Star Wars: Andor - Staffel 1

Staffelfinale: 23.11.2022 | Anbieter: Disney+ | Episoden: 12 | FSK: 12 | Land: USA | Genre: Sci-Fi, Fantasy


Kritik

Nach „The Mandalorian“, „Das Buch von Boba Fett“ und „Obi-Wan Kenobi“ erscheint nun die vierte Realserie aus dem „Star Wars“-Universum. „Andor“ erzählt die Vorgeschichte von Cassian Andor (Diego Luna), der bei „Rogue One“ der Captain von Jyn Ersos (Felicity Jones) Mission war. Allerdings habe ich das erste „Star Wars“-Spin-off damals weniger gemocht als die meisten anderen und Cassian Andor war dabei wirklich der letzte Charakter, bei dem ich mir dachte „Mensch, über den muss ich jetzt aber unbedingt mehr erfahren!“. Neugierig war ich trotzdem, denn zum einen Sprachen die Stimmen vom besten „Star Wars“-Stoff seit Jahren, zum anderen besitzt „Andor“ endlich mal einen Plan. Denn Showrunner Tony Gilroy hat die Serie von Anfang an auf zwei Staffeln á zwölf Episoden ausgelegt. Dabei erzählt die erste Staffel ein Jahr in Cassians Leben, während sich die zweite in Drei-Episoden-Blöcken um die vier Jahre bis zu den Ereignissen von „Rogue One“ kümmern soll. Diese Rechnung geht durchaus auf, auch wenn der schleppende Start die erste Staffel lange Zeit ausbremst.

 

Fünf Jahre vor den Ereignissen von „Rogue One“ gerät Cassian Andor bei der Suche nach seiner verschollenen Schwester in eine handgreifliche Auseinandersetzung mit zwei imperialen Sicherheitsmitarbeitern, mit tödlichen Folgen. Das bringt nicht nur ihn, sondern auch seinen Heimatplaneten Ferrix in große Gefahr...

Nicht nur die zweite, sondern auch schon die erste Staffel von „Andor“ wird dabei in mehreren Blöcken erzählt. Denn während dieser Konflikt und die Flucht von Ferrix die ersten drei Episoden in Beschlag nimmt, drehen sich die Episoden 4-6 um einen Überfall auf einen Außenposten des Imperiums, die Episoden 7-10 um einen Gefängnisausbruch und die letzten beiden Episoden dienen als finaler Showdown. Qualitativ tun sich dabei schwere Unterschiede auf, denn ich hatte anfangs große Mühen in die Story hineinzufinden. Erst mit der Formierung des Überfallteams konnte „Andor“ erstmals Interesse bei mir erzeugen und nach einem zähen Auftakt wusste erst die mitreißende sechste Episode so richtig zu überzeugen. Danach hält „Andor“ sein recht hohes Niveau aber zuverlässig und lässt sein Publikum bis zur letzten Episode nicht mehr aus seinem Griff. Spannend ist dabei vor allem die düstere und erwachsene Ausrichtung der Serie. Große Gastauftritte oder Jedi-Mythen gibt es bei „Andor“ nicht. Stattdessen handelt die Serie von ganz normalen Menschen mit realen Problemen und einer Rebellion, die noch in ihren Anfängen steckt. Dazu ist die neue „Star Wars“-Serie ausgesprochen politisch und wirft auch einen Blick hinter die Kulissen der Machtstrukturen des Imperiums. Dieses Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem Imperium und den Rebellen ist nicht nur interessant anzuschauen, sondern wagt damit auch eine etwas neue Ausrichtung für das „Star Wars“-Franchise. Da ist es fast schon ironisch, dass ausgerechnet „Andor“ trotz überragender Stimmen wohl kaum jemanden interessiert, denn das Zuschauerinteresse soll sich wohl eher in Grenzen halten.

