Resident Evil - Staffel 1

Staffelstart: 14.07.2022 | Anbieter: Netflix | Episoden: 8 | FSK: 16 | Land: DEU, USA | Genre: Horror, Action


Kritik

Die Videospielreihe „Resident Evil“ kommt auf bisher zehn Spiele sowie diverse weitere Ableger und hat in den letzten Jahren nicht nur zahlreiche Comics und mehrere Animationsserien hervorgebracht, sondern auch jede Menge Filme. Von 2002 bis 2016 erschienen insgesamt sechs Realverfilmungen mit Milla Jovovich und Regisseur Paul W.S. Anderson, die aus der eigentlichen Horrorreihe stylische Actionreißer machten, ehe erst vor wenigen Monaten mit dem fehlgeschlagenen „Welcome to Racoon City“ ein Reboot in die Wege geleitet wurde. Qualitativ überzeugen konnte bisher jedoch keine Verfilmung, wodurch sich meine Erwartungen an den Serienversuch von Netflix in Grenzen hielten. Viele „Resident Evil“-Fans schienen sich dennoch Hoffnungen zu machen, andernfalls sind die geradezu verheerenden Stimmen des Publikums nicht zu erklären, die die Serie in Grund und Boden stampfen. Und obwohl ich nie auch nur einen Teil der Videospielvorlage gespielt habe, kann ich die Frustration der Fangemeinde dennoch verstehen. Denn auch die Netflix-Serie pfeift auf die Vorlage und kreiert lieber ihr eigenes Ding, was auch in der achten (!) Realverfilmung in Folge kolossal in die Hose geht.

 

Die „Resident Evil“-Serie spielt in zwei Zeitebenen: Im Jahr 2022 ziehen die beiden Schwestern Billie (Siena Agudong) und Jade (Tamara Smart) mit ihrem Vater und Umbrella-Mitarbeiter Albert Wesker (Lance Reddick) in die Planstadt New Racoon City, wo sie den gefährlichen Experimenten des Unternehmens auf die Schliche kommen. Im Jahr 2036 hat der T-Virus den Großteil der Menschheit zu blutrünstigen Monstern gemacht und die inzwischen 30-jährige Jade Wesker (jetzt: Ella Balinska) kämpft um den Fortbestand ihrer Rasse.

Während die Serie also fröhlich zwischen den beiden Zeitebenen umherspringt, lässt sich die Intelligenz der Handlung mit einer Szene aus der Pilotepisode ganz gut beschreiben. Darin brechen zwei 14-jährige Teenager "bewaffnet" mit einer Sprachaufnahme ihres Vaters und zwei Kopftaschenlampen in den sensiblen Bereich eines milliardenschweren Konzerns ein, die ihre streng geheimen Experimente wohl hinter dem schlechtesten Sicherheitssystem aller Zeiten zu verstecken versuchen. Dass die beiden Schwestern dabei aus dem Nichts ihren eigenen Vater hintergehen, der auch noch für alle seine privaten und geschäftlichen Geräte das gleiche Passwort benutzt, lassen wir zusätzlich mal so stehen. Jedenfalls steht diese Facepalm-Sequenz sinnbildlich für den Rest der Serie, der es nur selten gelingt, ihre dämliche Story zu verstecken und für Interesse oder gar Spannung zu sorgen. Dass die Gegenwartsgeschichte trotzdem besser als der Zukunftsteil funktioniert, liegt an der eigentlich recht gelungenen Familiengeschichte. Zwar ist der Schwesternkonfilkt vorhersehbar und die ständigen Stimmungsschwankungen der beiden sind sogar recht albern (Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft sich die beiden Schwestern gezankt und danach wieder lieb gehabt haben), insgesamt kann das Familiendrama aber noch am ehesten punkten. Das liegt aber auch in großen Teilen an der Vaterfigur Albert Wesker, der Fans der Vorlage ein Begriff sein dürfte, immerhin ist er in den Videospielen der große Bösewicht. In der Serie hält Albert Wesker jedoch eine deutlich ambivalentere Rolle inne, was ihn zum besten Charakter der Serie macht. Zumal Darsteller Lance Reddick auch die überzeugendste Performance abliefert. Das Gleiche lässt sich von seiner Umbrella-Chefin Evelyn Marcus (Paola Nunez) nicht behaupten, die so abgrundtief böse dargestellt wird, dass sie eher wie eine Karikatur wirkt. Der miserable Charakter zehrt an den Nerven des Publikums und ist so schlecht geschauspielert, dass sie den lächerlichen Tiefpunkt des Ensembles darstellt. 

