Nach Rogue One: A Star Wars Story ist eine kontroverse Debatte darüber entfacht, ob es sinnvoll ist Schauspieler mittels CGI zu verjüngen.
Dezember 2016 - Hollywood wird gerne auch als Traumfabrik bezeichnet, denn Filme geben uns die Möglichkeit in diverse Welten einzutauchen. Egal ob die Geschichte nun fiktiv oder real ist. Insbesondere durch den Einsatz von CGI (Computer Generated Images) sind die Möglichkeiten noch vielfältiger geworden. Doch Hollywood nutzt die aktuellsten Technologien nicht mehr nur für Umgebungen oder Actionszenen, sondern seit geraumer Zeit auch für die Charaktere eines Films. Kreaturen wie Gollum oder King Kong, die per Performance Capturing zum Leben erweckt werden, sind wir inzwischen gewohnt. In Rogue One: A Star Wars Story werden in größeren Szenen nun keine Kreaturen von Schauspielern verkörpert, sondern echte Menschen. Mit Hilfe von Performance Capturing und nachträglich am Computer veränderten Gesichtern spielen Schauspieler entweder eine jüngere/ältere Version ihrer selbst oder sie schlüpfen in die Rolle eines bereits verstorbenen Schauspielers, um ihn mittels CGI wieder zum Leben zu erwecken. Der bereits 1994 verstorbene Peter Cushing hatte als Grand Moff Tarkin einen großen Auftritt und auch die erst kürzlich verstorbene Carrie Fisher wurde für ihre Rolle als Prinzessin Leia um knapp 40 Jahre verjüngt, was in beiden Fällen zu einer kontroversen Debatte führte.
Eingesetzt wurde diese Technik bekanntermaßen bereits in David Finchers Drama Der seltsame Fall des Benjamin Button. Darin spielt Brad Pitt einen Menschen der als alter Mann geboren und immer jünger wird. Pitt wurde für die Szenen allerdings nicht umbesetzt, sondern die Animatoren legten über die diversen Schauspieler das Gesicht von Brad Pitt. 52 Minuten lang war somit lediglich sein CGI-Antlitz zu sehen. Diese Entscheidung sorgte schon damals für zwiespältige Reaktionen, doch die Technik fand in den vergangenen Jahren immer wieder ihre Verwendung. Jeff Bridges beispielsweise wurde in Tron Legacy nicht nur für eine Rückblende verjüngt, die zu der Zeit des ersten Tron-Films spielte, der immerhin schon knappe 30 Jahre zurück lag. Auch sein Alter Ego Clu in der Spielwelt, zeigte Bridges in seinen jüngeren Jahren. Erst dieses Jahr war Robert Downey Jr. in einer Rückblende in The First Avenger: Civil War wieder als junger Mann zu sehen. Dabei haben alle Filme eines gemeinsam: Die CG-Gesichter sehen auffällig unecht aus. Meist sieht man die falschen Gesichter auf den ersten Blick, da sie eher als aalglatte Wachsfiguren überzeugen, denn als echte Menschen. Spätestens wenn die Charaktere dann auch noch Mimik zeigen oder anfangen zu sprechen, ist der Einsatz von Computer-Effekten unübersehbar. Die 26 Gesichtsmuskeln des Menschen perfekt aufeinander abzustimmen, gepaart mit der richtigen Beleuchtung und einer realistischen Skulptur des menschlichen Gesichts, gelingt den Animatoren bislang noch nicht. Auf dem heutigen Stand der Technik muss man sich daher fragen, ob es sinnvoll ist, die Schauspieler mittels CGI zu verjüngen oder ob man sie nicht besser umbesetzen sollte.
