nicht wissen, wie man den Fernseher richtig einstellt. Ansonsten sind seine dunklen Bilder nämlich kein Problem. Sapochnik beendet sein Engagement trotzdem mit einem echten Highlight, denn obwohl ich nach der fantastischen Episode am Freitag eher gespannt auf die neue Folge von „Die Ringe der Macht“ war, zog mich „House of the Dragon“ mit der Beerdigung von Laena Velaryon sofort wieder in seinen Bann. Was folgt, ist alles andere als ein Unterhaltungsformat, denn die HBO-Serie wird mit jeder Woche immer finsterer und kälter. Die Fronten verhärten sich einfach immer weiter und die sich anbahnende Tragödie sorgt für eine immense Anspannung, die sich zumindest teilweise in dieser Episode entlädt. Der Drachenklau des Alicent-Sprosses Aemond, die kämpfenden Kinder und die Eskalation zwischen Rhaenyra und Alicent sorgen gleich für mehrere Highlights und da habe ich über das Finale der Episode noch kein Wort verloren. Die grandiose siebte Episode von „House of the Dragon“ ist unglaublich intensiv, stark gespielt und noch stärker geschrieben und avanciert damit zur bisher besten Episode der Staffel!
Episode 8 - The Lord of the Tides - 9/10
Nach der großartigen und intensiven Episode der Vorwoche legt „House of the Dragon“ mit der achten Folge nach und agiert damit allmählich auf dem gleichen Niveau wie einst die erste Staffel der Mutterserie. Wobei die bisher längste Episode der Staffel weniger intensiv und finster daherkommt als in der vergangenen Woche. Stattdessen erleben wir das zutiefst tragische und emotionale Ende von König Viserys. Man mag den todkranken König stets für schwach gehalten haben, die Münze, die bei der Geburt eines Targaryen geworfen wird, lag bei ihm aber definitiv auf der guten Seite. Und so kommt es in dieser Folge zu zwei fantastischen Momenten: Zum einen, wenn der schockierend entstellte Viserys zum letzten Mal in den Thronsaal marschiert, um der Hightower-Farce ein Ende zu bereiten, inklusive eines emotionalen Moments mit seinem Bruder Daemon und dem größten Schock der Episode. Zum anderen bei seinem letzten Abendmahl im Kreise seiner entzweiten Familie, wo Alicent und Rhaenyra sich und ihrem Ehemann/Vater einen berührenden Moment des Friedens gönnen. Getragen werden Viserys finale Augenblicke von einem überragenden Paddy Considine, der aus dem starken Cast schon immer den besten Eindruck hinterließ, hier aber wahrlich über sich hinauswächst. Und so hat mich die achte Episode von „House of the Dragon“ zutiefst getroffen und für die eine oder andere Träne gesorgt. Hoffnung gibt es für die Beteiligten trotzdem nicht, was der wieder aufbrechende Streit der jungen Erben nur verdeutlicht. Und damit Bühne frei für die neunte Episode, die bei „Game of Thrones“ immer legendär war!
Episode 9 - The Green Council - 9/10
Ned Starks Hinrichtung, die Red Wedding, die Schlacht der Bastarde und viele mehr. Die neunte Episode von „Game of Thrones“ konnte stets für unvergessliche Momente sorgen. Und so viel vorweg: So eine legendäre Episode kann „House of the Dragon“ nicht liefern, schaut man sich aber den wahnsinnigen Trailer zum Staffelfinale an, scheint es dafür in der nächsten Woche so richtig abzugehen. Interessant war im Vorfeld die starke Zweiteilung der letzten beiden Folgen. So dreht sich „The Green Council“ ausschließlich um Team Grün in King’s Landing, während bei „The Black Queen“ Team Schwarz in Dragonstone im Vordergrund stehen soll. Während Rhaenyra also erstmals mit Abwesenheit glänzt, inszeniert Regisseurin Clare Kilner einen waschechten Thriller um die Thronfolge, der nach dem Tod von Viserys vom Zaun bricht. Nach den fatalen letzten Worten des Königs gelingt es den Beteiligten, dessen Tod so lange geheim zu halten, bis Aegon auf dem Thron sitzt… Die Episode kommt insgesamt eher ruhig, dafür aber auch umso spannender daher, Ramin Djawadi darf der Serie erstmals wieder mit einem Gänsehaut-Thema seinen Stempel aufdrücken und bei einer jetzt schon berüchtigten Szene dürfte Quentin Tarantino wahre Freudensprünge gemacht haben. Diskussionen gibt es vor allem um Rhaenys Entscheidung am Ende. Davon abgesehen, dass sie mit ihrem spektakulären Auftritt hunderte unschuldige Zivilisten tötet, kann ich ihre Entscheidung nach dem vernünftigen Gespräch mit Alicent aber nachvollziehen, auch wenn sie hier den kommenden Krieg mit einem Wort hätte verhindern können. Vielleicht nicht die eindeutigste 9/10, aber das Niveau der Serie ist seit Episode 7 einfach extrem hoch!
