Malcolm & Marie

Streaming: 05.02.2021 | Anbieter: Netflix  | Laufzeit: 106 Minuten | FSK: 12 Land: USA | Genre: Drama, Romanze


Kritik

Die Corona-Pandemie sorgte für geschlossene Kinos, zahlreiche Verschiebungen und Drehstopps, und legte damit sogar die Traumfabrik Hollywood weitestgehend auf Eis. Ganz Hollywood? Nein, ein einsamer Drehbuchautor und Regisseur hat die Not zur Tugend gemacht und im Lockdown fleißig an neuen Werken gearbeitet. Sam Levinson, Showrunner der überragenden HBO-Serie "Euphoria" konnte die zweite Staffel seiner Hit-Serie zwar noch nicht in Angriff nehmen, drehte in der Corona-Zeit jedoch zwei herausragende Special-Episoden mit seinen Stars Zendaya und Hunter Shafer, die jeweils im Vier-Augen-Gespräch stattfanden. Deren Veröffentlichung im Dezember und Januar, folgt nun im Februar Levinsons insgesamt dritter Spielfilm, der dem Beispiel von "Euphoria" folgt. "Malcolm&Marie" ist ein minimalistisches Kammerspiel in Schwarz-Weiß, das lediglich aus zwei Figuren besteht, gespielt von Levinsons Muse Zendaya und "Tenet"-Star John David Washington. Dank der exzellent geschriebenen Dialoge können die beiden Stars im Beziehungsdrama ganz groß aufspielen und trotz der bisweilen etwas anstrengenden Streittirade, gelingt dem Trio damit ein richtig starkes Drama.

 

"Malcolm&Marie" dreht sich um den Filmemacher Malcolm (John David Washington) der am "besten Abend seines Lebens" gerade von der Premiere seines neuen Films nach Hause kommt. Mit dabei ist seine Freundin Marie (Zendaya), die die allgemeine Euphorie ihres Freundes nicht ganz teilen kann. Von da an entwickelt sich zwischen der reservierten Marie und dem aufbrausenden Malcolm ein verletzendes Streitgespräch, in dessen Verlauf sich viele Probleme in der Beziehung der beiden entladen. 

Wie jeder Autor schreibt Sam Levinson gerne über Dinge die ihm in seinem Leben selbst widerfahren sind und "Malcolm&Marie" schließt sich nahtlos an die bisherige Filmografie des Regisseurs an. Während er in "Euphoria" (und in Teilen auch in "Assassination Nation") seine turbulente High-School-Zeit auseinander nahm, inklusive exzessivem Drogenkonsum, wirkt das Netflix-Drama beinahe wie ein "Euphoria"-Sequel, immerhin spielt Zendaya hier eine erwachsene Frau die bereits seit einiger Zeit clean ist. Dazu gesellt sich John David Washingtons Figur als Filmemacher, der natürlich ebenfalls an Levinsons Leben angelehnt ist. "Malcolm&Marie" fühlt sich dadurch so an, als würde Levinson ein Streitgespräch mit sich selbst führen, immerhin geht es auch um Maries instabile Drogen-Vergangenheit, sowie die Beziehung von Filmschaffenden zu Filmkritikern. Gerade die harsche Kritik an Filmkritikern dürfte vielen in der Branche nicht gefallen haben, weswegen das Drama auch nur mäßig bei Kritikern ankommt. Fun Fact: Die besonders zerrissene "LA Times" gab dem Film eine 3/10, ein Schelm wer da einen Zusammenhang sieht. 

