Spider-Man: No Way Home

Kino: 15.12.2021 | Laufzeit: 150 Minuten | FSK: 12 Land: USA | Genre: Action, Abenteuer


Kritik

"Spider-Man: No Way Home" nennt sich der dritte und zunächst letzte Film über die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft, die in Kooperation zwischen Sony und Disney entstanden ist. Und dass uns hier ein echtes Highlight bevorstehen würde, ist schon länger bekannt, immerhin vereint die Comicverfilmung die drei Filme um Tom Holland mit der Trilogie von Tobey Maguire und den beiden Filmen mit Andrew Garfield. Mit 355 Millionen Views brach der "Spider-Man"-Trailer dann sogar den Rekord für den meistgeschauten Trailer aller Zeiten von "Avengers: Endgame" und in den USA wurden Premieren-Tickets für teils horrende Summen verkauft. Ein Hype, der den neuen Spidey sicherlich zum erfolgreichsten Film des Jahres machen wird. Auch meine Erwartungen an das Klassentreffen der "Spider-Man"-Charaktere waren hoch, immerhin war der erste Maguire-Film auch der erste Superhelden-Streifen meines Lebens und die Trilogie hat entsprechend einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Umso schöner ist es, dass "Spider-Man: No Way Home" diesen Erwartungen gerecht wird und weit mehr als pure Nostalgie zu bieten hat.

 

"No Way Home" setzt da ein wo "Far From Home" aufgehört hatte: Die ganze Welt weiß nun, dass Peter Parker Spider-Man ist, was für den Schüler und seine Freunde, die auf ein College-Stipendium hoffen, ungeahnte Probleme mit sich bringt. Also bittet er Doctor Strange um Hilfe, dessen Vergessenszauber jedoch fürchterlich schief geht und diverse Bösewichte aus dem Multiversum in dieses Universum holt.

Eingangs sei gesagt: Über "No Way Home" zu schreiben, ohne zu spoilern ist verdammt schwer, weswegen die Kritik weiter unten um einen Spoiler-Part ergänzt wird. Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte sich jedoch definitiv überraschen lassen, denn die zahlreichen Enthüllungen sind ein großer Pluspunkt des Films. Was kein Pluspunkt des Films ist, ist über weite Strecken das Drehbuch. Das muss sich das "Spider-Man"-Klassentreffen nämlich ganz schön hinbiegen und gerade Doctor Stranges leichtsinniger Zauber will nicht wirklich zu seinem Charakter passen. Die Konstruiertheit und die vielen Logiklücken muss man als Zuschauer schon schlucken, um Spaß mit dem Film zu haben, als Belohnung gibt es dann aber auch einen der berauschendsten und vor allem emotionalsten Filme des gesamten MCU. Während in der ersten Hälfte des Films die sehr hohe Gagdichte ins Auge fällt, wendet sich der Film in der zweiten Hälfte zu einem düsteren und erwachsenen Film, der Tom Hollands Charakter endlich emanzipiert und zu dem Spider-Man macht, der er immer sein sollte. 

Dabei darf auch Tom Holland glänzen, der hier sicherlich eine der besten Performances seiner noch jungen Karriere zum besten gibt und dem es hervorragend gelingt, die Emotionen auf die Zuschauer zu übertragen. Auch die Rückkehr der Bösewichte ist größtenteils gelungen. Gerade Willem Dafoe als Kobold ist wieder einmal eine Klasse für sich und der Charakterdarsteller überzeugt neben Alfred Molina als bester Spidey-Bösewicht Doc Ock am meisten. Jamie Foxx' Charakter Electro (aus "The Amazing Spider-Man 2") macht hingegen eine totale Verwandlung durch und wird dem Electro der Comics nun deutlich gerechter. Sein Charakter ist nicht länger der unsichere Kerl aus dem Garfield-Film und statt blau leuchtet der elektrisierende Bösewicht nun gelb. Eine Änderung, die nicht jedem Gefallen wird, da weder der Film noch sein Bösewicht mir damals sonderlich zugesagt hatten, war es für mich jedoch kein Problem. Abgerundet wird die Bösewicht-Show dann von Lizard und dem Sandman, die aber deutlich im Hintergrund stehen und deren Fehlen auch nicht groß aufgefallen wäre.

Zwischendurch wird der Film sogar zu einem "Doctor Strange"-Film, was an dem visuell-beeindruckenden Ausflug in die Spiegelwelt liegt. "No Way Home" sieht jedenfalls wieder hervorragend aus und kann fast durchgängig mit seiner Action überzeugen, lediglich die grellen Lichtblitze von Elektro im nächtlichen Showdown waren etwas anstrengend. Trotzdem stimmt die Inszenierung von Regisseur Jon Watts, die von einem tollen Soundtrack von Michael Giacchino abgerundet wird, der zudem auch einige Stücke der alten Maguire- und Garfield-Werke zurückbringt. Gänsehaut garantiert!

Und das ist auch schon alles, was ich zu "No Way Home" zu sagen habe, ohne zu spoilern. Es ist nicht viel, aber jedem Unentschlossenen kann ich nur sagen: Wenn ihr auch nur eines der drei "Spider-Man"-Universen mögt oder ihr ohnehin dem MCU zuträglich seid, dann geht ins Kino! "No Way Home" ist nach einem vergleichsweise schwachen Jahr um die "Eternals", "Shang-Chi" und "Black Widow" nämlich endlich wieder ein ganz großes MCU-Highlight geworden, dass mich sowohl zu Tränen gerührt, als auch mit seinen Überraschungen gleich mehrere "Ohs" und "Ahs" entlockt hat, selbst wenn man im Vorfeld einige der Theorien mitbekommen hat. Und das allein ist in der heutigen Zeit gar nicht mal so einfach.

