Army of the Dead

Streaming: 21.05.2021 | Anbieter: Netflix | Laufzeit: 148 Minuten | FSK: 16 Land: USA | Genre: Action, Komödie


Kritik

Gerade einmal zwei Monate ist es her, dass Zack Snyder mit seiner vierstündigen Version von "Justice League" seinen ersten Film in diesem Jahr ablieferte. Nun kommt bereits der nächste Film des Regisseurs um die Ecke, der mit "Army of the Dead" seinen ersten Netflix-Film inszeniert. Der Blockbuster gehört zu den größten Netflix-Highlights des Jahres und bekam in den USA sogar einen frühzeitigen Kinostart spendiert. Nun erscheint die Rückkehr zum blutigen Zombie-Genre des "Dawn of the Dead"-Regisseurs auch weltweit beim Streaming-Anbieter. Mittendrin im 90 Millionen Dollar teuren Spektakel ist Matthias Schweighöfer. Ja richtig gehört! Der deutsche Filmstar, der eher für unlustige Komödien und Auftritte bei Joko&Klaas bekannt ist, goes Hollywood und steht nun an der muskelbepackten Seite des ehemaligen WWE-Superstars Dave Bautista ("Guardians of the Galaxy"). Wie das zusammenpassen soll, war aus deutscher Sicht eine der großen Fragen im Vorfeld des Films. Umso überraschender ist das Ergebnis. Matthias Schweighöfer ist das unangefochtene Highlight eines verdammt unterhaltsamen Zombie-Blockbusters.

 

"Army of the Dead" spielt im vom Zombies überrannten Las Vegas. Anders als bei anderen Genre-Vertretern, ist der Rest der Welt jedoch intakt, lediglich die Stadt wurde zur zombiefizierten Quarantäne-Zone, die nun allerdings dem Erdboden gleich gemacht werden soll. Ehe eine Atombombe die Stadt in Schutt und Asche legt, begibt sich eine Gruppe von Söldnern in die Stadt, um einen 200 Millionen Dollar schweren Tresor zu knacken und das große Geld zu machen. Die Story von Zack Snyder, der neben Drehbuch und Regie auch noch die Kamera und den Job als Produzent übernahm, ist also ganz einfach gehalten und vermischt diverse Genres. Hauptsächlich ist "Army of the Dead" aber eine Mischung zwischen einem Zombie-Actioner und einem Heist-Film. Ich mach's kurz: Die Geschichte ist nicht die größte Stärke des Films. Sie bildet lediglich das Grundgerüst des Films und dient als Aufhänger für die unterhaltsame Action. Ganz innovationslos kommt "Army of the Dead" jedoch nicht daher. Dass sich die Zombie-Apokalypse nur innerhalb der Quarantäne-Zone abspielt ist eine nette Idee und das Ränkesystem innerhalb der Zombies eine gelungene Abwechslung. Diese sind nämlich nicht nur wahnsinnig schnell und wendig, sondern besitzen besonders starke und intelligente Anführer, mit denen man sogar verhandeln kann. Ein Einfall der mir persönlich sehr zusagt, denn die langsam schlurfenden Zombies alà "The Walking Dead" sind inzwischen echt von vorgestern. Nach Logiklücken sollte man jedoch nicht suchen. Gerade der Anführer der Zombies hat eine Szene, in der er sich quasi von einem Ort zum anderen teleportiert und man sich durchaus fragen muss wie er so schnell dahin gekommen ist. Ob das einen bei dieser Art von Film stört, bleibt jedoch jedem selbst überlassen.

Zack Synder ist sich seiner simplen Story wohl ebenso bewusst und hält sich nicht lange mit Unwesentlichem auf. Nach dem Prolog in dem der Ur-Zombie einem Militärkonvoi entwischt, wird die Vorgeschichte (wie die Zombies Las Vegas überrannten) im äußerst brutalen Intro erzählt. Danach stellt Söldner Scott Ward (Dave Bautista) auch schon sein Team zusammen und nach knapp 50 Minuten wird die Stadt betreten. Wie man schon an dessen generischen Namen erkennt, erwarten den Zuschauer eine Gruppe von Stereotypen. Dave Bautista gibt den bulligen Kämpfer mit Familienproblemen und daneben drücken sich die Draufgänger nacheinander die Klinke in die Hand. Dass die Charaktere trotzdem ganz gut funktionieren, liegt zum einen am sympathischen Hauptdarsteller, der zwar limitierte schauspielerische Fähigkeiten besitzt, diese aber durch eine Menge Charisma wettmachen kann. Aus der Riege der schauspielernden Ex-Wrestler um Dwayne Johnson und John Cena, sehe ich Bautista (der auch in "Blade Runner 2049" einen sehenswerten Auftritt hinlegte) noch immer am liebsten. Zum anderen liegt es am einen oder anderen Highlight-Charakter, wie der witzigen Hubschrauberpilotin Marianne Peters, der alles egal ist. Stand-Up-Comedienne Tag Notaro kam jedoch erst nachträglich zum Film dazu, nachdem Schauspieler Chris D'Elia, der die Rolle ursprünglich spielte, wegen sexuellem Missbrauch aus dem Film gestrichen wurde. Dass ihre Szenen nachgedreht und digital mit dem bestehenden Material zusammengefügt wurden, merkt man jedoch zu keinem Zeitpunkt. Das absolute Highlight (und ich kann es selbst kaum glauben dass ich so etwas schreibe) ist jedoch Matthias Schweighöfer. Sein Charakter, mit dem wunderschönen Namen Dieter, ist der Kanarienvogel der Truppe und fällt gegenüber den knallharten Draufgängern völlig aus der Rolle. Das sorgt gleichzeitig dafür, dass sein Charakter definitiv am erinnerungswürdigsten und besten ist. Von seiner nervigen Fragerei, bis hin zu seinen schrillen Schreien ist Schweighöfer das komödiantische Highlight des Films und erweist sich in allen (!) Szenen als zuverlässiger Szenendieb. Schweighöfers Hollywood-Debüt ist ein Riesen-Erfolg und die Rolle könnte durchaus seinen internationalen Durchbruch bedeuten. Zumal bereits feststeht, dass neben einer Anime-Serie, die sich Dave Bautistas Vorgeschichte widmet, auch ein Live-Action-Prequel zu Schweighöfers Figur Dieter entsteht. Dort wird der deutsche Schauspielstar nicht nur die Hauptrolle spielen, sondern den Film auch noch selbst inszenieren. Meine frühere Skepsis ist auf Grund des überaus spaßigen Charakters völlig verflogen und ich bin sehr gespannt darauf, wie nahe Schweighöfer inszenatorisch an das Ursprungsmaterial von Snyder herankommt.