Für diesen erwachsenen Thriller hat sich Disney aber definitiv die richtigen Leute ins Bott geholt. So übernimmt Tony Gilroy, der Drehbuchautor der „Bourne“-Filme, den Posten als Showrunner und auch „House of Cards“-Showrunner Beau Willimon hat ein paar Episoden geschrieben. Ein Engagement, dass sich sofort bemerkbar macht, denn der gefeierte Monolog des Rebellen Luthen Rael ist tatsächlich das eindringlichste, was ich seit langer Zeit aus dem „Star Wars“-Universum gehört habe. Generell sind die Nebencharaktere eine große Stärke der Serie, zumal sie von vielen erstklassigen Darsteller:innen verkörpert werden. Egal ob es sich dabei um den Stellan Skarsgard als Luthen Rael handelt, der genauso wie Mon Mothma (Genevieve O'Reilly), ein Name der Fans der Original-Trilogie bekannt vorkommen dürfte, ein doppeltes Spielt spielt. Oder um die ehrgeizige Imperiumsoffizierin Dedra Meero (Denise Gough) die ihre Vorgesetzten auf sich aufmerksam macht. „Andor“ ist voll von spannenden Nebenfiguren und da habe ich über Fiona Shaws emotionale Performance als Cassians Mutter oder Andy Serkis' Überraschungsauftritt als knallharter Gefängnisvorarbeiter noch gar nicht gesprochen. Nur leider kann die eigentliche Hauptfigur damit nicht mithalten. Diego Luna bleibt als Cassian Andor nicht nur erstaunlich unauffällig, sein Wandel vom Kleinkriminellen zum Rebellen ist leider nur wenig interessant. Und so wird ihm von seinen zahlreichen Co-Stars ständig das Rampenlicht gestohlen. Mit einer besseren Hauptfigur wäre für „Andor“ also noch mehr möglich gewesen.

Während der Soundtrack ebenfalls recht unauffällig bleibt, muss ich aber noch die starken Bilder der Serie loben. „Andor“ sieht schlichtweg fantastisch aus und besitzt einige wirklich beeindruckende Shots, gerade in der sechsten Episode. Vom heruntergekommenen Heimatplaneten Ferrix, über die kühlen Imperiumsbauten, bis hin zum hochmodernen Coruscant ist alles dabei. Dabei gelingt „Andor“ auch die Verknüpfung zwischen den Prequel-Designs (Coruscant) und dem Aussehen der Original-Trilogie und liefert nach etlichen sandigen Tatooine Ausflügen endlich die dringend benötigte Abwechslung.

 

Fazit

In den ersten fünf Episoden habe ich mich gefragt, wann „Andor“ denn endlich so gut wird wie alle sagen, denn der Einstieg fällt wirklich sehr zäh aus. Ab dem mitreißenden Überfall in Episode 6 kann sich die neue „Star Wars“-Serie aber deutlich steigern und liefert in der Folge einige tolle Momente ab. Die zwölfteilige Auftaktstaffel besticht durch ihren düsteren und erwachsenen Ton, die auf den üblichen Mythos „Star Wars“ verzichtet. Stattdessen stehen die erstklassigen Dialoge und tollen Darsteller:innen im Vordergrund. Und trotz oder gerade wegen des Verzichts auf ein Effektgewitter sieht „Andor“ dabei absolut fantastisch aus. Allerdings konnte die Serie meine im Vorfeld gehegten Vorbehalte nicht gänzlich auswischen. Von den zahlreichen Charakteren aus „Rogue One“ war Cassian Andor einfach der Letzte, von dem ich mehr erfahren wollte. Und so wird der uninteressanten Hauptfigur von den Nebencharakteren um Stellan Skarsgard, Fiona Shaw und Andy Serkis ständig das Rampenlicht gestohlen. Mit einem spannenderen Hauptcharakter und einem schwungvolleren Einstieg hätte mich „Andor“ sicherlich mehr mitgerissen, so kann ich in die ganz großen Lobeshymnen leider nicht mit einstimmen. Sehenswert ist die Serie aber auf jeden Fall und vielleicht kann mich die zweite Staffel dann auch von Anfang an begeistern.

 

7/10


Kommentare: 0

Poster&Trailer: © Walt Disney