Gegen eine Verjüngung von Schauspielern ist im Grunde ja nichts einzuwenden, wenn diese auch sinnvoll in die Handlung integriert sind. Dass Prinzessin Leia am Ende von Rogue One einen Auftritt haben muss, ist ja nur allzu logisch. Dennoch reißen die offensichtlichen CGI-Gesichter viele Zuschauer aus der Immersion. In Videospielen ist dies jedoch nicht der Fall, da wird eine solche Entwicklung eher begrüßt. In einer computergenerierten Welt, mit computergenerierten Charakteren passt die Motion Capture-Technik hervorragend ins Bild und Auftritte bekannter Schauspieler, etwa Kevin Spacey in Call of Duty: Advanced Warfare oder auch Ellen Page und Willem Dafoe in Beyond: Two Souls, sind sehr beliebt. In den möglichst realistischen Umgebungen eines Films und während der Interaktion mit echten Menschen, fallen die wachsweichen und sich unnatürlich bewegenden Gesichter natürlich deutlich negativer auf.
Doch das ist nicht der einzige Nachteil der CG-Gesichter. Martin Scorsese wird in seinem nächsten Projekt The Irishman ebenfalls auf diese Technik zurückgreifen und Robert De Niro über viele Dekaden hinweg zeigen. Scorsese selbst sagte dazu, De Niro würde wieder aussehen wie zu Zeiten eines Der Pate 2. Und genau daran liegt das Problem. In Der Pate 2 spielt De Niro ja auch eine jüngere Version von Marlon Brandos Don Vito Corleone und wurde damit weltberühmt. Ob De Niro auch eine solche Karriere hingelegt hätte, wenn er damals nicht den jungen Marlon Brando verkörpert hätte, sondern man, aus heutiger Sicht, Brando per CGI verjüngt hätte, ist mehr als fraglich. Mit der Verjüngung mittels CGI können legendäre Schauspieler zwar wieder ein zweite Blütezeit erleben, jungen aufstrebenden Schauspielern wird dafür aber möglicherweise eine Karriere wie De Niro verwehrt.
Das größte Problem an Tarkins Auftritt in Rogue One bleibt, ob es ethisch vertretbar ist, einen Schauspieler wie Peter Cushing, der bereits 1994 verstorben ist, auf die Leinwand zurückzuholen. Im Film wird Tarkin von Guy Henry verkörpert, über dessen Gesicht das von Cushing gelegt wurde. Nun macht es hinsichtlich der Handlung definitiv Sinn, Tarkin in Rogue One einzubauen. Der Film spielt ja immerhin kurz vor den Ereignissen von Krieg der Sterne und Tarkin hat selbst in Star Wars: Episode III - Die Rache der Sith einen kurzen Cameo-Auftritt spendiert bekommen. Dort wurde er jedoch durch den Schauspieler Wayne Pygram ersetzt. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist folgende: War es nötig, Tarkin so viel Leinwandzeit einzuräumen, wie es letzten Endes der Fall war? Immerhin hatte man mit Ben Mendelsohn einen starken imperialen Offizier bereits an Bord, der viele Aufgaben von Tarkin hätte übernehmen können. Stattdessen entschieden sich die Macher dazu, Tarkin nicht nur für einen Cameo-Auftritt, sondern fast schon für eine Nebenrolle wiederzubeleben. Während die Entscheidung Paul Walker in Fast & Furious 7 nochmal zusätzliche Szenen zu geben, um den Film sinnvoll abzuschließen, absolut nachvollziehbar war, darf bei Tarkin durchaus kontrovers diskutiert werden. Am Ende des Tages bleibt offen, wohin diese Entwicklung führen könnte und wo die Grenzen dieser ethisch schwer vertretbaren Entscheidungen gezogen werden.
Eine solche Wiederbelebung wie bei Tarkin soll aber laut Disney nicht zum Regelfall werden. Immerhin hat man mit Alden Ehrenreich auch schon eine Neubesetzung für den Han Solo-Film gefunden, anstatt Harrison Ford zu verjüngen. Momentan ist die Technik dafür zu teuer und aufwändig. Dazu können die unrealistischen Gesichter noch keine echten Schauspieler ersetzen, doch mit dem technischen Fortschritt wird sich das vielleicht bald ändern. Dann könnte es zu Zuständen wie im Film The Congress kommen. Darin lässt Schauspielerin Robin Wright für eine stattliche Summe von sich einen Ganzkörperscan machen. Auf dessen Grundlage wird eine digitale Kopie von Wright erstellt, die von nun an in den Filmen zu sehen ist. Eine düstere Zukunftsvision, der sich Hollywood immer weiter annähert.