Doch genug von unserem deutschen Export und zurück zu Zack Snyder. Der Regisseur ist für seinen unbedingten Stilwillen und seine zahlreichen Zeitlupen-Sequenzen bekannt und so dürfte es niemanden überraschen, dass beides auch in "Army of the Dead" zu finden ist. In Sachen Zeitlupen aber lange nicht so ausufernd wie noch in "Justice League", der ohne die Zeitlupen-Sequenzen wohl nur halb so lang gewesen wäre. Snyder ist ein streitbarer Regisseur, den ich außerhalb des DC-Universums aber immer gemocht habe, da er schlichtweg weiß wie das Blockbuster-Kino funktioniert. Eine Stärke die er bei "Army of the Dead" endlich wieder ausspielen kann. Die Actionszenen sind rasant aber übersichtlich gefilmt, die Zeitlupen sitzen in den richtigen Momenten und darüber hinaus zieht sich die Gewalt wie ein blutiger Faden durch den Film. "Army of the Dead" ist kein zimperlicher Film und hat sich sein FSK 16-Rating mindestens verdient. Gerade im knallharten Intro geht es deftig zur Sache und die Blutfontänen spritzen fröhlich über den Bildschirm. Natürlich ist die Action immer mit einem Augenzwinkern inszeniert, der Film hätte sich über eine FSK 18-Einstufung jedoch nicht beschweren können. Die Brutalität steigert letztlich den Unterhaltungsfaktor der Action, die auch dank des tollen Soundtracks Laune macht. "Mad Max"-Komponist Tom Holkenborg zeichnet sich für diesen verantwortlich und weiß insbesondere in der spannungsgeladenen Lagerhallen-Szene, aber auch später im epischen Finale zu überzeugen. In Sachen Effekte operiert "Army of the Dead" auf einem hohen Niveau, einige wenige Szenen wirken jedoch etwas weichgezeichnet. Die große Zombiehorde zu Beginn beispielsweise oder die Helikopter-Szene am Ende des Films. Für 90 Millionen Dollar sieht der Netflix-Film aber sehr hochwertig aus, was insbesondere für den exzellent animierten Zombie-Tiger gilt. Darüber hinaus setzt Snyder ohnehin hauptsächlich auf handgemachte Action. 

 

Fazit

"Army of the Dead" erinnert mich daran, dass ich die Filme von Zack Snyder eigentlich sehr gerne sehe. Seine Filme mögen, mit Ausnahme von "Watchmen", nicht gerade die besten Geschichten erzählen, aber Snyder weiß definitiv wie Blockbuster-Kino funktioniert. Nach Jahren der Mittelmäßigkeit im DC-Universum, kehrt Snyder jetzt zu seinen alten Stärken zurück. "Army of the Dead" ist ein blutig-witziges Zombie-Gemetzel, dass mit seinen brachialen Action-Szenen hervorragend unterhält und trotz seiner ausufernden Laufzeit von 148 Minuten nie Langeweile aufkommen lässt. Und für alle die sich jetzt Fragen wie Matthias Schweighöfer in so einen Film passt, gibt's hier die Antwort: Gar nicht, aber genau so ist sein Charakter Dieter (!) ja auch ausgelegt. Schweighöfers urkomischer Charakter ist das Highlight des Films, eine Stärke die auch Netflix frühzeitig erkannt hat und so darf Schweighöfer demnächst das Prequel zu seiner Figur selbst inszenieren. Ich freu mich drauf, denn "Army of the Dead" ist mit seinen stereotypen Charakteren und der simplen Story vielleicht nicht frei von Schwächen, aber ein verdammt unterhaltsamer Netflix-Blockbuster!

 

8/10


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Poster&Trailer: © Netflix