Zombiewood - Tote Schauspieler leben länger

Puppenspielen mit den Toten! Mit der Wiederbelebung von James Dean, wird eine düstere Zukunftsvision zur Realität.

Symbolbild: Bill Murray in "Zombieland" © Sony Pictures
Symbolbild: Bill Murray in "Zombieland" © Sony Pictures

November 2019 - Der Schauspieler James Dean spielte in seinem Leben zwar nur in drei Filmen mit, doch die machten das Ausnahmetalent zu einer Leinwandikone. Er war die Symbolfigur einer rebellischen Jugend und prägte das sogenannte Method Acting maßgeblich mit. Der viel zu frühe Tod des damals 24-jährigen, der 1955 bei einem Autounfall ums Leben kam, trug bis heute zum Mythos des Oscarnominierten Darstellers bei. Demnächst feiert James Dean jedoch sein Schauspiel-Comeback und dass obwohl er bereits seit 64 Jahren tot ist! Wie das möglich ist? Mit Hilfe modernster Computertechnik, wird der Schauspieler seine Wiederauferstehung auf der Leinwand feiern.  Eine Praktik die bereits bei "Fast&Furious 7" eingesetzt wurde, um den während dem Dreh verstorbenen Paul Walker, eine inzwischen legendäre letzte Szene zu spendieren. Auch bei "Rogue One: A Star Wars Story" kam die Technik zum Einsatz, als Peter Cushings Großmoff Tarkin in einer Nebenrolle zu sehen war, obwohl der Schauspieler bereits 1994 verstorben war. In einem meiner früheren Artikel habe ich bereits über die Gefahren und die ethische Vertretbarkeit dieser Technik gesprochen, doch was nun an die Öffentlichkeit gelang, schlägt dem Fass endgültig den Boden aus.

Die digitale Version von Paul Walker & Peter Cushing © Universal / Walt Disney
Die digitale Version von Paul Walker & Peter Cushing © Universal / Walt Disney

Die Wiederbelebung von Paul Walker war damals nachvollziehbar, immerhin konnte man dem Schauspieler und seinem geliebten Charakter einen mehr als würdigen Abgang bescheren. Zumal Walker das Filmprojekt zu seinen Lebzeiten aus freien Stücken angenommen hatte. Bei Peter Cushing war die Situation hingegen eine andere. Sicherlich macht es aus Sicht der Handlung Sinn, Tarkin aus der Original-Trilogie auch in "Rogue One" auftreten zu lassen. Doch es blieb nicht bei einem kleinen Gastauftritt, stattdessen wurde Tarkin zu einem signifikanten Nebencharakter gemacht. Eine Entscheidung die deswegen so verwerflich ist, da Cushing zu keiner Zeit seine Einwilligung dazu gegeben hatte. Zu seinen Lebzeiten hätte er das Projekt einfach ablehnen können, doch mehr als zwanzig Jahre nach seinem Tod, konnte er sich nicht dagegen wehren. Ein sorgloser Umgang mit dem kreativen Erbe des Künstlers, der 2016 bereits für einige Kontroversen sorgte.

Drei Jahre später sind wir nun einen Schritt weiter. Was jahrelang nur eine düstere Zukunftsvision war, wird jetzt zu unserer grausigen Realität. James Dean wird 64 Jahre nach seinem Tod, die Hauptrolle im Vietnam-Kriegsfilm "Finding Jack" übernehmen und das ohne triftigen Grund. Der Kriegsfilm setzt kein Franchise fort und hätte jeden beliebigen Schauspieler zum Hauptdarsteller machen können. Stattdessen wird ihn ein unbekannter Schauspieler in einem Motion-Capture-Anzug spielen, ehe aus alten Fotos und Filmaufnahmen James Deans Gesicht rekonstruiert und auf das Gesicht des Schauspielers gelegt wird. Deans Stimme kommt derweil vom unbekannten Schauspieler, anders als beispielsweise bei Peter Cushing, dessen Stimme digital rekonstruiert wurde. Dafür waren die Aufnahmen aus den 50er-Jahren wohl qualitativ zu schlecht. Es ist auf der einen Seite natürlich faszinierend zu sehen, was mit der heutigen Technik alles möglich ist. Schauspieler per CGI zu verjüngen ist inzwischen Gang und Gebe, wie zahlreiche Marvel-Filme stets unter Beweis stellen, doch Schauspieler die komplett dem Computer entstammen, sind noch einmal eine andere Kragenweite. Das Schauspiel, eines der renommiertesten und wichtigsten Aspekte der Kunstform Film, wird dadurch zerstört und zu einer Art Puppenspiel gemacht. Die Technik betrifft dabei nicht nur verstorbene Darsteller. Will Smith war in "Gemini Man" kürzlich nicht in einer klassischen Doppelrolle zu sehen und wurde für die Rolle nicht verjüngt. Stattdessen stammt der junge Will Smith komplett aus dem Rechner. Smith lieh dem Charakter seine Stimme und seine Bewegungen mittels Motion-Capturing, den Rest übernahmen die Effekt-Spezialisten von WETA Digital, die nun eine vollständige CGI-Version von Will Smith auf ihren Servern liegen haben. Rein theoretisch, könnten sie diesen in jeden Film dieser Welt kopieren. Will Smith könnte also mit einer Piña Colada in der Hand in der Karibik liegen, während in Hollywood gerade ein Film mit ihm gemacht wird. Schöne neue Welt.