Die Streitgespräche von "Malcolm&Marie" kommen derweil in Wellen, immer wieder unterbrochen von kurzzeitigem Frieden in denen die Liebe der beiden unverkennbar durchscheint. Dabei bietet Levinson seinem Darsteller-Duo ein dankbare Bühne, die Zendaya und John David Washington in ihren langen Monologen auch gerne annehmen. Die beiden Stars spielen sich die Seele aus dem Leib, es wird geweint, gelacht, und ganz viel geschrien. Dadurch kann der Film durchaus anstrengend wirken, zumal "Malcolm&Marie" die Geduld der Zuschauer mit seinen 106 Minuten eine ganze Weile auf die Probe stellt. Die frischgebackene Emmy-Gewinnerin Zendaya bestätigt aber, dass sie aktuell eine der spannendsten und aufstrebendsten Schauspielerinnen in Hollywood ist und wer John David Washington, Sohn des berühmten Denzel Washington, nur aus "Tenet" kennt, ein Film der, so überragend er sein mag, nicht gerade für seine spektakulären Charaktere berühmt geworden ist, der kann  sich hier vom unbestreitbaren Talent des Darstellers überzeugen.

Das Beziehungsdrama dient allerdings definitiv nicht der Unterhaltung, obwohl dank einiger Späße und sarkastischer Bemerkungen die Stimmung häufiger als erwartet aufgelockert wird. Trotzdem handelt es sich natürlich um einen intensiven Streit mit vielen verletzenden Worten, darauf muss man vorbereitet sein. Hinzu kommen Dialoge die einige durchaus als prätentiös empfinden werden und auch die Frage was am Ende vom Film übrig bleibt, wird viele beschäftigen. "Malcolm&Marie" ist also definitiv kein Film der ein breites Publikum ansprechen wird, mir haben die Dialoge jedoch ausgesprochen gut gefallen, weil zwischen den Zeilen eigentlich alles über die Beiden gesagt wird und beide die Verletzlichkeit und die Art des anderen auszunutzen wissen. Dadurch entsteht ein Film der die Beziehung des Paares haargenau seziert und ihre Liebe auf eine harte Probe stellt. Der Vergleich zum Netflix-Hit "Marriage Story" liegt hierbei nahe, obwohl "Malcolm&Marie" nur in dieser einen Nacht einen Einblick in das Leben des Paares gewährt. Das mag für manch einen zu sperrig sein, mir hat das Streitgespräch jedoch ausgesprochen gut gefallen. Allerdings hätte dem Film eine Streittirade und 15 Minuten weniger, sicherlich nicht weh getan.

Abgerundet wird das Kammerspiel durch eine unaufgeregte aber tolle Inszenierung. Sam Levinson fängt sein Kammerspiel in edlen Schwarz-Weiß-Bildern ein und das architektonisch beeindruckende Caterpillar House in Kalifornien, dient als hervorragende Kulisse für den Film. Dabei darf vor allem die Kameraarbeit hervorgehoben werden, die dank vieler langer Takes und ungewöhnlichen Kameraperspektiven, die Akteure in besonderem Licht dastehen lässt. Dazu darf auch ein toller Soundtrack nicht fehlen, der wie bei "Euphoria" wieder von Labrinth stammt und den Film nicht nur toll begleitet, sondern auch seine eigene Geschichte erzählt. Insbesondere ein Song, welcher Marie Malcolm vorspielt, bleibt dabei im Gedächtnis, da die Handlung in jener Szene durch die Lyrics weitererzählt wird.

 

Fazit

Kenner der herausragenden HBO-Serie "Euphoria" wissen, dass es sich bei Regisseur und Drehbuchautor Sam Levinson um eines der spannendsten Talente Hollywoods handelt, da er nicht nur in Sachen Inszenierung glänzt, sondern darüber hinaus wahnsinnig tolle Dialoge schreiben kann. Während Levinson sein während der Corona-Pandemie entstandenes Kammerspiel in edle Schwarz-Weiß-Bilder hüllt, ist es vor allem Letzteres was in "Malcom&Marie" zu überzeugen weiß. Das intensive Streitgespräch zwischen Zendaya und John David Washington ist mitreißend, teils überraschend unterhaltsam und bietet seinen beiden Darstellern eine große Bühne, die die beiden dankbar annehmen. Man kann die Dialoge als zu prätentiös empfinden und ein paar Minuten weniger hätten dem Film sicherlich nicht weh getan, für mich ist "Malcolm&Marie" aber ein starkes Beziehungsdrama, das von einem glänzend aufgelegten Darsteller-Duo getragen wird.

 

8/10


Kommentare: 0

Poster&Trailer: © Netflix