I Am Not Okay With This - Staffel 1

Staffelfinale: 26.02.2020 | Anbieter: Netflix | Episoden: 7 | FSK: 16 | Land: USA | Genre: Komödie, Drama


Kritik

Die neue Netflix-Serie "I Am Not Okay With This" hat bereits im Vorfeld der Veröffentlichung viele Vergleiche geweckt. Netflix baut sein inzwischen legendäres Portfolio von Coming-of-Age-Serien weiter aus und bedient sich dabei an zahlreichen Elementen früherer Werke. "I Am Not Okay With This" basiert auf der gleichnamigen Comicvorlage von Autor Charles S. Forsman, der bereits die Vorlage zum Netflix-Hit "The End of the F***ing World" beigesteuert hat. Zudem wurde mit Jonathan Entwistle auch der gleiche Regisseur verpflichtet. Bei der Besetzung hat man sich derweil am Horror-Erfolg "Es" orientiert und mit Sophia Lillis und Wyatt Oleff zwei der "Es"-Kids in den Hauptrollen besetzt. Dazu kommen die telepathischen Kräfte von Eleven aus "Stranger Things" und der blutige Highschool-Ball aus "Carrie", fertig ist das neue Teenie-Drama von Netflix. Bedeutet das, dass "I Am Not Okay With This" nur eine billige Kopie früherer Werke und damit automatisch schlecht ist? Keineswegs! Letzten Endes macht die Serie nämlich vieles richtig und überzeugt insbesondere mit seinen sympathischen Charakteren, vielen witzigen Momenten und einer sehr gelungenen Atmosphäre. Dazu kommt eine Kurzweiligkeit die ihres gleichen sucht, denn mit 7 Episoden á 20 Minuten, erinnert die knapp zweieinhalbstündige erste Staffel eher an einen Film, als an eine Serie.

 

Die Coming-of-Age-Serie dreht sich um die Teenagerin Sydney (Sophia Lillis) und ihr turbulentes Leben als Aussenseiterin, nach dem Selbstmord ihres Vaters. Zuhause bekommt sie sich ständig mit ihrer viel arbeitenden Mutter Maggie (Kathleen Rose Perkins) in die Haare und muss sich darüber hinaus noch mehr um ihren kleinen Bruder Liam (Aidan Wojtak-Hissong) kümmern als ihr lieb ist. In der Schule kann sie sich nicht immer auf ihre beste Freundin Dina (Sofia Bryant) verlassen, seitdem sie mit dem unsympathischen Brad (Richard Ellis) zusammen ist, und sie selbst knüpft einen Kontakt zum viel zu selbstbewussten Aussenseiter Stanley (Wyatt Oleff). Zu allem Überfluss entdeckt sie dann auch noch ihre telepathischen Fähigkeiten, die das Chaos im Leben von Sydney perfekt machen.

"I Am Not Okay With This" erzählt also eine ganz klassische Coming-of-Age-Geschichte rund um Aussenseiter und ein Liebes-Dreieck. Wie so oft funktioniert diese Formel aber auch bei dieser Serie hervorragend. Denn letzten Endes entscheidet nicht die Geschichte an sich, sondern die Sympathie und Faszination der Charaktere über Erfolg und Misserfolg eines solchen Stoffes. Während die Geschichte keine allzu großen Sprünge macht und einigermaßen vorhersehbar bleibt, ist es nämlich allen voran die extrem sympathische Hauptdarstellerin Sophia Lillis, die den Zuschauer durch die Serie führt. Ihr Charakter kommentiert die Ereignisse nicht nur aus dem Off, sondern stellt das Herz und die Seele der Serie dar. Lillis bringt ihren schwierigen Charakter absolut glaubhaft rüber und schindet nach ihren Auftritten in "Es", sowie "Sharp Objects" erneut jede Menge Eindruck. Neben ihr führt die Serie ein vergleichsweise schmales Ensemble an Figuren ein. Neben ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder, sowie ihren Mitschülern um Dina, Brad und Stanley, gibt es eigentlich keine weiteren nennenswerten Nebencharaktere. Alle weiteren Figuren sind letztlich fast schon Statisten und bleiben entsprechend eindimensional. Das "I Am Not Okay With This" nicht zu viele Nebenschauplätze aufmacht ist zum einen der Zeit geschuldet, da die Serie mit einer Laufzeit von zweieinhalb Stunden sehr kurz ist. Auch hier stellt sich übrigens die Frage warum man aus der Serie nicht gleich einen Netflix-Film gemacht hat. Letztlich ist diese Intimität der Geschichte jedoch nur zu begrüßen, da dadurch die porträtierten Charaktere um so mehr scheinen und ans Herz wachsen können. Gerade Stanley und Dina, für die Sydney beide Gefühle hegt, wissen zu überzeugen, was auch an den tollen Darstellern liegt. Brad nimmt derweil eine etwas unsympathischere Rolle ein, die leider am Ende etwas zum karikaturesken Bösewicht verkommt, was jedoch nur zwei Minuten der Serie ausmacht. Blasser als Sydneys Mitschüler bleibt da schon ihre Familie, deren Geschichten nicht ganz so spannend geraten sind.

Was am Ende trotzdem für eine stets mitreißende Erzählung sorgt, ist der tolle Humor der Serie. Die Witze zünden zuverlässig, sei es über die lustigen Sprüche oder die herrliche Situationskomik. Trotz all der düstereren Einschübe fühlt sich "I Am Not Okay With This" schon wie eine Feel-Good-Serie an. Die düsteren Einschübe kommen insbesondere durch den Mystery-Part der Serie. Die Serie hätte zwar auch problemlos ohne Sydneys telepathischen Kräfte funktioniert, spannend ist dieser Teil der Geschichte aber dennoch. Denn nach den anfangs noch spaßigen Ausbrüchen ihrer unkontrollierten Fähigkeiten, wird es später deutlich ernster, wenn Sydney unter Verfolgungswahn leidet und durchaus nicht jeder Charakter die erste Staffel überlebt. All das ist dank des Foreshadowing schon früh zu erkennen, ganz am Ende sorgt die Serie dann aber doch noch für ein waschechtes Cliffhanger-Finale. Dieser perfide Cliffhanger macht mehr als neugierig auf eine zweite Staffel, die seitens Netflix auch hoffentlich bald bestellt wird.

 

Fazit

Man nehme die Vorlage und Regie von "The End of the F***ing World", die Darsteller aus "Es" und kombiniere sie mit den telepathischen Kräften aus "Stranger Things" und dem Finale von "Carrie", fertig ist der neue Netflix-Hit. Wirklich böse kann man den Machern von "I Am Not Okay With This" aber nicht sein, denn die extrem kurzweilige Serie macht jede Menge Spaß. Die Charaktere sind sympathisch (allen voran die großartige Sophia Lillis), der Humor zündet zuverlässig und die spannende Mystery-Atmosphäre sorgt für eine mitreißende erste Staffel, die in einem gnadenlosen Cliffhanger-Ende mündet. Mit "I Am Not Okay With This" beweist Netflix erneut, wieso sie der König der Comic-of-Age-Stoffe sind und da die Serie und insbesondere ihr Hauptcharakter etwas zugänglicher sind, hat mich die Serie sogar mehr überzeugt als "The End of the F***ing World" (7/10). 

 

8/10


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Poster&Trailer: © Netflix