Episode 10 - The Black Queen - 9/10
“They Season 8'd the Finale!” Was konnte man sich im Vorfeld des Staffelfinales von „House of the Dragon“ nicht alles anhören, nachdem die Episode bereits am Freitag geleakt wurde. Letzten Endes entpuppt sich der geballte Twitter-Hass von einigen beleidigten Fans aber als heiße Luft. Der Streitpunkt ist nämlich eine Szene, die gegenüber dem Buch nur minimal verändert wurde. Während im Buch Aemond Lucerys absichtlich tötet, verliert Aemond in der Serie kurz die Kontrolle über seine Drachendame. Als Nicht-Buchleser wäre mir dieses Detail gar nicht bewusst gewesen, aber jetzt, wo ich die Buchzeilen kenne, muss ich sogar sagen, dass mir die Serienversion eindeutig besser gefällt. Aemond kommt mit seiner fiesen Augenklappe und dem gigantischen Drachen ohnehin wie ein comichafter Bösewicht daher, da tut es seinem Charakter sogar sehr gut, wenn ihm hier eine Schwäche/Facette gegeben wird. Zumal Aemond sich im Laufe des Krieges ja noch zum teuflischen Antagonisten entwickeln kann. Das Gleiche gilt für Daemon in der ebenfalls viel diskutierten Würgeszene. So charismatisch der Bad Boy auch sein mag, die Gewalt gegen Rhaenyra passt absolut zu seinem Charakter, in Anbetracht dessen, dass er damals seine eigene Ehefrau kaltblütig ermordet hat. Vom etwas holprigen Pacing der Episode abgesehen, hat die Episode also nicht im Geringsten mit den Problemen der achten „Game of Thrones“-Staffel zu kämpfen. Davon abgesehen ist das Staffelfinale nicht ganz das erhoffte 10/10-Highlight geworden, ebnet aber endgültig den Weg für den Tanz der Drachen. Und nachdem die Effekte nicht immer den hochwertigsten Eindruck hinterlassen haben, sind die letzten Minuten der Folge wahrlich spektakulär geworden!
Fazit
Zehn Wochen lang hat „House of the Dragon“ mit den hervorgerufenen Reaktionen und Diskussionen das alte „Game of Thrones“-Gefühl wieder heraufbeschwören können. Mit einer tollen Handlung und starken Charakteren ist es den beiden Showrunnern Ryan Condal und Miguel Sapochnik gelungen, das Interesse für die Intrigen in Westeros nach dem kontroversen Finale der Mutterserie erneut zu entfachen. Dabei konnte mich „House of the Dragon“ von der ersten Folge an in seinen Bann ziehen, ehe das Spin-off ab Episode 7 noch mal einen qualitativen Sprung nach oben gemacht hat. Der alleinige Fokus auf die Targaryens war zunächst ungewohnt, dafür haben die vielen Zeitsprünge und gerade der riskante Darstellerwechsel in der Staffelmitte aber umso besser funktioniert. Das Fantasy-Duell gegen „Die Ringe der Macht“ (7/10) entscheidet die HBO-Serie daher klar für sich, obwohl die Qualität der Effekte und die teils verwaschenen Bilder nicht ansatzweise mit der visuellen Opulenz der Amazon-Serie mithalten konnten. Dafür hat das Charakterdrama umso besser funktioniert, zumal die beiden Alicent- und Rhaenyra-Darstellerinnen eine hervorragende Performance abgeliefert haben. Was natürlich auch für die Nebendarsteller um Matt Smith und ganz besonders den großartigen Paddy Considine gilt. Im Vergleich zu „Game of Thrones“ kann die Serie durchaus das Niveau der ersten Staffeln erreichen, was ich vielleicht gehofft, aber niemals erwartet hatte. Lediglich ein unvergessliches Highlight wie der Tod von Ned Stark fehlt „House of the Dragon“ bislang. Dafür fühlt sich die Staffel zu sehr wie ein Prolog an, deren nun entfesselter Krieg aber beinahe grenzenloses Potenzial bietet!
9/10
Poster&Trailer: © HBO