Neues aus der Welt

Streaming: 10.02.2021 | Anbieter: Netflix  | Laufzeit: 118 Minuten | FSK: 12 Land: USA | Genre: Abenteuer | Originaltitel: News of the World


Kritik

Zwei Filme, ein deutscher Filmpreis und eine Golden Globe-Nominierung. Keine schlechte Bilanz für eine Zwölfjährige. Nachdem die deutsche Nachwuchsschauspielerin Helena Zengel in "Systemsprenger" wie eine Naturgewalt über den Zuschauer hinwegfegte und damit völlig zurecht die Trophäe als beste Hauptdarstellerin beim deutschen Filmpreis mit nach Hause nahm, folgte direkt der Sprung nach Hollywood. "Bourne"-Regisseur Paul Greengrass verpflichtete sie vom Fleck weg, nachdem er den Film gesehen hatte, immerhin strahlte Zengel genau das aus, was er für die Nebenrolle an der Seite von Tom Hanks benötigte. Und siehe da: Kurz vor dem Netflix-Release des Films in Deutschland, wurde die Zwölfjährige postwendend mit einer Golden Globe-Nominierung als beste Nebendarstellerin bedacht. Von einem kometenhaften Aufstieg zu sprechen, wäre also noch untertrieben. Zengel und Hanks sind es dann auch, die den Zuschauer durch das ruhige, unaufgeregte und emotionale Western-Drama "Neues aus der Welt" tragen, der meine Erwartungen übertroffen hat.

 

Der Film basiert auf dem Roman "News of the World" der Autorin Paulette Jiles aus dem Jahr 2016 und erzählt die Geschichte des Bürgerkriegsveteranen Captain Jefferson Kyle Kidd (Tom Hanks). Dieser verbringt im Jahr 1870 seinen Lebensunterhalt damit, von Ort zu Ort zu ziehen und die Nachrichten aus der Welt vorzulesen. Auf einer seiner Reisen trifft der Veteran auf die entführte, zehnjährige Johanna (Helena Zengel) und macht es sich zur Aufgabe das bei einem Kiowa-Stamm aufgewachsene Mädchen zu ihren einzig verbleibenden Verwandten zurückzubringen. Für die beiden ungleichen Weggefährten beginnt eine Reise voller Verständigungsproblemen, Naturgewalten und vielen nicht gerade freundlich gesinnten Menschen.

"Neues aus der Welt" präsentiert sich als klassisches Roadmovie im Western-Setting und erzählt eine ziemlich geradlinige Geschichte, deren Ende man durchaus als vorhersehbar bezeichnen kann. Das mögen manche dem Film ankreiden, allerdings funktionieren die Charaktere so gut, dass wie so oft der Weg das Ziel ist. Die beschwerliche Reise durch die staubigen Weiten Amerikas, vor dem Hintergrund des Konflikts zwischen schießwütigen Cowboys und Ureinwohnern, schweißt die beiden Weggefährten immer weiter zusammen. Dabei haben beiden eine ordentliche Last auf ihren Schultern zu tragen: Captain Kidd wegen der Beziehung zu seiner Frau und den Gräueln des Krieges, Johanna weil beide Familien in denen sie aufgewachsen ist ermordet wurden. Die schwere Vergangenheit der beiden, sorgt dabei nicht nur für den dramatischen Unterbau der Geschichte, viel mehr sind es die beiden herausragenden Darsteller die mit sympathischen Performances dem Zuschauer schnell ans Herz wachsen. Tom Hanks ist für solche Rollen ohnehin geschaffen und glänzt wie gewohnt als Vater wider Willen. Helena Zengel darf sich zu Beginn in bester "Systemsprenger"-Manier austoben und bringt ihren wilden Charakter damit auf den Punkt, ehe sie Im Verlauf deutlich ruhiger und zurückgenommener agiert. Da der Fokus mehr auf Tom Hanks liegt, vermag sie nicht ganz so zu begeistern wie noch in "Systemsprenger" und der Sieg bei den Golden Globes (und vielleicht sogar bei den Oscars) wäre mehr als eine Überraschung, zu gönnen wäre es unserem jungen deutschen Export aber allemal. Trotzdem bleibt "Neues aus der Welt" ein typischer Tom Hanks-Film, der Fans der Schauspiellegende definitiv gefallen wird.

Inszeniert wird das Western-Drama vom erfahrenen Regisseur Paul Greengrass, der mit Tom Hanks bereits bei "Captain Philipps" zusammengearbeitet hat. Dabei beweist Greengrass ein gutes Händchen beim Pacing des Films, dass ich deutlich langatmiger erwartet hatte. Stattdessen unterhält "Neues aus der Welt" problemlos über seine 118 Minuten hinweg, ohne dass sich irgendwelche Längen einschleichen. Während die ruhigen Momente, in denen meist die komplizierte Verständigung der beiden im Vordergrund steht, die Überhand haben, gibt es auch reichlich Action vom "Bourne"-Regisseur zu sehen. Insbesondere ein Schießerei zwischen Kidd und drei Verfolgern sorgt dabei für reichlich Spannung. Einzelmomente wie diese gleichen dann auch ein wenig die fehlende Spannung in der Hauptstory aus, zumal die Szenen allesamt toll inszeniert sind. Das zeigt sich auch bei den tollen Bildern von Kameramann Dariusz Wolski und dem gelungenen Soundtrack von James Newton Howard.

 

Fazit

"Neues aus der Welt" präsentiert sich als klassisches Roadmovie im Western-Setting und erfindet in Sachen Story das Rad nicht neu. Wie so oft ist jedoch der Weg das Ziel und dieser funktioniert dank der beiden toll aufgelegten, sowie sympathischen Darstellern um Tom Hanks und der Golden Globe-Nominierten, deutschen Nachwuchsschauspielerin Helena Zengel ("Systemsprenger") auch hervorragend. Dabei lassen die tollen Bilder und die routinierte Inszenierung von Regisseur Paul Greengrass keine Langweile aufkommen, da der Film sowohl in seinen ruhigen, als auch in seinen actionreichen Momenten zu überzeugen weiß. Am Ende konnte der Film mit seinen großen Emotionen sogar meine Erwartungen übertreffen und so bleibt festzuhalten: "Neues aus der Welt" ist ein ruhiges, unaufgeregtes aber richtig starkes Western-Drama!

 

8/10


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Poster&Trailer: © Netflix