 

Spoiler Anfang

Doch nun kommen wir zum Spoiler-Part für alle, die den Film bereits gesehen haben. Alle anderen sollten direkt zum Fazit scrollen. Und um den Elefanten gleich aus dem Raum zu schaffen: Ja, Tobey Maguire und Andrew Garfield kehren zurück! Das gutgehütete Geheimnis war aber natürlich erwartet worden, spannender wäre es gewesen, wenn die beiden am Ende nicht dabei gewesen wäre. Dann würden die Stimmen wohl etwas negativer ausfallen. Maguire und Garfield lassen sich jedoch erst relativ spät blicken und bekommen dann einen Entry spendiert, der angenehm zurückhaltend ausfällt und nicht viel mit der epischen Portal-Szene aus "Avengers: Endgame" mit all ihrem Pathos zu tun hat. Trotzdem wurde in meiner Kinovorstellung gekreischt und gejubelt, wie ich es zuvor noch nie erlebt hatte und bei Tobeys Auftritt habe ich sogar eine Träne verdrückt. Der Auftritt der beiden ist jedoch mehr als purer Fanservice. Natürlich ist der Endkampf mit den drei Spider-Mans absolut überwältigend, noch besser sind jedoch die Gespräche und der Erfahrungsaustausch zwischen den drei Peter Parkers. Immerhin musste Tom Hollands Figur gerade erst einen großen Schicksalsschlag hinnehmen. Darüber hinaus gelingt es "No Way Home" jedoch auch, den beiden alten Darstellern ein gelungenes Finale zu spendieren, was ihnen durch den Abbruch ihrer jeweiligen Reihe damals noch verwehrt blieb. Der sichtlich gealterte Tobey Maguire erzählt beispielsweise, wie es ihm ergangen ist und Andrew Garfield bekommt eine herausragende Szene spendiert, in der Emma Stones berühmter Leinwandtod gespiegelt wird. Die Katharsis, die die beiden in den wenigen Minuten erhalten, sorgt dann auch bei ihrer Rückkehr in ihr Universum für einen wohlverdienten Abschied.

Die beiden sind jedoch längst nicht die einzigen Überraschungen des Films. Ganz zu Beginn kehrt Charlie Cox als Matt Murdock bzw. Daredevil zurück, der mich und viele andere in der gleichnamigen Netflix-Serie damals begeistert hat. Die willkommene Rückkehr wird durch die beiden Abspann-Szenen abgerundet, die noch mal für wildes Gekreische und Jubel gesorgt haben. Nach der Abspannszene von "Venom 2" dachte ich zwar, dass Tom Hardys Rolle größer ausfallen würde, dennoch leitet die Szene die neue "Spider-Man"-Trilogie mit Tom Holland ein, bei der wir uns wohl auf einen bösen Spidey freuen können (ob dann wieder so getanzt wird?) und wer genau hinschaut kann auch Gwen Stacy in einer kurzen Szene im Film erkennen, die von Angourie Rice gespielt wird. Zendayas Tage scheinen hingegen gezählt zu sein und Peters bester Freund Ned wird wohl ebenfalls nicht mehr zu sehen sein.

Um den Spoilerpart abzuschließen, möchte ich aber auch noch auf die zweite emotionale Szene des Films eingehen. Dass ich dort auch eine Träne verdrückt habe, rechne ich Tom Holland und Jon Watts hoch an, denn Marisa Tomeis Tante May wurde bisher eigentlich sträflich vernachlässigt, ihr Tod hat mich trotzdem mehr berührt als gedacht. Zumal dieser Verlust auch der Wendepunkt für Tom Hollands Spider-Man ist und er sich endlich der Verantwortung seiner großen Kraft bewusst wird. Peter Parker bricht dabei erstmals aus dem Schatten von Iron Man und den Avengers aus und wird zu dem erwachsenen Spider-Man, den sich viele Fans schon früher in der Trilogie erhofft hatten. 

Spoiler Ende

 

Fazit

Was für ein Kinobesuch! Bei jeder großen Überraschung wurde gejubelt und gekreischt, was ich vorher nur in Reaction-Videos auf YouTube gesehen hatte (z.B. bei der Portal-Szene aus "Endgame") aber sicher nicht in meiner verschlafenen Kleinstadt. Und womit? Mit Recht! "Spider-Man: No Way Home" bietet zahlreiche Überraschungen und liefert einen emotionalen Nostalgie-Flash für Fans der alten Filme mit Tobey Maguire und Andrew Garfield. Wer die allerdings nicht gesehen hat wird ganz schön auf verlorenem Posten sitzen, da "No Way Home" dieses Wissen voraussetzt. Das Finale der neuen "Spider-Man"-Trilogie hat jedoch mehr zu bieten als purer Fanservice und liefert den bisher emotionalsten Film des gesamten MCU ab, der Tom Hollands Charakter endlich emanzipiert und erwachsen macht und darüber hinaus eine extrem hohe Gagdichte besitzt. Trotzdem kann man dem Film einiges vorwerfen, gerade im Hinblick auf das konstruierte Drehbuch mit seinen Logiklücken. Dazu gerät der Film im Mittelteil etwas ins Stocken und man merkt ihm die schwere Aufgabe, all die Storylines zu vereinen, durchaus an. Doch "Spider-Man: No Way Home" verzeiht man solche Schwächen gerne, denn die Comicverfilmung funktioniert einfach unglaublich gut und liefert endlich wieder ein echtes MCU-Highlight ab.

 

8/10


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Poster&Trailer: © Sony Pictures