Im Jahr 2036 rennt mit dem exzentrischen Mr. Baxter (Turlough Convery) auch das passende Gegenstück von ihr herum, der ebenfalls so dermaßen böse ist, dass er gerne mal ein ganzes Camp niederballern lässt. Subtil ist die „Resident Evil“-Serie definitiv nicht und die Grenzen zwischen Gut und Böse werden mehr als deutlich abgesteckt. Das bringt uns dann auch zur älteren Variante von Jade Wesker, die so etwas wie die Heldin der Geschichte sein soll, was aufgrund unzähliger Last-Minute-Rettungen, einer konstruierten Geschichte und einer talentfreien Darstellerin aber nicht aufgehen will. Wenn dann auch noch (Spoiler) total überraschend ihre Schwester wieder auftaucht, bilden die beiden ein furchtbares Duo mit schauspielerischen Leistungen auf dem Niveau einer Asylum-Produktion. 

Und trotzdem ist am Ende nicht alles schlecht an dieser Serie. Zwar müssen Fans weiter auf eine Horror-Adaption der eigentlichen Horrorreihe warten, immerhin lässt „Resident Evil“ in diesen Actionszenen aber die Muskeln spielen. Denn die Netflix-Serie zeichnet sich durchaus mit einer hohen Produktionsqualität aus und kreiert einige große Actionszenen mit massenhaft Infizierten. Die aufwendige Action kann größtenteils auch mit den Effekten überzeugen, so sehen gerade die Riesenspinne und der große Alligator richtig gut aus. Leider kann dieser gelungene Eindruck nicht durchgängig gehalten werden, so sieht die riesige Raupe, die in der Pilotepisode durch die Straße bricht, weit weniger gelungen aus. Insgesamt haben mir die aufwändigen Actionszenen jedoch gut gefallen, einziges Problem dabei ist, dass in der zweiten Hälfte der Staffel kaum noch etwas passiert. So feiert die Netflix-Serie mit der gelungenen Tunnel-Szene bereits in Folge 3 ihren Höhepunkt, während sich die Macher:innen danach eher auf die Story und zwischenmenschlichen Konflikte konzentrieren. Und wie gut diese beiden Elemente funktionieren, habe ich ja bereits ausgeführt.

Die Alterseinstufung von 18 Jahren ist dabei gerechtfertigt, immerhin gibt es auch eine sehr blutige Kettensägen-Szene, in der die Infizierten fachgerecht zerlegt werden. Nur leider kann sich die Serie nicht entscheiden, welchen Tonfall sie an den Tag legen will. Und so wechselt die Stimmung zwischen düsteren, horrorartigen Szenen und spaßigen Splatterabschnitten umher, wodurch sich die Serie nie so recht entscheiden kann. Der wechselnde Tonfall zeigt sich auch in der musikalischen Untermalung, die nach düsteren Abschnitten gerne mal einen völlig unpassenden Popsong einspielt, der vielleicht ein jüngeres Publikum ansprechen soll, zu „Resident Evil“ jedoch überhaupt nicht passen will.

 

Fazit

„Resident Evil“-Fans müssen auch im achten (!) Anlauf auf eine gelungene Realverfilmung der beliebten Videospielreihe warten. Die neue Netflix-Serie wirkt mit ihrer dämlichen Handlung, den teils miserablen Darsteller:innen und einer karikaturhaften Schwarz-Weiß-Zeichnung ihrer Charaktere eher wie ein trashiger B-Film und sorgt in ihren acht Episoden für zahlreiche Facepalm-Momente. Hinzu kommt der unpassende Einsatz von Popsongs, die im Verbund mit einigen Gewaltszenen für so einen wechselnden Tonfall sorgen, dass der Eindruck entsteht, die Macher:innen hätten sich nicht entscheiden können, was „Resident Evil“ eigentlich für eine Serie sein soll. Dazu scheint es weiter ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass jede Realverfilmung auf Action statt auf den Horror der Vorlage setzen muss, immerhin fallen die aufwendigen und großen Actionszenen durchaus überzeugend aus. Gerade die Riesenspinne und der Alligator sehen richtig gut aus, während andere Effekte wie die Riesenraupe in der Pilotepisode weit weniger gelungen sind. Es ist also nicht alles schlecht an „Resident Evil“, der aktuell wohl meistgehassten Serie der Welt, überzeugen kann die neue Netflix-Serie jedoch nur in einzelnen Actionszenen und Momenten der passablen Gegenwartsgeschichte. Gerade in der zweiten Hälfte passiert jedoch gefühlt gar nichts mehr und ich war heilfroh, als diese missratene Serienstaffel endlich zu ihrem Ende kam.

 

4/10


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Poster&Trailer: © Netflix