James Dean in "Jenseits von Eden" © Warner Bros.
James Dean in "Jenseits von Eden" © Warner Bros.

Dafür müsste Smith jedoch auch sein Einverständnis geben und genau da liegt das Problem an der Wiederbelebung von James Dean, der sein Einverständnis natürlich nicht mehr geben kann. Stattdessen wendete sich die Produktionsfirma Magic City Films an die Familie des verstorbenen Schauspielers und sicherte sich die Rechte an James Deans Abbild. Das Gleiche geschah auch im Fall von Paul Walker und Peter Cushing. Doch diese Einverständniserklärung ist ein schlechter Witz. Sicherlich kann die Familie das Erbe des verstorbenen Darstellers schützen, doch welcher Hinterbliebene schlägt ernsthaft eine sicherlich sehr lukrative Summe aus, während sich der Verstorbene nicht einmal mehr beschweren kann. Diese Praktik, sich die Rechte am Abbild einer Person zu sichern und damit alles machen zu können, gehört schlichtweg verboten. Denn letztlich ist die Frage wohin das alles führen soll? Sehen wir bald die Comebacks von Marlon Brando oder Marylin Monroe? All das ist inzwischen keine entfernte Zukunftsvision mehr, sondern wie der Fall von James Dean beweist, akute Realität geworden. Dass sich die Rechteinhaber dabei schon die Finger lecken ist klar, denn die Publicity die der Kriegsfilm "Finding Jack" aufgrund dieser Besetzung im Vorfeld erhalten wird, ist gigantisch und wird die Einnahmen an den Kinokassen zweifellos steigern. Mark Roesler, der CEO von CMG Worldwide, die die Rechte an James Deans Abbild und denen von über 1.700 (!) weiteren Persönlichkeiten aus Sport, Entertainment, Musik und der Geschichte besitzen, hat dazu auch schon ein absurdes Statement abgeben: "Dies bietet unseren Kunden die nicht mehr unter uns sind, eine ganz neue Möglichkeit". Dass es sich bei den sogenannten "Kunden" um Tote handelt, lassen wir mal so stehen. Noch absurder ist das Statement von Regisseur Anton Ernst: "Wir haben überall nach dem perfekten Darsteller für die Rolle von Rogan gesucht, der einige sehr komplexe Charakterbögen besitzt und nach Monaten des Suchens haben wir uns für James Dean entschieden." Da muss das Casting aber eine Katastrophe gewesen sein, immerhin sollte es in Hollywood nicht an jungen, weißen Männern fehlen, die einen Vietnam-Soldaten glaubhaft verkörpern könnten. Es ist letztlich natürlich nur eine billige Ausrede um einen nie dagewesenen Publicity-Stunt hinzulegen, der jedoch die Zukunft der Schauspielerei massiv bedroht. Folgerichtig meldeten sich auf Twitter Stars wie Chris Evans ("Das ist schrecklich.") und Elijah Wood ("NEIN. Sowas sollte es nicht geben.") zu Wort, um gegen diese neue Entwicklung zu protestieren.

Hollywood blickt jedenfalls einer düsteren Zukunft entgegen, gegen die sich aktuelle Schauspieler noch wehren können. Tausende verstorbene Persönlichkeiten haben diese Möglichkeit jedoch nicht. Einzig Schauspieler Robin Williams hat sich vor seinem Tod rechtlich absichern lassen, damit sein Abbild nicht mehr verwendet werden darf. Doch als James Dean 1955 ein letztes Mal in sein Auto stieg, hätte er sicherlich nicht einmal im Traum daran gedacht, dass so etwas einmal möglich sein könnte. 


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